Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Was wir vom Ernahrrrngswesen 
-es Weltkrieges nicht wissen 
Von Stabsletter (E) im Reichsnährstand Dr. F. Lorz, Berlin 
August 1914 — hamsterpsgchose 
Äkobilmachung! Alles rennt durch die Straßen Berlins. Frauen sind besonders 
geschäftig. Sie sind beladen mit Paketen, mit Netzen, Taschen, teilweise fahren sie 
mit Handwagen im beschleunigten Tempo durch die Straßen. Was ist geschehen? 
Es sind die ersten Augusttage des Jahres 1914. Oer große Weltkrieg ist entbrannt. 
Nicht nur die militärische Mobilmachung hat begonnen, sondern auch die wirtschaft¬ 
liche setzt ein. Oie Läden in den Großstädten werden von Frauen aller Bevölkerungs¬ 
schichten belagert, Schlangen von Menschen sind zu sehen, die Geschäfte werden zum 
Teil ausverkauft. Oas ist die wirtschaftliche Mobilmachung des einzelnen Volks¬ 
genossen, der ohne Rücksicht auf irgendeine Organisation oder eine Maßnahme der 
Behörde eben glaubt, seinen Bedarf an Lebensmitteln, Bekleidung und anderen 
Dingen des täglichen Bedarfs auf Wochen oder Monate decken zu müssen. War das 
nötig? hätte nicht eine rechtzeitig durch den damaligen Staat aufgebaute Ernährungs¬ 
organisation eine derartige Nervosität der deutschen hausftauen verhindern können? 
Militärisch war das deutsche Volk derartig vorbildlich für einen Krieg, den es 
nicht wollte, vorbereitet, daß sich innerhalb weniger Stunden der ganze Mobil¬ 
machungsplan verkehrstechnisch ohne irgendwelche Fehlleitungen und Schwierig¬ 
keiten auswirken konnte. Vas Verkehrswesen als Grundlage einer Mobilisierung 
von großen Menschenmassen war in Deutschland derart mustergültig ausgebaut, daß 
es auch für die wirtschaftliche Mobilmachung hätte eingesetzt werden können. Es war 
ein Glück, daß die Verkehrsorganisation so funktionierte, denn infolge Fehlens einer 
geordneten Wirtschaftsmobilmachung mußten späterhin große Lebensmittelmengen 
oft Tage und Wochen hin und her gefahren, also fehlgeleitet werden, hätte hier 
auch das Verkehrswesen nicht funktioniert, so wären am Anfang des Krieges schon 
Millionen Zentner von Lebensmitteln verdorben. 
Lediglich die Heeresorganisation selbst hatte für ihre Zwecke und für die ersten 
Monate des Bedarfs Nahrungsmittelvorräte in genügendem Matze angesammelt, 
um den reibungslosen Aufmarsch und die Verpflegung der Millionen Soldaten zu 
gewährleisten. Für die Zivilbevölkerung selbst war in Deutschland aber keineswegs 
gesorgt, warum? 
Interessante Vorgeschichte 
Nach der bekannten Marokkokrise des Jahres 1911 traten unter Führung des 
Admirals v. Tirpitz landwirtschaftliche und industrielle Kreise an den Reichskanzler 
o. Bethmann Hollweg heran, damit er Maßnahmen treffe, die eine Aushungerung
	        
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