Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Denkwürdige Begebenheiten aus dem Seekrieg 
mit harter Zaust russische Küstenwerke nieder. Es wurde ein zähes, erbittertes Ringen, 
ein schrittweises Vordringen über hundertfältig lauernde Gefahren hinweg, ein 
Kampf der Nerven nicht minder wie ein Kampf kriegerischer Kräfte, vor allem aber 
ein einmütiges heldenhaftes handeln, das Heer und Flotte in gleicher Weise ehrte. 
In ganz besonderer Weise taten sich hierbei 
die Minenjuchflottillen 
unter ihren Führern, dem Fregattenkapitän v. Rosenberg und dem Kapitänleutnant 
voflein, hervor; wie denn überhaupt die Leistungen unserer Minensuch- und 
Räumformationen während des ganzen Weltkrieges nicht hoch genug gepriesen 
werden können. Ls liegt in der Natur des Minendienstes, daß nicht viel von ihm ge¬ 
redet wird. Dabei hat gerade er nächst dem U-Boot-Krieg vielleicht die heisteste 
Front des gesamten Seekrieges dargestellt. Bei den Rufräumungsarbeiten nach 
Kriegsende wurde festgestellt, datz allein in der Deutschen Bucht der Nordsee 
über 50 000 Minen 
geworfen worden waren, von denen nahezu vier Fünftel von englischen Minen¬ 
legern stammten. Die Minenfelder wuchsen während des Krieges von Tag zu Tag, 
sie wurden immer breiter, massiger, kletterten in die Tiefe, überwucherten ein See¬ 
gebiet nach dem anderen und bedeckten schließlich das ganze weite Nordseegebiet. 
Wenn man sich diese Verhältnisse klarmacht und dazu bedenkt, daß keines unserer 
Schiffe und U-Boote diese Minenwüste anders als auf gebahnten minenfreien 
Straßen passieren konnte, datz diese Straßen aber tagtäglich überwacht und gesäubert 
werden mußten, da der Feind sie immer wieder verseuchte, dann wird es verständlich, 
daß hier eine Arbeit geleistet worden ist, die ihresgleichen sucht; nicht nur wegen der 
Schwierigkeit und erforderlichen Ausdauer, sondern vor allem auch wegen der drohen¬ 
den Gefahren. Oie Minensuchboote fuhren ständig in verdächtigen Gewässern. Was 
gestern noch sauber war, konnte morgen schon den Tod in sich bergen, hinzu kam die 
Sorge, an den Minengrenzen von feindlichen Kreuzern überrascht zu werden. Es war 
in der Tat eine Selbstaufopferung von früh bis spät und bei jedem Wetter; am ent¬ 
sagungsvollsten dann, wenn zur Winterszeit Schnee und Eis über die Nordsee geißelten. 
Man mag nachforschen, wo man nur will, was es an harten, die Willenskraft und den 
Mannesstolz bis zum Letzten ausschöpfenden Berufen gibt: etwas härteres als die 
Winterseefahrt in nordischen Gewässern bei schlechtem Wetter wird man nicht finden! 
Zum letztenmal 
ging die deutsche Hochseeflotte am 19. November 1918 unter Admiral v. Reuter 
in See. Oer Große Kreuzer „Segdlitz", seit hartlepool, seit der Ooggerbank und dem 
Skagerraktage mit Narben übersät, führte sie. Es war eine lange Reihe, die ihm 
folgte, Schlachtschiffe, Kreuzer und Torpedoboote; aber auch eine lange Reihe von 
Namen, die als Helle Sterne am Himmel deutscher Geschichte glänzten. Zn den Heimat¬ 
häfen hatte man die rote Fahne gesetzt, weil sie, wie es hieß, auch über der britischen 
Flotte triumphiere. Jetzt wehte aber wieder, und zwar auf Feindes Gebot, die 
schwarzweißrote Kriegsflagge an den Gaffeln, die Flagge mit dem Eisernen Kreuz. 
Am 21. November traf man in der Nähe der englischen Küste mit dem einstigen 
Gegner zusammen. Er durfte erwarten, Wehrlose vor sich zu sehen. So war es auch. 
Trotzdem traute der Brite nicht. Er fürchtete von den Männern, die ein Skagerrak 
geschlagen hatten, noch immer eine Tat. Sie blieb aber aus. Sie sollte erst später 
14 Weltkriegrbuch
	        
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