Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Dom unbekannten Heldentum deutscher Gefangener 
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damit zu rechnen, daß ihm ins Gesicht gespuckt wurde. Viele Amerikaner, mit denen 
ich in Amerika im Jahre 1926 sprach, brachen schließlich ihre Ergüsse ab mit den 
Worten: Wir wollen diese so häßlichen Erinnerungen nicht weiter verfolgen. 
Dagegen zeichnete sich das amerikanische Heer durch einwandfreie Haltung aus. 
Seine Gefangenenlager waren mustergültig, die Behandlung durchweg anständig. 
Aus eigener Erfahrung kann ich ferner bestätigen, daß ich in den amerikanischen 
Soldaten, die mir während meiner Gefangenschaft begegneten, gütige, warmherzige 
Menschen kennenlernte, die sich freuten, wenn sie durch kleine Gefälligkeiten unsere 
Lage mildern konnten. 
Alles in allem genommen wird der, wenn auch noch so kritische unbefangene 
Beurteiler zugestehen müssen, daß auf diesem Gebiete das deutsche Volk in allen 
seinen Schichten den Vergleich mit seinen Gegnern nicht zu scheuen hat und es darf 
mit berechtigtem Stolz darauf hinweisen, daß ihm dies auch aus dem feindlichen 
Lager bestätigt worden ist. 
Gefangenenberaubung, Plünderungen 
Im Schicksal, kriegsgefangen zu sein, liegt allein schon eine große Härte. Oer 
Freiheit beraubt, überall fremdem Willen untertan, in dessen Gutdünken die grau¬ 
same Verschlechterung seines Geschickes liegt, ist die Lage des Kriegsgefangenen 
ungünstiger, als selbst die des Strafgefangenen. 
Gleich nach der Gefangennahme beginnt die Epoche vollständiger Rechtlosigkeit, 
mit der Ausplünderung. Meine Uhr wird mir schon beim Durchschreiten eines fran- 
zösischen Grabens mit vorgehaltenem Revolver vom Arme gerissen, das Taschen¬ 
messer aus der Tasche gezogen. 
„... was den gierigen Händen der feindlichen Soldaten entgangen war, wurde dem 
Gefangenen dann ganz offiziell in einem Durchgangslager abgenommen, bei dem sogenann¬ 
ten „keuilleter" (durchblättern). Dieses Durchblättern bestand in einem Raub alles dessen, 
was nicht niet- und nagelfest war. Bis auf das letzte Taschentuch mutzte alles hergegeben 
werden. Darum mußten viele Gefangene, wie ich selbst gesehen habe, in strömendem Regen 
Röcke und Stiefel ausziehen, um zu beweisen, ob ihre Angabe, sie hätten alles hergegeben, 
auch richtig sei. hatte dann einer noch etwas versteckt, so wurde er mit den gröbsten Schimpf¬ 
worten, wie Lügner, deutscher Schuft, verlogenes Schwein usw. beschimpft. Es war schon 
eine ganze besondere Gnade, wenn der Lagerkommandant die Anordnung gab, daß die Ge¬ 
fangenen ihr Geld behalten dürften. Dabei wurde uns — ich berichte hier mein eigenes 
Erlebnis — versichert, die Lachen würden nur durchgesehen und uns dann wiedergegeben. 
Daß dies eine niederträchtige Lüge war, wurde uns sofort klar, als wir sahen, wie das uns 
Abgenommene regellos auf einen Haufen zusammengeworfen wurde, den man sich nicht 
einmal die Mühe gab, vor dem Regen zu schützen. Die französischen Soldaten durchwühlten 
unsere Sachen und unter den Augen des Lagerkommandanten und der übrigen Gffiziere 
nahm jeder von diesem herrenlosen Gut, was ihm gerade patzte... Alle uns entrissenen 
notwendigen Gegenstände, wie Taschentücher usw. mutzten wir nachher zu lvucherpreisen 
wieder kaufen..." 
überall geschah das, wie Tausende von Berichten erhärten, unter den Augen der 
Gffiziere, die sich sogar teilweise an den Plünderungen beteiligten. Wer sich dagegen 
wehrte, wurde mißhandelt, mit Fäusten, Reitpeitsche und Gewehrkolben bearbeitet 
oder, wenn es sich um Ringe handelte, mit Fingerabschneiden bedroht. Ich selbst sah 
Soldaten, die die Hände voll geraubter Uhren, Retten, Trauringe, Geldbörsen und 
anderer Wertsachen hatten, vielfach war es einfaches Austoben an Wehrlosen, denen 
man auch Mäntel, Brotbeutel, selbst Lebensmittel nahm — Dinge, die bei dem Feind 
im Überfluß vorhanden waren — um sie nachher achtlos in den Schmutz zu werfen.
	        
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