Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Hans Zache 
Führers, Kapitän Wendling, des kleinen Regierungs- (Fracht- und Passagier-) 
Dampfers „Nachtigal" aufbewahrt geblieben. 
»Km 16. September 1914, 7 Uhr abends wurde dem kleinen Regierungsdampfer 
„Nachtigal", im westlichen Möwesee vor Anker liegend, folgende telephonische Mel¬ 
dung vom Nommando in Ouala übermittelt: „Das englische Kanonenboot ,vwarf' 
hat um 4 Uhr nachmittags den Namerunfluß verlassen. .Nachtigal' ist darauf auf¬ 
merksam zu machen wegen Gefährdung des Bimbiaflusses." 
Ging 8 Uhr abends Anker auf, fuhr bei stockdunkler Nacht unter Anwendung der 
seemännischen Vorsichtsmaßregeln durch den schmalen Nordkriek nach dem Bimbia- 
flusse. Außer dem Nommandanten war die Brücke besetzt vom 2. Offizier, einem 
Obermatrosen und dem farbigen Rudersmann. Posten Back am geladenen Geschütz 
stand ein Matrose, Maschine war besetzt vom 2. und 3. Maschinisten, von einem 
Heizer und dem erforderlichen farbigen Personal. Da tags vorher von Buea aus 
schwere Brandung aus Bimbiaslach beobachtet und keinerlei Meldung über Einlaufen 
des „vwarf" zugegangen war, war beabsichtigt, im Nriek zu ankern und auj „Dwarf" 
bei einem eventuellen Einlaufen einen überraschenden Angriff zu machen. Die Bar¬ 
kasse „Prinz Udo", die mit Meldung nach Tiko geschickt war, hatte Befehl zu folgen. 
Der nordwärts nach Tiko führende Nriek war passiert, beide Maschinen gingen 
„voll", das Schiff war abgeblendet, als gegen 10 Uhr abends voraus ein Scheinwerfer 
aufleuchtet und „Nachtigal" durch heftiges Schnellfeuer beschossen wurde. Ein her¬ 
ummanövrieren des Schiffes auf Gegenkurs im engen Nriek, in dunkler Nacht, unter 
dem Scheinwerfer und Feuer des Feindes, sofort als wenig aussichtsvoll erkennend 
und als eines deutschen Seeoffiziers unwürdig erachtend, gab der Nommandant, 
aufs äußerste entschlossen, den Befehl zum Rammen, um so den an Artillerie zehnfach 
überlegenen Gegner zum Sinken zu bringen. Beide Maschinentelegraphen wurden 
nochmals auf „voll voraus" gesetzt. Obermatrose... sprang ans Ruder und steuerte 
nach den Anweisungen des Nommandanten auf den Scheinwerfer zu. Inzwischen 
hatte der Nommandant mehrere Nopfwunden erhalten und ein Matrose war bei der 
Bedienung des Geschützes gefallen, das nach Abgabe einiger Schuß durch die feind¬ 
liche Artillerie außer Gefecht gesetzt worden war. Gleichzeitig explodierte durch 
fallende Splitter die auf der Back stehende Bereitschaftsmunition. Nach ungefähr 
4 Minuten Fahrt erfolgte die Kollision rechtwinklig auf den Schiffskörper des „vwarf", 
vorkant der Nommandobrücke. „Nachtigal" prallte von der Wucht des Stoßes zurück, 
bei dem, wie der 1. Maschinist meldete, das hauptdampfrohr geplatzt war. Darauf 
wurde Befehl gegeben, die Brücke zu verlassen, die dann zusammenstürzte. Bei einem 
Rundgange im unteren Deck fand der Nommandant starke Dampfströme aus der 
Maschine kommen und mehrere Tote an Steuerbordseite liegen. Da Maschine 
und Ruderleitung gebrauchsunfähig, Geschütz und Munition zerschossen waren, 
„Nachtigal" jetzt mittschiffs lichterloh brannte und sich in sinkendem Zustand befand, 
wurde der Befehl gegeben: „Alle Mann aus dem Schiff." Die noch lebenden Europäer 
ließen unter dem höllischen feindlichen Schnellfeuer von zwei 10-cm- und zwei 7,6-cm- 
Nanonen, die aus einer Entfernung von weniger als 50 m feuerten, die Jolle zu 
Wasser und warfen treibende Gegenstände über Bord. Ein Teil der Leute hatte 
Norkwesten um. Nach dem verlassen des Schiffes schwammen 7 Europäer, fast alle 
verwundet, und eine doppelte Anzahl der farbigen Besatzung im Wasser, als nach 
Einstellen der Beschießung der „Nachtigal" die Wasserfläche mit Scheinwerfern ab¬
	        
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