Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Gab es Schicksalsstunden im Weltkrieg und wann? 
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Lage zu retten. Draußen vor dem Rathaus wandeln unruhig auf und ab die Fran- 
zosen: poincarch Llemenceau, Loucheur, P6tain; ruhig unter ihnen nur einer: Gene¬ 
ral Koch. „Rein Grund zu verzweifeln", versichert er seinen Landsleuten. „Mein 
Plan ist ganz einfach. Ich will mich schlagen! Ich werde mich schlagen im Norden, 
an der Somme, an der Aisne, in Lothringen, im Elsaß. Ich werde mich immer schlagen, 
und schließlich werde ich den Loche erschüttern!" Die Staatsmänner beruhigen sich; 
man geht hinauf zu den Engländern. 
Seit Monaten predigt Llemenceau den störrischen Engländern: Ohne einheit¬ 
lichen Oberbefehl kein Sieg! Wilson, Fachs alter Freund, hat gestern die Entscheidung 
vorbereitet in Gesprächen mit haig und Fach, heute auf der herfahrt mit Milner. hat 
haig und Milner überzeugt von der Notwendigkeit, daß jetzt unbedingt die Opera¬ 
tionen der Engländer und Franzosen in Einklang gebracht werden müßten durch 
eine übergeordnete Persönlichkeit, und daß diese nur Fach sein könne, haig hat mit 
voller Überzeugung bereitwillig zugestimmt. Milner nach einigem Zaudern: ihm 
fehlte die Vollmacht vom Rriegskabinett für eine so einschneidende Maßregel. Aber 
er sah Wilsons Gründe ein und war bereit, auf eigene Verantwortung zu handeln. 
Jetzt ist alles noch einmal gemeinsam durchgesprochen. AIs die Franzosen eintreten, 
schildert pötain, der Oberbefehlshaber des französischen Heeres, die Lage: schwarz! 
Llemenceau führt Milner beiseite: „Was schlagen Sie vor?" Darauf stellt Milner 
den Antrag, Fach damit zu beauftragen, die Operationen zusammenzustimmen. 
Llemenceau entwirft einen Befehl: „Die Operationen der Alliierten bei Amiens zu 
einen", aber haig dringt darauf, statt dessen zu schreiben: „Alle Operationen an der 
Westfront." Llemenceau gibt nach. „Run haben Sie den Platz, den Sie wünschten", 
sagt er zu Fach. „Was meinen Sie, Ministerpräsident?" erwidert dieser. „Sie geben 
mir eine verlorene Schlacht und fordern von mir, daß ich sie gewinne! Ich willige 
ein, und Sie bilden sich ein, mir ein Geschenk zu machen. Ich bedarf meiner ganzen 
Selbstlosigkeit, um unter solchen Bedingungen anzunehmen!" — Die gewählte For¬ 
mel, der der nicht anwesende General Pershing für die Amerikaner zwei Tage später 
zustimmt, macht Foch tatsächlich zum Oberbefehlshaber; einige Wochen später ist 
die formelle Ernennung gefolgt. Die Alliierten hatten ihr Oberkommando, das 
deutscherseits für die Zentralmächte stets vergebens erstrebt war. Vie Stunde in 
voullens, in der Sachlichkeit und Selbstbescheidung siegten über Eitelkeit und Prestige¬ 
rücksichten, entschied den endgültigen Sieg der Alliierten in dem Augenblick, wo sie 
scheinbar zerschmettert am Boden lagen: weil sie die Einheitlichkeit ihrer Operationen 
sicherte und diese in die Hand eines Mannes legte, der ihnen allen das Sgmbol des 
Willens zum Siege war, zum Siege, an dem er auch in den schwersten Stunden des 
Rrieges nie gezweifelt hatte. 
Sofortiger Waffenstillstand! 
Seit Wochen herrschte im deutschen Großen Hauptquartier sehr ernste Stimmung. 
Nach der Niederlage der 2. Armee am 8. August 1918 waren alle versuche, aus dem 
langsamen Zurückgedrängtwerden wieder in eine Dauerstellung zu kommen, ge¬ 
scheitert. Während an der Front, bei den einzelnen Vivisionen, gute und schlechte 
Eindrücke abwechselten, heute eine gelungene Abwehr, die Gefangennahme von ein 
paar hundert Gegnern den Eindruck einer Schlappe von gestern auslöschte, standen 
der Erste Generalquartiermeister und sein Stab: General v. Bartenwerffer, die
	        
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