Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

134 
Llsbeth SchraMüller 
verschiedentlich ist mißbilligende Kritif laut geworden, die ein solch umfassendes 
Arbeitsfeld unter einem Chef als weit über die Kräfte eines einzelnen Menschen 
hinausgehend bezeichnet. Dies mag dem Uneingeweihten wohl zutreffend scheinen, 
und doch ist solche Kritif nicht stichhaltig! Presse, Propaganda, Abwehr und 
Nachrichtendienst hängen organisch zusammen. Oie Zerschlagung ihrer Ober¬ 
leitung hätte ihren einheitlichen Kurs in Frage gestellt und statt des Miteinander zum 
mindesten zu einem Nebeneinander, wenn nicht zu einem Gegeneinander geführt. 
Der Chef IIIB hatte einen Stab sachkundigster Berater zur Seite, die ihm die Riesen¬ 
last der Arbeit zu bewältigen halfen. So wie es war, wurde die Einhaltung der großen 
Linie in der Zielsetzung der Arbeit gewährleistet, Verschwendung von Zeit und Ar¬ 
beitskraft an Fragen untergeordneter Bedeutung verhindert. Allein dank der äußerst 
straffen Führung durch den Chef IIIB war es möglich, daß sämtliche Stellen ungestört 
und unbeeinflußt von außen, auch durch andere Dienststellen des Generalstabs, von 
einem willen geleitet, zielbewußt den ihnen überwiesenen Aufgaben nachgehen 
konnten. 
Einblicke in den komplizierten Organismus 
des „geheimen" Nachrichtendienstes 
Welcher Art waren nun die Aufgaben, die in dieser großen Organisation der Ab¬ 
teilung IIIL der Nachrichtendienst zu lösen hatte? Die Aufgabe der Nriegsnachrichten- 
stellen, des „geheimen" Nachrichtendienstes war es, auf verborgensten wegen 
die Absichten des Gegners zu erspähen. Ganz großen Fragen des Krieges galt 
ihre Tätigkeit, ob es gelingen könne, dem Gegner das Gesetz des Krieges vorzu¬ 
schreiben, welche voraussage der Dauer des Krieges und dem Abschluß des 
Friedens zu stellen sei, ob der Entente irgendwo im fernsten Weltenwinkel noch 
neue Bundesgenossen, uns neue Gegner zu entstehen drohten, — ob sich der 
Vielbund noch fester, noch enger aneinander schmiede, oder ob irgendwelche Um¬ 
stände einen Keil in die Einigkeit der Alliierten treiben könnten. Problemen solcher 
Art diente eine schier unendliche Fülle von Einzelfragen. Da mußte ferner erforscht 
werden, wie der gegnerische Aufmarsch in der Front erfolgte, welches Bild die 
Verteilung der feindlichen Reserven im Hinterlande bot, es galt die Stärke und 
den Wert des feindlichen Ersatzes zu klären, die Mobilisierung neuer Iahr- 
gänge zu beobachten, das Sich-Füllen, Leerwerden und wieder Füllen der Depots 
zu überwachen, es hieß die Augen auf den weiten Erdball richten, welch mensch¬ 
liche Fracht unter der Maske friedlicher Leichter oder unter der Flagge des roten 
Kreuzes aus Kolonien, aus exotischen Ländern und aus Amerika heranbefördert 
wurde. Die Produktion der Kriegsindustrie mußte fortlaufend kontrolliert 
werden, um die Truppe vor Überraschungen durch neue Maschinen, durch neue 
Giftgase zu bewahren und die eigene Industrie rechtzeitig auf die Herstellung von 
Abwehrmitteln zu lenken. Und es galt, die Denkweise der arbeitenden Klasse in den 
Kriegsfabriken zu belauschen, zu erkunden, ob Sabotage-Akte Eingang finden 
könnten, ob eine internationale, zersetzende Ideologie am Werke sei oder Nährboden 
finden werde, um das innerste Mark der feindlichen Völker zu zerstören, es ging um 
die Entscheidung, ob die Fackeln der Revolution am Kriegsbrand entzündet werden 
und einen Weltenbrand entfachen sollten, der alles vernichte, einen Brand, gegen dessen 
Schrecken der des Krieges noch leichte Bürde bedeutete! Zur Lösung all dieser Fragen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.