Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

Denkwürdige Begebenheiten aus dem Seekrieg 
201 
daß eine Seekriegführung, die England schonen und die eigenen Streitkräfte für einen 
späteren, großen Schlag aufsparen wollte, grundfalsch war. Die Lehren der Krieg¬ 
führung sind schlicht und einfach, sie wandeln auf geraden Wegen. Erst wer sie mi߬ 
versteht, schafft sich Schwierigkeiten. Zum verstandesmäßigen Erfassen ist eines aber 
Voraussetzung: ein unverzagtes und wagemutiges herz! was den 
Auslands kr euzerkrieg 
insgesamt anbetrifft, so hat die alte kaiserliche Warme allen Grund, auf die Durch¬ 
führung stolz zu sein. Vas Verhalten des Speeschen Geschwaders und die Krieg¬ 
führung durch die Kreuzer „Emden", „Karlsruhe" und „Königsberg" stellen Taten 
dar, die der Geschichte angehören,' und zwar nicht nur rein militärisch betrachtet, 
sondern vor allem auch, was die mobilmachungsmäßigen Vorbereitungen anbetrifft. 
Deutschland unterhielt vor dem Kriege auf verschiedenen auswärtigen Stationen 
eine stattliche Reihe von Kriegsschiffen,' in Dstasien zwei Große Kreuzer, drei Kleine 
Kreuzer, vier Kanonenboote, drei Klußkanonenboote und zwei Torpedoboote,- aus 
der australischen Station zwei Kanonenboote und ein Vermessungsschiff,- auf der 
ostafrikanischen Station zwei Kleine Kreuzer und ein Vermessungsschiffe auf der 
amerikanischen Station einen Kleinen Kreuzer und auf der westaftikanischen Station 
zwei Kanonenboote. Mit Ausnahme des Kreuzergeschwaders hingen sämtliche Schiffe 
mobilmachungsmäßig insofern in der Luft, als es ihnen an befestigten Stützpunkten 
gebrach, die ihnen einen Rückhalt hätten geben können, wir wissen bereits, daß auch 
das Kreuzergeschwader heimatlos war, nachdem der Fall von Tsingtau durch die 
Kriegserklärung Japans unvermeidbar wurde. In klarer Erkenntnis dieser Notlage 
war nun vom Admiralstabe der Marine eine außerordentlich gründliche und 
umfassende Vorarbeit geleistet worden, die es sich zum Ziele gesetzt hatte, an allen 
wichtigen Plätzen der Erde 
Vertrauensmänner 
zu werben, die durch Entsendung von Kohlendampfern die Lösung der so ungemein 
wichtigen Kragen der Lrennstoffergänzung undverproviantierung unterstützen sollten. 
Damit aber nicht genug: die Bereitstellung solcher Dampfer genügte nicht, es mußte 
vor allen Dingen dafür Sorge getragen sein, daß sich Kriegsschiff und Dampfer auch 
trafen, und daß nach dem Zusammentreffen kein Störenfried die Kohlenübernahme 
verpatzte. Demgemäß hatte der Admiralstab erstens dahin gewirkt, daß sowohl den 
Vertrauensmännern wie den Auslandskreuzern eine Reihe von 
heimlichen Schlupfwinkeln, 
von weltoerlassenen oder vielmehr weltvergessenen Plätzen, bekannt war, und daß 
sich zum anderen zu diesen Plätzen hin nicht nur ein einziger Nachschubdampfer je¬ 
weils verirrte, sondern daß es ihrer in der Regel mehrere waren, um der Gefahr 
von Ausfällen durch Kaperung oder Beschlagnahme vorzubeugen. Dieses bis ins 
kleinste ausgeklügelte Etappensgstem, dieses Rechnen mit 
fliegenden Stützpunkten 
hatte nun eine Vollkommenheit erreicht, die ihre Schöpfer und Gestalter aufs höchste 
lobt. Es hat überraschend gute Erfolge gezeitigt, hier haben Männer, deren Namen 
nie bekannt geworden sind, für ihr Vaterland in einer Weise gewirkt, die höchste 
Anerkennung abnötigt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.