Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Gab es Schicksalsstunden im Weltkrieg und wann? 
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ist von den feindlichen Regierungen am 30. Dezember mit hohn zurückgewiesen; 
damit ist auch die Friedensanregung des Präsidenten Wilson vom 21. Dezember als 
erfolglos gestempelt. Der Krieg geht weiter bis zum bittern Ende — so oder so. 
Beide Generale sehen keine Möglichkeit, mit dem Landheer allein den Willen des 
Feindes zu brechen. Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg soll es machen. Aber noch 
ist der Kaiser „mau", der Kanzler nicht entschlossen. Morgen kommt letzterer nach 
Pietz. „Welche Schmerzen hat er?" fragt hindenburg. „Er will sich die diplomatische 
Vorbereitung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges vorbehalten", erwidert holtzen- 
dorff, „um Amerika drautzen zu halten. Griffe Nordamerika ein, so würde Süd¬ 
amerika folgen. Er denkt an die Zeit nach dem Friedensschluß." „Erst müssen wir mal 
siegen!" stellt hindenburg fest. — Aber was soll werden, wenn der Kanzler nicht 
mitmacht? hindenburg will nicht Kanzler werden: „Ich kann nicht mit dem Reichs¬ 
tage verhandeln." Lülow und Eirpitz wird der Kaiser nicht annehmen. Dennoch: 
„Es mutz sein!" zieht hindenburg das Ergebnis. „Wir rechnen mit dem Kriege mit 
Amerika und haben alle Vorbereitungen getroffen. Schlechter kann es nicht werden. 
Der Krieg mutz mit allen Mitteln abgekürzt werden." „Volk und Armee schreien nach 
dem uneingeschränkten U-Boot-Krieg!" erklärt holtzendorff. Ludendorff: „Das 
stimmt!" „helfferich", fährt holtzendorff fort, „sagte zu mir: Ihr Weg führt zur 
Katastrophe. Ich erwiderte ihm: Sie lassen uns in die Katastrophe treiben." „Das 
stimmt!" schlietzt der Zeldmarschall. 
Wie lange währt nun schon der Kampf um den uneingeschränkten U-Boot-Krieg! 
Im Winter 1914/15 mit Einschränkungen begonnen, hat der U-Boot-Krieg unter 
dem Druck der vereinigten Staaten verschiedene Phasen durchgemacht, bis er schlietz- 
lich an Englands Küsten fast ganz erlosch und nur noch im Mittelmeer geführt wurde, 
wo die Gefahr, amerikanische Interessen zu kreuzen, nicht vorlag, vergeblich hatte 
Falkenhagn zum Verdunangriff die Fesseln zu sprengen sich bemüht; dem Wider¬ 
spruch des Kanzlers hatte er nachgeben müssen. Als er durch hindenburg-Ludendorff 
ersetzt wurde, da hatten diese zwar am 31. August 1916 für den Augenblick eine 
Brüskierung der Neutralen für untragbar erklärt; sobald aber die rumänische Gefahr 
beseitigt und die Möglichkeit gegeben war, wieder Reserven auszuscheiden, um neuen 
Gefahren zu begegnen, da hatten beide sich für die Forderung der Marine entschieden, 
zumal nach der brutalen Antwort der Entente vom 30. Dezember. 
Der Reichskanzler rollt am 9. Januar nach pletz. Noch einmal ringen in seinen 
Gedanken die Gründe und Gegengründe. „Die Zeit", sagen die Befürworter, „arbeitet 
gegen uns und für die Entente, deren ungeminderten Kriegswillen ihre jüngste Note 
in unwiderlegbarer Weise zum Ausdruck gebracht hat. Über das Jahr 1917 hinaus 
können die Zentralmächte nicht aushalten, der Friede mutz also vorher erzwungen 
werden, und dazu ist das Landheer aus eigener Kraft nicht imstande: ,Es würde eine 
schwere und militärisch nicht zu rechtfertigende Unterlassung sein, wollten wir uns 
irgendwie hinhalten lassen. Unsere militärische Lage erlaubt nicht, datz irgendwelche 
Verhandlungen einmal als richtig anerkannte militärische Maßnahmen hinaus¬ 
schieben und so die Energie des Handelns lähmen' (hindenburg). Im Westen droht 
zum Frühjahr eine feindliche Offensive noch größerer Ausmaße, als die Somme¬ 
schlacht war. Deshalb mutz der Osten so von Truppen entblößt werden, datz nicht 
einmal dort genügend Kräfte bleiben, Rußland durch einen Angriffsfeldzug nieder¬ 
zuzwingen. Nun ist die Ernte 1916 für England ungewöhnlich schlecht ausgefallen:
	        
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