Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Schießtag beim Parisgeschütz 
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Mit Schallmeßtrupps ging man fieberhaft an die Arbeit, die Stellung dieses ge¬ 
fährlichen und rätselhaften Gegners zu ergründen. Es dauerte eine Weile, ehe man 
an den Waldhängen bei Laon die Nester der Geschützungeheuer entdeckte. 
vie Deutschen hatten gut für Verschleierung ihrer „Sensation" gesorgt. Bei den 
allerersten Schüssen waren das Stellungsgelände und weite Streifen ringsum ver¬ 
nebelt worden. Später kam man, da es allzu mühevoll war, ganz davon ab. Schein¬ 
stellungen lenkten die Aufmerksamkeit der Klieger ab, und wenn der Urton des Kiesen 
losbrach, krachten in der Umgebung Artilleriesalven, die das Gebrüll des Parisschusses 
verschlangen. 
Doch dieses Höllenorchester ringsum war es nicht allein, was einen Besuch bei 
den Laongeschühen so seltsam machte. Es kam hinzu die Eigenart der Bedienung, die 
von Stahl und Beton starrende, phantastische Umgebung eines solchen Geschützriesen. 
vie geheimen Stellungen der Parisgeschütze 
Mt außerordentlichem Geschick war die Stellung der großen Geschütze ausgesucht 
worden. Kam man von Laon die Ehaussee an Eerng-les-Lucg vorbei, dann verlor 
sich bald hinter Erepg das offene wellige Land in waldiges Höhengelände, hier 
zwischen Eräpg und Zourdrain waren hinter einem Waldhügel in Zwischenräumen 
von 1 km die drei Geschütze verteilt aufgestellt. 10 km vor ihnen dehnte sich die 
deutsche §ront auf der Linie prömontre—Lrancourt—Anizg le Ehäteau. Zm Rücken 
der Geschütze zog sich in der knappen Entfernung von nur wenig mehr als 3 km 
die große Eisenbahnlinie Laon—La Zöre—Ham vorbei. Mt dieser Bahnlinie waren 
die drei Stellungskessel durch Schienen auf widerstandsfähigstem Unterbau verbunden 
worden. Auf diesen Schienenwegen waren die Geschütze in ihre Stellung gebracht 
worden. 
Ankunft bei den Riesengeschützen, erster Eindruck 
Als wir am frühen Morgen bei den Geschützen anlangten, durchbrach eben die 
Sonne siegreich den brauenden Nebel. Oie Aussicht wuchs, daß die Geschütze zum 
Schuß kommen würden. Zm Kommandeurstand herrschte schon reges Leben, vie 
ersten Wettermeldungen liefen ein und wurden genauestens verglichen. Oer Zessel- 
ballon meldete aufklärende Sicht. 
Man rät uns, bald die Stellung zu besichtigen. Wenn erst die Sicht ganz klar sei, 
beginne das feindliche Störungsfeuer. Wie es dann draußen im Stellungskessel aus¬ 
sehen werde, könne man nicht voraussagen. Nichts konnte uns lieber sein als diese 
Aufforderung. War doch unsere Spannung, so nahe dem Riesengeschütz, aufs höchste 
gewachsen. 
Als wir wieder unter freiem Himmel sind, zeigt unser §ührer nach oben. Wir 
suchen und finden endlich einen kleinen kreisenden Punkt: Ein Zlieger! „Za, der 
Morgenflieger", meint der Kundige, „jetzt wird das feindliche Artilleriefeuer nicht 
mehr lange auf sich warten lassen." 
Wir sehen uns um und suchen das Geschütz. Deutlich erkennt man den riesigen 
Kesseleinschnitt in das Waldgelände. Eisenbahngeleise weisen uns den Weg. Etwas 
lagert auf wuchtiger Letonbahn. Vas muß das Geschütz sein. Noch geduckt, noch im 
Schlummer unter seinen Verkleidungen, ein schlafender Titan, dessen wunderbares 
Erwachen wir noch bestaunen sollten.
	        
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