Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Schietztag beim Parisgeschütz 
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betrug 720 m in der Sekunde) brachen die Geschosse aus dem riesigen Rohr, stiegen in 
einem Winkel von 50 Grad zum luftleeren Raum (40 Km von der Erde entfernt) 
empor, wo sie die ersten Erdsendlinge dieser Art waren, und trafen in einem Winkel 
von 60 Grad mit verminderter Geschwindigkeit in Paris auf. Oie ungewöhnliche 
Gewalt der genannten Mündungsgeschwindigkeit kann dann recht gewürdigt werden, 
wenn man bedenkt, daß sie genügen würde, um das größte Kriegsschiff der Welt 
30 cm hochzuheben. 
Geschütze, die solche Beanspruchung zu überstehen hatten, konnten natürlich nicht 
lange leben. 
Oie Pläne der Obersten Heeresleitung mit den Parisgeschützen 
Bei der Obersten Heeresleitung war man Zeuer und Klamme für den Plan eines 
solchen Geschützes, hindenburg und Ludendorff sannen darauf, wie sie mit allen 
Mitteln das Jahr 1918 zum Jahr der Entscheidung machen konnten. Zur geplanten 
Krühjahrsoffensive 1918 sollte darum die neue Geschützart in drei Stücken fertig sein. 
Es ist alles auf deutscher Seite im Weltkriege durchgesetzt worden, also auch das. 
Wenn der Endsieg unser geworden wäre, hätte man die Überraschungen der März- 
offensive des letzten Rriegsjahres als Meisterstücke der Kriegskunst gefeiert. Oa alles 
anders kam, blieben jene Großtaten ein Wissen einzelner. Wie wenige haben Kenntnis 
davon, daß die deutsche Artillerie in jenen Tagen ihr vernichtendes Keuer ohne Lin- 
schießen aus vollkommener Ruhe heraus losbrechen ließ. 
Am 21. März begann die Offensive auf breitem Abschnitt zwischen Arras und La 
Köre. In den drei Tagen vorher wurde für jedes deutsche Geschütz, das mitzuwirken 
hatte, das Einschietzen sozusagen auf dem Papier vorgenommen. Die Entfernungen 
der möglichen Zielpunkte wurden aufs genaueste im voraus berechnet. Witterungs¬ 
einflußtabellen verbesserten noch weiter die Schußgenauigkeit. So war ohne Ein- 
schießen, das den Keind hätte aufmerksam machen müssen, für den 21. Mär; ein treff¬ 
sicherer Keuerüberfall der gesamten Artillerie möglich gemacht worden. 
63 Divisionen nahmen den Kampf auf deutscher Seite auf. Schon vorher hatte es 
sich von Mund zu Mund weitergesprochen, daß Außerordentliches bevorstehe, „hier 
schwirren allerhand Gerüchte von weittragenden Geschützen. Aber daß es diesmal 
den Engländern und Kranzosen ordentlich dreckig gehen wird, steht fest", so schrieb 
einer in seinem Krontbrief nach Hause. Einige Tage später, als die deutsche Krönt in 
diesem Abschnitt schon weit nach vorn getragen war, fielen den tapferen Sturmtruppen 
mit den ersten Gefangenen auch französische Zeitungen in die Hände. Mit großen 
Leitern stand es da im „Petit parisien" vom 24. März 1918: „Oie Hunnen beschießen 
Paris!" 
Geheime Vorbereitungen zum ersten Schießtag 
Es hatte also gestimmt mit den „weittragenden Geschützen". Am 23. März, zwei 
Tage nach Beginn des großen Angriffs, hatte das Riesengeschütz sein Keuer auf¬ 
genommen. Was da in der Zeitung des Keindes stand, bestätigte, daß die Berechnung 
deutscher Ingenieure und Artilleristen richtig gewesen war. Auch diese Überraschung 
hatte geklappt. 
Das war ein Wunder gewesen,' denn ganz ohne Aufsehen war es nicht abgegangen 
bei der Montage der Geschützriesen. Außerordentlich geheim wurde zwar alles be-
	        
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