Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Llsbeth Schragmüller 
„Spionin" verwandt, niemals zu Ermittlungen irgendwelcher Art in das feindliche 
Ausland entsandt worden. §ür sie galten selbstverständlich die gleichen Vorschriften 
wie für alle Nachrichtenoffiziere. 
Ihre Tätigkeit bestand, wie die jedes anderen Nachrichtenoffiziers, in der Orga¬ 
nisation der systematischen Aufklärung des großen bis nach Amerika reichenden west¬ 
lichen Kriegsschauplatzes, in der Gewinnung von Verbindungen, in ihrer Instruktion, 
in der Sicherstellung ihrer Meldewege, in ihrer mündlichen Vernehmung, in der Über¬ 
prüfung ihrer Aussagen, in der Abfassung und Weiterleitung der Meldungen an das 
Große Hauptquartier. 
Interessante Vorfälle, Geheimnisse 
um die Nachrichtenstelle in Antwerpen 
Dem Gegner war die Tätigkeit der Nriegsnachrichtenstellen begreiflicher¬ 
weise ein vorn im Auge und er suchte sie unschädlich zu machen, wie immer er konnte. 
Besonders augenfällig trat dies vor dem Beginn größerer Operationen in Erscheinung. 
Fast regelmäßig pflegte nämlich der Zeind — als gehöre es zu seinen vorbereitenden 
Gffensivmaßnahmen — mit Ravalleriesprengpatronen ausgerüstete Agenten zu ent¬ 
senden, die den Auftrag hatten, die Rriegsnachrichtenstelle Antwerpen in die 
Luft zu sprengen. Vieser unfteundlichen Handlungsweise lag die Absicht zugrunde, 
die gesamten Zäden dieser Stelle mit einem Schlage zu zerreißen, um zu verhindern, 
daß Meldungen über die bevorstehenden Angriffe noch so frühzeitig zur Renntnis der 
deutschen Obersten Heeresleitung kämen, daß sie diese vereiteln könne. Oer Gegner 
ging hierbei von der durchaus richtigen Erwägung aus, daß es die Eigenart des Nach¬ 
richtendienstes unmöglich macht, eine seiner Stellen, deren Bearbeiter und Material 
plötzlich vernichtet werden, von heute auf morgen einfach durch neues Personal zu 
ersetzen, was bei jedwedem anderen militärischen vienstbetrieb, der sich nach einem 
festen Reglement oder einem Schema abspielt, ohne größere Beeinträchtigungen sehr 
wohl erfolgen kann. Oer ganze komplizierte Meldeapparat einer Rriegsnachrichten- 
stelle ist derart auf die persönlichen Arbeitsmethoden und besonderen Beziehungen 
zwischen Nachrichtenstelle und Agent eingespielt, daß das plötzliche Ausscheiden einer 
ganzen solchen Stelle eine erhebliche Störung der Aufklärungsarbeit der Obersten 
Heeresleitung bedeutet. 
verschiedentlich glückte es den feindlichen Agenten, die von der belgischen Zivil¬ 
bevölkerung nur zu gern auf das eifrigste unterstützt wurden, trotz des deutschen 
Grenzschutzes und trotz des elektrisch geladenen vrahtzaunes, der das Ge¬ 
biet des Generalgouvernements Belgien gegen unkontrollierbaren Verkehr mit 
Holland schützen sollte, dennoch in den Bannkreis Antwerpens zu gelangen, häufig 
wurden sie vor Erreichung ihres Zieles abgefaßt, gelegentlich drangen sie jedoch auch 
bis zur Rriegsnachrichtenstelle vor. Mochte sie nun die militärische, bis an die Zähne 
bewaffnete Bedeckung der vienststelle schrecken, oder die wachsame Meute der 
Hunde warnen, oder hielten sie es für vvrteilhafter, ihre eigenen Auftraggeber gegen 
— wie sie wähnten — klingende Münze zu verraten, — Tatsache ist, daß es niemals 
zur Ausführung ihrer Aufgabe gekommen ist! Ein einziges Mal kam es zum versuch 
der Ausführung eines derartigen Anschlages, der jedoch auch mißlang, was einer 
gewissen Romik nicht entbehrte: Ein städtischer Polizeibeamter hatte sich unter 
unsäglichen Mühen eine Ladung Dynamit zu verschaffen gewußt und diese mit
	        
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