Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

508 
Friedrich Feiger 
das aufgeklappte Bildchen zeigt Paris, wie es bei Nacht von deutschen Flugzeugen 
bombardiert wird! Vieser Geschäftsreisende war ja in Wirklichkeit deutscher Spion, 
der nun selbst Bombenflugzeuge steuert, oder der den eingedrungenen Barbaren auf 
Frankreichs Fluren als Führer dient! 
Oie größte Überraschung erlebt man aber bei dem „touriste bocke", dem deutschen 
Touristen in Frankreich im Lodenanzug, den unvermeidlichen „Baedeker" in der Hand. 
Vas aufgeklappte Bildchen zeigt einen schlimmen, dicken deutschen Soldaten, der in 
der einen Hand den erhobenen Revolver, in der andern die Brandfackel hält! Er ist 
Spion und Brandstifter zugleich, macht für den Feind Angaben, wo Ranonen auf¬ 
gestellt werden müssen usw. 
Die Rückseiten dieser ebenso interessanten als bösartigen Propagandabildchen 
weisen hetzerische Texte auf: va kann man ;. L. das Rlotto lesen: „Jeder Boche ist in 
seinem Herzen ein Spion von Natur!" Und jeder Text schließt mit der wütenden 
Mahnung: „Franzosen denkt daran, wenn diese hinterlistigen Schleicher wieder¬ 
kehren wollen!" Man muß gestehen: in dieser „Spionitis" steckte Methode! 
* 
Eine verhängnisvolle Rriegsmedaille 
Die künstlerische Rriegsmedaille wurde namentlich in den Jahren 1914—1917 
gepflegt. Anläßlich verschiedener Siege wurden Denkmünzen berühmter Heerführer 
und Seehelden herausgebracht, des weiteren wurden die Monarchen verschiedentlich 
in der Medaille verewigt. Fortgesetzt wechselten die Anlässe, teils mehr, teils weniger 
gute Medaillen in Bronze, Silber und Eisen, auch Gold, herauszubringen. 
Am 5. Mai ging die „Lusitania", der englische Riesenpassagierdampfer, unter, ver¬ 
senkt durch ein deutsches U-Boot. Vas Ereignis erregte Entsetzen in den neutralen 
und Feindesstaaten, und die Ententepresse tat ihr Äußerstes, die erregten Gemüter 
zum Letzten aufzupeitschen, von 1951 Passagieren, wozu noch die Schiffsbefatzung 
kam, fanden insgesamt 1198 den Tod, darunter verschiedene Amerikaner. Der furcht¬ 
bare Schiffsuntergang bildete eine jähe Etappe zu dem wirkungsvollen Eingreifen 
Amerikas in den Rrieg. Die besonnenen Gemüter in Deutschland waren schlimmer 
Ahnungen voll über die Wirkung dieser Rriegshandlung in Amerika. Aber man be¬ 
ruhigte sich wieder, als man erfuhr, daß das Riesenschiff einem großangelegten 
Munitionstransport gedient hatte. 
Damals kam nun eine deutsche Rriegsmedaille über den Untergang der „Lusitania" 
heraus, die, gelinde gesagt, eine große Unvorsichtigkeit war. Aus der Vorderseite er¬ 
blickte man den Tod am Fahrkartenschalter. Er gab Fahrscheine an die Passagiere der 
„Lusitania" ab. Auf der Rückseite las man: 
„Reine Bannwaren. Der Großdampfer „Lusitania" durch ] 
ein deutsches Tauchboot versenkt. 5. Mai 1915." 
Nach kurzer Zeit, als das Interesse an der originellen Medaille bereits abgeflaut 
war, wurde das Ausland auf diese fatale Leistung deutscher Medaillenkunst auf¬ 
merksam. Ein Wunder geschah, die Medaille wurde in zahllosen Exemplaren in 
einem hübschen Etui in allen feindlichen und neutralen Staaten, namentlich in 
Amerika, vertrieben. Auf der Innenseite des Etuis befand sich folgender gut¬ 
berechnete Propagandatext, der aus dem Englischen übersetzt so lautet:
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.