Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Krisen und Katastrophen im Zeindlager 
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fangenen und Material führte, vie Stellung des russischen Oberbefehlshabers, Gro߬ 
fürst Nikolai Nikolajewitsch, wurde durch die schwere Niederlage der ihm unterstellten 
Armeen so erschüttert, daß er von ihr enthoben und mit einem unwichtigen Kom¬ 
mando betraut wurde. Oer damalige Chef des französischen Generalstabes, General 
Buat, charakterisiert dies folgendermaßen: 
„vie Entsendung dieses begabten Generals und echten Soldaten, der seinen starken 
willen in den vienst eines glühenden Hasses gegen die Deutschen stellte, nach dem Kaukasus 
war das wichtigste Ergebnis der deutschen Gssensive im Jahre 1915, sie war der Ansang 
des Endes des russischen Heeres." 
Wir können heute diesen Worten hinzusetzen: die schwere, fast einzig dastehende 
Niederlage des russischen Heeres bei Gorlice-Tarnow war der Anfang des Endes 
des Russischen Reiches. 
Das gleiche Jahr brachte die Auflösung des serbischen Heeres 
Im September 1915 trat Bulgarien auf Seite der Mittelmächte in den Krieg ein. 
Anfang Oktober begannen die Operationen seines durch eine deutsche und eine öster¬ 
reichisch-ungarische Armee verstärkten Heeres gegen Serbien unter der energischen und 
weitsichtigen Führung des deutschen Feldmarschalls von Mackensen. Trotz außer¬ 
ordentlicher Schwierigkeiten gelang es endlich, die sich hartnäckig und zäh wehrenden 
Serben Ende November nach schweren und andauernden Kämpfen gänzlich nieder¬ 
zuwerfen. „Es gab kein serbisches Heer mehr", sagte General von Falkenhagn, der 
damalige Lhef des deutschen Generalstabes. Auch die Landung einer französisch¬ 
englischen Armee Ende Oktober bei Saloniki in Stärke von 50000 Mann konnte das 
serbische Schicksal nicht mehr wenden. Nach einer Gesamteinbuße von etwa 100000 
Toten und verwundeten, 150000 Gefangenen, 800 Geschützen und des gesamten 
Heeresgerätes gelang es noch etwa 50000 Serben über Albanien nach Korfu zu ent¬ 
kommen, wo sie später den Kern einer neuen Armee bildeten. Zunächst aber war 
Serbien vollständig erledigt. 
Das Jahr 1915 endete also mit drei schweren Krisen im Lager unserer Feinde, 
bei Gallipoli, in Rußland und in Serbien, Krisen, die nur deshalb nicht den Eharakter 
voller und entscheidender Katastrophen annahmen, weil das Reservoir an Menschen, 
Geld und Material auf seiten der Entente fast unerschöpflich war. vie Rückwirkung 
dieser Krisen aber war so stark, daß der Feind die von ihm geplante Entlastungs- 
offensive in Frankreich bis zum Sommer des nächsten Jahres aufschieben mußte. 
Dann aber hoffte Joffre den Krieg siegreich beenden zu können. Auch hier aber kam 
es wieder ganz anders. Oer deutsche Angriff bei Verdun, der österreichische in Italien 
diktierten zunächst das Gesetz,' die dann am 1. Juli 1916 einsetzende große französisch¬ 
englische Offensive an der Somme endete mit einem vollen Mißerfolg unter außer¬ 
ordentlich schwerer Einbuße. Der französische Kriegsminister gab die bis zum No¬ 
vember 1916 erlittenen Gesamtverluste der französischen Armee auf 1236000 Mann 
an, darunter 648000 Tote, 253000 vermißte, 335000 Gefangene. So schloß auch 
das Jahr 1916 im Westen mit einem schweren Mißerfolg der Entente, der in seiner 
materiellen und moralischen Wirkung noch durch den großen deutschen Seesieg 
am Skagerrak vom 31. Mai 1916 erheblich vertieft wurde. „In der langen und 
glorreichen Geschichte der britischen Marine ist nichts zu verzeichnen, was sich mit 
dieser Tragödie auch nur einigermaßen vergleichen ließe", urteilt ein be¬ 
kannter englischer Schriftsteller im Jahre 1924. ver Eindruck der Schlacht war daher
	        
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