Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Max Blümnct 
haben die heranführenden Eisenbahnlinien nebst Bahnanlagen gesichert und die an¬ 
rollenden Truppen bei Fahrt und Ausladung gedeckt. 
Bald darnach wurden behelfsmäßige Panzerzüge in Belgien zur schnellsten 
Erkundung im Aufmarschgebiet des rechten Flügels, dann zur Säuberung des rück¬ 
wärtigen Gebietes bis zur Einrichtung der Etappe verwendet. Im September 1914 
wurde einer Streifabteilung, die zur Sicherung der Bahnlinien westlich Brüssel und 
zur Vertreibung feindlicher Radfahrer, Reiter und Franktireure gebildet war, ein 
mit Pionieren besetzter Panzerzug zu ihrer rückwärtigen Verbindung zugeteilt. 
Überall von unsichtbaren Feinden beobachtet und bedroht, mußte der Zug allzeit 
überraschend auftauchen, hier eine Streckenzerstörung verhüten oder eine Beschädi¬ 
gung ausbessern, dort Angriffe abwehren oder die von den Belgiern unbemannt 
losgelassenen Lokomotiven zum Entgleisen bringen. 
Zn größerer Zahl wurden Panzerzüge verwendet, als die Armee von Linsingen 
im Februar 1918 zur Unterdrückung des Lolschewikenaufstandes den kühnen Eisen- 
bahn-vormarsch auf Rijew machte, vie Panzerzüge mußten, weit voraus¬ 
eilend, die Strecken in Feindesland erkunden, überall das vorgefundene rollende 
Material und Rohlenvorräte beschlagnahmen und für die Truppenverladungen 
bereitstellen. Oie Eisenbahnknotenpunkte wurden besetzt, die Brücken gesichert und 
die Truppenzüge gedeckt, hie und da die Strecken instandgesetzt und mit den Bol¬ 
schewiken oder ihren Panzerzügen gekämpft. — 
Zm allgemeinen wenig gewürdigt, hat diese Waffe im Weltkriege Beachtens¬ 
wertes geleistet. Vas haben auch die Franzosen erkannt, die im Kriege meines 
Wissens keine Panzerzüge verwendeten, im Zahre 1920 aber für ihre Rümpfe in 
Zilizien vier Panzerzüge herstellen ließen. 
Eine Leitung 130 mal um den Äquator 
Vas Nachrichtenwesen hat während des Weltkrieges eine ungeahnte Bedeutung 
gewonnen. Oie Länge des Krieges und die Ausdehnung der Kriegsschauplätze 
steigerten den Bedarf an Nachrichtengerät ins Ungeheuere und die Eigenart der alles 
zermalmenden Materialschlachten forderte eine große Mannigfaltigkeit der Nach¬ 
richtenmittel. 
Am unentbehrlichsten war der Fernsprecher. Oas Fernsprechnetz der deutschen 
Heere wuchs gewaltig von Zahl zu Zahr; Ende 1917 hatte es laut „Geschichte der 
Nachrichtentruppe" bereits eine Länge von 920000 Km, d. h. rund 2%mal die Ent¬ 
fernung zum Monde. Während im Feldzug 1870/71 deutscherseits nur 1800 Km 
Feld- und 800 Km feste Leitung gebaut worden sind, verbrauchten im Weltkriege 
die deutschen Truppen 6000000km Leitungsdraht — eine Menge, mit der 
man IZOmal Leitungen längs des Erdäquators hätte legen können. 
Nachdem das Trommelfeuer auf der Lorettohöhe 1915 jede Fernsprechverbindung 
unmöglich gemacht hatte, kam die im Frieden verachtete Blinklampe wieder zu 
Ehren. War man 1914 mit nur wenigen Festungs-Signaltrupps ins Feld gerückt, 
so war bereits 1917 der Bedarf auf 1000 große, 22000 mittlere, 52000 kleine und 
3000 Luftverkehrs-Blinkgeräte angewachsen. 
Ebenso hatte das Funkwesen einen gewaltigen Aufschwung genommen. Die 
Telegraphentruppe verfügte bei Kriegsbeginn nur über 40 schwere und leichte fahr-
	        
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