Volltext: Was wir vom Weltkrieg nicht wissen

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Hans (Barde 
Die Zriedensvorbereitungen für den rechtzeitigen Aufbau eines derartigen Be¬ 
fehls- und Meldeapparates waren aber leider nicht ausreichend. Zernsprech- und 
Zunkeinrichtungen genügten im Jahre 1914 keineswegs zur Sicherstellung eines 
schnellen und sicheren Nachrichtenverkehrs zwischen unserer Obersten Heeresleitung 
und den Armeeoberkommandos. Das Entstehen des Marnedramas ist zum Teil auf 
diesen Mangel zurückzuführen. 
Die Tankwaffe, das Erzeugnis feindlicher Technik, das uns zum Unheil wurde, 
war eigentlich schon im Zrieden bei uns erfunden worden. „Schon im Dezember 
1913", schreibt General v. Wrisberg in seinen Erinnerungen *), „hatte ein deutscher 
Erfinder der Gewehrprüfungskommission einen roh skizzierten Entwurf eines ge¬ 
panzerten Sturmwagens auf Raupenketten eingereicht, wenn dieser Entwurf auch 
zunächst weiter nichts als die Idee wiedergab, so hätte sich schon damals unter Heran¬ 
ziehung von Wissenschaft und Industrie und unter Ausnutzung der ebenfalls bei uns 
aus der Zachliteratur schon bekannten, amerikanischen Raupensgsteme ein brauch¬ 
barer Tank entwickeln lassen. Aber man erkannte damals das militärische Bedürfnis 
und den wert nicht an: Die Armee war auf kurze, wuchtige Schläge, aber nicht auf 
einen sich durch 4 Jahre hinziehenden Grabenkrieg eingestellt." 
Unsere Truppen, so vorzüglich für den schnell verlaufenden Bewegungskrieg ge¬ 
schult, waren im allgemeinen für den Stellungskampf mit seinen Eigenarten über¬ 
haupt nicht genügend ausgebildet. Die wenigen von unserer Infanterie und Artillerie 
abgehaltenen Übungen im Kampf um befestigte Zeldstellungen reichten nicht aus. 
Eingehender hatten sich wohl die Pioniere hiermit befaßt,' aber deren Iah! war, 
wie schon erwähnt, zu gering. 
Dem unterirdischen Minenkrieg, der in früheren Kriegen teilweise eine große 
Rolle gespielt hatte, schenkte man, als nicht mehr zeitgemäß, kaum noch Beachtung. 
Ähnlich war dies allerdings auch bei den Zranzosen. Einer ihrer Militärschriftsteller, 
de Thomasson, erwähnt, daß in vielen Regimentern die im Oktober 1913 eingetretenen 
Rekruten im August 1914 ins §eld gezogen seien, ohne eine Schaufel Boden bewegt 
und einen Schützengraben ausgehoben zu haben. 
* * 
* 
Wir haben gesehen, daß sich eine ganze Reihe von Unterlassungssünden in unserer 
militärischen Rüstung vor dem Kriege feststellen läßt, daß Deutschland also nicht so 
vorbereitet in den großen Lchicksalstampf gegangen ist, wie es möglich gewesen wäre. 
Klarheit hierüber ist notwendig, wenn in der Zukunft einmal die gleichen Kehler 
vermieden werden sollen. Durch diese Betrachtungen dürfen wir uns indessen nicht 
dazu verleiten lassen, das viele Gute zu unterschätzen, was in rastloser Zriedensarbeit 
bei uns geleistet wurde. Trotz aller Versäumnisse war das deutsche Heer von 1914 
doch das prachtvollste Kriegsinstrument, das die Welt je gesehen hat! 
') v. wrisberg, wehr und Waffen, Seite 159.
	        
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