Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

164 
horst Freiherr Treusch v. Suttlar-Brandenfels 
nicht die Maschinen abgestellt werden, das Schiff wäre dann einfach durchgefallen 
und beim Aufschlag auf See bestimmt an irgendeiner Stelle auseinander geborsten. 
<Es war die Absicht Petersons, mit laufenden Motoren und viel Fahrt das Schiff lang¬ 
sam ins Wasser zu setzen und dann den anliegenden Südkurs auf See weiter zu 
steuern, um so zu versuchen, mit dem Luftschiff auf dem Wasser schwimmend wie ein 
Seeschiff die flandrische Rüste zu erreichen. Lediglich der Hintere Motor wurde kur; 
vor dem Erreichen der Wasseroberfläche abgestellt, sein Propeller in horizontaler Lage 
festgestellt, damit nicht durch sein hereinschlagen ins Wasser irgendwelche Beschä¬ 
digungen an der Hinteren Maschinengondel eintraten, vielleicht die Gondel ganz ab¬ 
riß. Oie Motorenmaate waren durch den leitenden Maschinisten in diesem Sinne in¬ 
struiert worden, zwei Mann der Hinteren Gondel sollten sich kur; vor Erreichen der 
Wasseroberfläche außenbords an der Gondel gut festhalten, im übrigen aber ihre 
Motoren weiter laufen lassen, bis sie von selbst im Wasser stehen blieben. Alles dies 
ging noch bei völliger Dunkelheit vonstatten und erschwerte dadurch die zu treffenden 
Maßnahmen. 
Oer große Moment kam, wie er schon seit Stunden erwartet und befürchtet wurde, 
das Schiff ließ sich trotz größter Schräglage und hart Ruder oben nicht mehr halten, 
zumal dicht über der Wasseroberfläche eine etwas wärmere Luftschicht lag, die das 
Durchsacken des Schiffes im letzten Moment noch begünstigte, und mit viel Fahrt 
voraus berührt es mit der Hinteren Gondel zuerst die Wasseroberfläche. In wenigen 
Minuten war es hinten noch weiter weggesackt, bis die Hintere Gondel ganz unter 
Wasser war und auch die seitlichen Stabilisierungsflächen auf dem Wasser auflagen. 
Oer eine der Maschinistenmaate der Hinteren Gondel konnte noch schnell in den Lauf¬ 
gang gelangen und nach vorne laufen, während der andere, Maschinistenmaat 
Frankhänel, seit der unfreiwilligen Wasserlandung vermißt wurde. Es wurde mit 
Recht angenommen, daß er beim Aufprall aufs Wasser über Bord gegangen war. 
Das Schiff lag also nur mit dem Heck im Wasser, während der vordere Teil noch heraus¬ 
ragte, so daß sich die vordere Gondel etwa 10 m über der Wasseroberfläche befand. 
Der in dieser Gondel befindliche Motor lief weiter und zog so das Schiff, allerdings 
mit ganz geringer Fahrt, durch das Wasser. Es bestand so immerhin noch die Aus¬ 
sicht, sich bis Tagesanbruch zu halten, wobei man hoffte, daß Hilfe aus Zeebrügge 
erscheinen würde. Gb allerdings damit gerechnet werden konnte, erschien mehr als 
zweifelhaft, denn es war keinerlei Bestätigung beim „L 12" eingegangen, daß seine 
Zunksprüche von der Funkstation Brügge verstanden worden waren. 
Nachdem das Schiff genau eine Stunde so mit südlichem Rurs auf die flandrische 
Rüste langsam weitergekurbelt hatte, erschien plötzlich in der Führergondel, so wie 
ihn Gott geschaffen hatte, der vermißte Maschinistenmaat Frankhänel aus der Hin¬ 
teren Maschinengondel. Er war tatsächlich beim Aufprall aufs Wasser über Lord ge¬ 
gangen, und hatte sich zunächst, da er dem Schiff in voller Bekleidung nicht nach¬ 
schwimmen konnte, erst mal seiner sämtlichen Rleidungsstücke, die er noch auf dem 
Leib hatte, im Wasser entledigt und hatte dann versucht, das Luftschiff, das ihm in 
der Dunkelheit als riesengroßer, dunkler Schatten stets dicht vor Augen schwamm, zu 
erreichen, was ihm aber erst nach einstündigem Schwimmen gelang. Er kletterte aus 
eine der im Wasser liegenden Stabilisierungsflächen hinauf, von da auf den First des 
Schiffes (den obersten Längsträger) und erreichte die vordere Plattform, von wo 
er durch den Schacht nach dem Laufgang und in die Führergondel gelangte. Oie
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.