Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Friedrich Feiger 
Nach dem Frieden von Brest-Litowsk wird den italienischen Soldaten ein lockender 
Frieden vor Augen gestellt, ein Rriegswinter 1917/18 bleibt ihnen dadurch erspart. 
(„Oie russischen Kompanien ziehen heim — und ihr?") 
Immer wieder werden in diesen Zetteln Llogd George, Elemenceau, lvilson 
und Sonnino der blutigen und unnützen Rriegsverlängerung angeklagt. 
Sogar Einzelnummern von unregelmäßig erscheinenden Fliegerzeitungen: 
Gazzettino di Novitä (Mär; 1918) — Recentissime (Oktober 1918) — II Cavallo 
di Frisia (Das Friesenpferd? Mai 1918) — wurden vertrieben. 
Deutsche Propaganda für die russischen Soldaten 
Einige Fliegerzettel wechselnden Wortlauts in russischer Sprache wurden an der 
Ostfront abgeworfen und zwar handelt es sich da in erster Linie um die Bekanntgabe 
einer deutschen Ranzlerrede von Lethmann Hollweg vom 29. März 1917, die zu 
der russischen Revolution Stellung nimmt und zum Schluß ungefähr folgenden Wort¬ 
laut hat: 
„Unsere Beziehungen zu Rußland sind nun so: Oie inneren Ungelegenheiten anderer 
Staaten gehen uns nichts an. wir haben keinen andern Wunsch, als Rußland als eine Stütze 
des Friedens zu sehen. Und wir wünschen nur eines: einen schnellen, ehrenvollen Frieden 
für beide Teile." 
von Interesse ist, zu hören, daß diese Zettel teilweise auch unter gefangenen 
Russen in deutschen Lagern zur Verteilung gelangten. 
über die Wirkung der feindlichen Frontpropaganda 
auf die deutschen Truppen 
Als im November 1918 der deutsche Zusammenbruch erfolgte, war das deutsche 
Heer unbesiegt, hatte 51 Monate lang einer halben übermächtigen Welt von Feinden 
in beispielloser vurchhaltekraft widerstand geboten! Oie Frontpropaganda der 
Entente hatte das deutsche Heer nicht zermürbt. Das muß immer denen gesagt sein, 
die von verheerenden Wirkungen dieser Feindpropaganda sprechen. Es traten wohl 
Zermürbungserscheinungen im deutschen Heere auf, aber diese waren, am Ganzen 
gemessen, unbedeutend, fielen damals noch nicht ins Gewicht. Nur die Nerven¬ 
schwachen im deutschen Heere waren von dieser gegnerischen Propaganda infiziert. 
Es gab damals und in der Novemberzeit wohl pressestimmen, die von verheerenden 
Wirkungen dieser Propaganda im deutschen Heere sprachen, aber das waren Über¬ 
treibungen. Oie Sache wäre nur schlimm geworden, wenn Lord Northcliffe seinen 
grandiosen Plan aufgegriffen und die bisherige gegnerische Frontpropaganda ver¬ 
vielfacht hätte. Dann hätte wohl die einsetzende Zermürbung reißende Fortschritte 
gemacht. Es beleuchtet den Ernst der Situation, daß im herbst 1918 die deutsche 
Oberste Heeresleitung sich entschloß, deutsche Fliegerzettel über den eigenen Truppen 
abzuwerfen. Man warnte in denselben die Soldaten vor der feindlichen Frontpropa¬ 
ganda. hindenburg beschwor in einem Aufruf an das deutsche Heer und die deutsche 
Heimat jedermann, diesem Rampf gegen den deutschen Geist zu widerstehen. Oer 
Feind arbeite mit einem Trommelfeuer von bedrucktem Papier und vergifte auch 
den Geist in der Heimat. Oer Aufruf warnt schließlich dringend vor allen Verrätern 
am Vaterland. — Auch bestimmte Armeebefehle wiesen eindringlich auf die feind¬ 
liche Propaganda hin. Ein solcher Aufruf wäre auch für die Heimat angebracht
	        
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