Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Carl o. Roeder 
war auch die beste Abwehr machtlos, denn man konnte nicht hinter jeden Industrie- 
und Landarbeiter oder an jede Scheune, Maschine und Bahnanlage einen Polizei¬ 
beamten stellen. Deutschland, das bei dem riesigen Ausmaß seiner Kampffronten 
jeden nur einigermaßen kriegsverwendungsfähigen Mann dort bitter notwendig 
brauchte, mußte außerdem bei der Beschaffung der Arbeitskräfte für seine Kriegs¬ 
wirtschaft im großen Umfange auf ausländische Arbeiter und Kriegsgefangene zurück¬ 
greifen, eine große Gefahrenquelle, die der feindliche Sabotagedienst richtig erkannt 
und sich weitgehendst nutzbar gemacht hat. 
So konnten denn auch nur bei verhältnismäßig wenigen der zahlreich vorgekom¬ 
menen Explosionen, Brände und sonstigen Sabotageakte die Spuren der Sabotage 
einwandfrei nachgewiesen werden. Oer verdacht war aber in allen Fällen be¬ 
gründet. 
Wenn einmal aus den Uriegsakten auch über diese Vorgänge des Weltkrieges 
berichtet werden wird, dann werden viele erst die Schwierigkeiten der deutschen 
Kriegführung richtig würdigen, und mancher wird noch nachträglich der im Uriege 
oft so störend empfundenen deutschen Abwehr für ihren stillen, entsagungsvollen 
Uampf gegen den heimtückischen Feind Dank wissen. 
Sabotage betraf ausschließlich die rückwärtigen Verbindungen 
Sabotage als Uriegsmittel hat es wohl in jedem Uriege gegeben. In jedem Falle 
verfolgte sie aber früher nur den Zweck, die rein militärische Führung zu treffen, und 
richtete sich deshalb ausschließlich gegen ihre rückwärtigen Verbindungen durch Zer¬ 
störung von Brücken, Bahnanlagen usw., gegen ihren Nachschub durch Vernichtung 
von Waffen-, Munitions- und Lebensmitteltransporten oder gegen die Betriebe, in 
denen Uriegsmaterial hergestellt wurde. Sie konnte in dieser Form schon von schwer¬ 
wiegendem Einfluß auf die Uriegführung sein und mußte doch als ein berechtigtes 
Uriegsmittel zur Vernichtung des Feindes in Waffen anerkannt werden. Zn der Art 
und in dem Umfange aber, wie der Feindbund im Weltkriege die Sabotage gegen 
Deutschland anzuwenden unternahm, war sie ein verbrechen an der Menschheit, 
denn sie galt nicht mehr dem bewaffneten Feinde allein, sondern richtete sich vor¬ 
nehmlich gegen seine Frauen, Rinder, Uranken und Greise, um auf diesem 
Wege den im Felde unbesiegbaren Gegner niederzuringen. Sie wollte den Bestand 
des deutschen Volkes treffen, in dem die Uraftquellen der deutschen Uriegführung 
wurzelten. 
Nur so ist der „verhängnisvolle" Einfluß der Sabotage auf die Uriegführung in 
deutschem Sinne zu werten. 
Rückblick auf die Wandlung des Begriffes „Uriegführung" 
Aus diesem Grunde ist ein kurzer Rückblick auf die Wandlung, die der Begriff 
Uriegführung im Weltkriege erfahren hat, notwendig. Schon die ersten Uriegsjahre 
ließen keinen Zweifel darüber, daß die Entscheidung über den Ausgang dieses, mit 
allen Errungenschaften der Wissenschaft und «Technik geführten gewaltigen Urieges 
nicht mehr allein von den Waffen, d. h. von der rein militärischen Führung, abhing, 
sondern daß hierbei aus die Dauer zur Nährung des Uampfes auch 
„die Leistungsfähigkeit der gesamten Industrie, das herstellungsvermögen des 
vollen Uriegsbedarfs im eigenen Lande» die Rohstoffversorgung, der Stand der
	        
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