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Max Blümner
Nach Erstarren der Front zog man die neue Waffe auch zum Stellungskrieg
heran und erzielte mit den 97 KZ schweren Wurfminen furchtbare Wirkungen in
den feindlichen Gräben. Bald stellte man besondere Minenwerfer-Abteilungen auf
und führte einen für die Infanterie verwendbaren leichten Minenwerfer (6,7 cm) ein.
Unsere Gegner ahmten die „Grabenmörser" nach und überraschten uns an der
Somme 1916 mit einer durch Flügel gesteuerten Mine. Zur Verwendung der gut
treffenden Flügelminen bauten wir dann die „Albrecht-Minenwerfer" mit glattem
Rohr ohne Rücklauf. Dagegen bewährten sich die mit Preßluft betriebenen Werfer,
die weder Mündungsfeuer noch Rauch entwickelten, nicht und verschwanden bald
wieder. Mit Erfolg bediente man sich aber zum Gasschießen der von den Engländern
zuerst angewandten Gaswerfer, d. s. Vorderlader in einfachster Ausführung, die
in langen Reihen neben und hintereinander in die Erde eingegraben wurden und,
gleichzeitig elektrisch abgefeuert, große Flächen des Gegners vergasten.
Leim versagen anderer Nachrichtenmittel verschoß man bis zu 1300 m Ent¬
fernung mit dem leichten Minenwerfer eine Nachrichtenmine, die in der Luft
eine Rapse! mit der Meldung ausstieß und sie mit Rauch und Feuererscheinung zur
Erde gleiten ließ.
Lei Kriegsbeginn verfügte das deutsche Heer nur über 70 schwere und 110 mittlere
Minenwerfer, bei Kriegsschluß aber laut „Lehrbuch für Minenwerfer" über 1200
schwere, 2400 mittlere, 12400 leichte und 700 Flügel-Minenwerfer, die monatlich
rund 20000 schwere, 120000 mittlere, 1500000 leichte und 15000 Flügelminen
verschossen.
DaS Geheimnis der „Dicken Berta"
was war's nur mit der „Dicken Berta", jenem sagenhaften 42-cm-Mörser, der
1914 so plötzlich, selbst zur Überraschung fast aller Offiziere, auftauchte, die „unüber¬
windlichen" Betonwerke von Lüttich, Namur, Manonviller, Antwerpen u. a. in
Trümmer legte und nach kurzem Erdenwallen still wieder verschwand? war er
nicht „gewissermaßen als privatunternehmen der Firma Krupp" entstanden, wie
wir in einem größeren Werke noch heute lesen? was ist daran wahr, daß anfangs
Kruppsche Ingenieure an der Bedienung des Geschützes teilnahmen und das Ab¬
feuern wegen des gewaltigen Luftdruckes aus großer Entfernung geschehen mußte?
(Oder wie einige Zeitungen allen Ernstes berichteten: „Elegante Herren im Lutawag"
bedienten das Geschütz und würden nach dem Laden mit einem Kraftwagen eine
Strecke zurückgefahren, um von dort elektrisch abzufeuern, oder ein Mann bliebe am
Geschütz zurück, um mittels einer Lunte die Geschützladung zu entzünden, und suche
dann auf einem Kraftrad das weite.) Das Einschießen aber, erfolgte das nicht mit
Hilfe eines mitgeführten leichten Geschützes, erzielte man nicht ausnehmend große
Schußweiten mit dem Mörser und war nicht jedes Fort mit wenigen Schüssen er¬
ledigt?
Nein! All das gehört, bis auf ein Fünkchen Wahrheit, zu dem Sagenkreis, der
sich schon 1914 um den 42 er wob. Tatsache ist, daß der Große Generalstab, als unsere
westlichen Nachbarn Ende vorigen Jahrhunderts ihre Festungswerke gewaltig ver¬
stärkt und Sperrfesten angelegt hatten, von der Artillerie-Prüfungskommission die
Herstellung eines Belagerungsgeschützes forderte, das neuzeitliche Panzer- und Beton¬