Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Denkwürdige Begebenheiten aus dem Seekrieg 
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Marinekorps,' 
die letzte organisatorische Schöpfung des Großadmirals v. Tirpitz. Er war es, der 
manchen engstirnigen widerständen zum Trotz dem neugeschaffenen verbände feste 
Ziele setzte und ihm dank der tätigen und verständnisvollen Mitarbeit des Admirals 
v. Schröder, seines Führers, zu steigender Bedeutung verhalf. Auch die Gründung 
-es Marinekorps fand zunächst nur geringes Verständnis. Man lernte aber sehr 
bald um. Raum trafen die ersten Staffeln des Rorps auf dem belgischen Rriegsschau- 
platz ein, als sie, die ausdrücklich nur als Besatzungstruppen bezeichnet worden 
waren, schon in die hart kämpfende Front vor Antwerpen eingesetzt wurden. 
An der Erstürmung der gewaltigen Festung hat die Marine vollwertigen Anteil ge¬ 
nommen. Auf den Rampffeldern Flanderns wurde die Waffenbrüderschaft zwischen 
Heer und Marine gefestigt. Vas Bestreben des Großadmirals v. Tirpitz war im 
übrigen, das Marinekorps möglichst bald an die Rüste zu bringen, um auf diese Weise 
unsere Seefront zu erweitern, von vornherein wurde ins Auge gefaßt, an der Rüste 
Flottenstützpunkte für den Rleinkrieg auf See 
einzurichten. Demgemäß umfaßte das Marinekorps Rampfeinheiten für den Land- 
und Seekrieg, sowie ein Heer von Technikern und Hafenbauern. Ls wuchs sich aus 
zu einem gewaltigen verbände. Oie Uferbauten, die an den Seefronten östlich und 
westlich von Osten de aufgeführt wurden, mächtige Strandbatterien und bomben¬ 
sichere Unterschlupfs für U-Boote, gehören mit zu dem Ansehnlichsten, was die 
Rriegstechnik Deutschlands geleistet hat. Entsprechend dem vielseitigen Verwendungs¬ 
zweck des Marinekorps waren seinem Stabe auch Armeeoffiziere zugeteilt. Dankbarst 
wird jeder, der dem Rorps angehört hat, des ersten Ehefs des Stabes, des Obersten 
v. hülsen, gedenken. Als Sitz des Generalkommandos wurde das alte Brügge 
bestimmt, von dem unmittelbar nach dem Fall Antwerpens Besitz ergriffen wurde, 
von Stund ab bereiteten die Truppentransporte über den Ranal den Engländern 
größte Schwierigkeiten. Das Unglück war nur, daß die deutsche Rriegführung noch 
immer nicht zu gleich harten Sperrmaßnahmen schreiten wollte, wie England sie 
längst angewandt hatte. Trotz seiner Bedeutung als wichtigste Etappenstraße der 
britischen Armee wurde der Ranal vorerst nicht als Sperrgebiet erklärt, selbst 
an den Brennpunkten des feindlichen Truppentransportes wurde von 
uns die neutrale Flagge geachtet! 
Womit soll man es erklären, mit Mangel an Wagemut, mit Weichheit oder mit 
politischem Ungeschick? viele Deutsche — wir sind nun einmal so — werden die 
falsche Maßnahme selbst heute noch verteidigen. Wenn man sie aber fragte: „Wie 
hätte sich der Engländer verhalten?", dann bekäme man sicherlich die Antwort: 
.Rücksichtslos!" 
England hat diese seine Einstellung immer wieder bewiesen, besonders kraß an 
dem Fall der Fortnähme unseres 
Lazarettschiffs „Ophelia". 
Am 17. Oktober 1914 hatte eine deutsche Torpedoboothalbflottille, die 
zum Minenlegen vorgestoßen war, in der höhe von Terschelling durch überlegene 
britische Streitkräfte schwerste Verluste erlitten. Als sich die „Ophelia" der Rampf- 
stätte nahte — an ihrem Charakter als Lazarettschiff bestand überhaupt nicht der
	        
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