Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

423 
vom unbekannten Heldentum deutscher Gefangener 
„wenn der sträfliche witzbrauch mit den für die Schweine bestimmten Speiseresten nicht 
aufhört, die man in schlecht verstandenem Mitleid den Deutschen und Österreichern zur Ver¬ 
fügung stellt, werde ich mich veranlatzt sehen, alle Schweine zu verkaufen, und ihr, fran¬ 
zösische Soldaten, mögt dann über mangelhafte Ernährung klagen!" 
In England wurde nach dem Buch des Engländers Stephan Graham in der 
Instruktionsstunde der englischen Garde (der der Verfasser selbst angehörte) die An¬ 
weisung gegeben, keine Gefangenen zu machen: 
„Oie Ansicht der Armee über die Deutschen war, datz sie Ungeziefer seien, wie eine 
Rattenplage, das ausgemerzt werden müsse." 
„Lin altgedienter Sergeant tritt zu seinem Dffizier, der übrigens ein Dichter ist und 
reizende lgrische Gedichte geschrieben hat... ,varf ich die Gefangenen erschießen, Sir?' 
Der Dichter sagt: ,Nur zu.' Gr macht die Deutschen, einen nach dem anderen, kalt, einige 
unserer Leute sagen ,bravo'." 
Ich möchte alles vermeiden, was das Gefühl der Verbitterung von neuem an¬ 
fachen könnte und beschränke mich daher auf diese wenigen Stichproben, die ich aus 
einem erdrückenden Material zu vervielfachen vermöchte. Sie zeigen ja zur Genüge, 
wie der Geist der Gehässigkeit und Unmenschlichkeit in den Ländern unserer Kriegs¬ 
gegner systematisch gepflegt wurde. 
Es gab wenig Feindhaß in Deutschland 
Wie bei uns feindliche Gefangene behandelt wurden 
Mit um so größerer Genugtuung darf man sich der Haltung Deutschlands und 
des deutschen Volkes erinnern, das sich seine geistige und sittliche höhe auch im Uriege 
erhielt. Nirgends in der Presse wurde bei allem Ingrimm der Sprache zum haß oder 
gar zu Gewalttätigkeiten aufgefordert. Unsere Besten mahnten zur Achtung vor dem 
§einde. Wo aufgeregte Menschen in ihrer Kriegspsychose sich zu Beleidigungen 
feindlicher Ausländer hinreißen lassen, schreiten die Behörden nachdrücklich ein und 
ersticken die lärmenden Kundgebungen: der Stuttgarter Polizeipräsident nennt sie 
in öffentlicher Warnung „eines Deutschen unwürdig" und ihre Teilnehmer „verrückt 
gewordene alte Weiber". Man liest weiter die Bücher ftanzösischer, englischer, rus¬ 
sischer Dichter, führt ihre Stücke auf, hört die Musik ausländischer Tonsetzer, findet 
die Kunstwerke nicht schlechter, weil sie aus dem nun feindlichen Auslande stammen 
und niemand glaubt darum Tadel aussprechen zu müssen. Albernheiten, wie der 
Spruch „Gott strafe England" oder Lissauers „haßgesang" bleiben ohne jede tiefere 
Wirkung bei dem so wenig zum haß begabten deutschen Volk. Alle Behörden sind 
bemüht, das Los der Gefangenen zu erleichtern. Vas preußische Kriegsministerium 
bringt sämtlichen Lagerkommandanten seinen Wunsch zur Kenntnis, sie sollten 
„den Gefangenen ein Vater sein". Nicht nur neutrale Ausländer, Schweden, Ameri¬ 
kaner, Holländer, Schweizer bestätigen öffentlich den guten Willen der Deutschen, 
für die Gefangenen zu tun, was irgend möglich ist, sondern auch wahrheitsliebende 
Engländer, wie z. B. der mutige chuäker picton und der Franzose Wullers, der 
im Vorwort seines Luches über seine dreijährige Gefangenschaft in Deutschland 
wörtlich schreibt: 
„Meinem Bruder, dem württembergischen Soldaten, dessen Namen ich nicht weiß, der 
mir am 30. Dezember 1914 im Bois de Gruerie das Leben rettete, indem er von seiner 
mörderischen Absicht abstand, dem Freunde Leonhard Helm, der im Lager von Oarmstadt 
wie ein guter Vater für mich sorgte, und den Nameraden Ehrhard, Albert Nieser und Narl 
Biesinger, die menschlich, ja wie mit einem Freunde mit mir sprachen: ohne die vielen 
anderen Braven zu nennen, deren Namen ich mich nicht mehr entsinne, allen diesen widme 
ich dieses Buch!"
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.