Volltext: Der Weltkrieg

von der er schreibt: „Ich selbst habe mein Verhältnis zu General 
Ludendorsf oft als das einer glücklichen Ehe bezeichnet." 
Nach zwölfstündiger Fahrt erreichen die beiden Feldherren — 
der 67- und der 49jährige, ihr Hauptquartier Marienburg. Gleich 
darauf durchzucken wie elektrische Schläge die ersten Befehle die 
ohne Schuld durcheinandergeratene, schwer bedrohte Front. 
„Nicht mit einfachem Sieg", notiert sich in diesen Schicksalsstunden 
Hindenburg, „sondern mit Vernichtung müssen wir Samsonow sdie 
russische südliche Narewarmeej treffen. Denn nur dadurch bekommen 
wir freie Hand gegen Rennenkampf sdie russische östliche Njemenarmeel. 
Also ganzes Handeln! Dazu muß alles heran! Wir müssen es wagen! 
Hoffentlich gelingt es uns, Rennenkampf zu täuschen." 
So, daß der Russischbalte Rennenkampf dem eben erst aus Tur- 
kestan eingetroffenen Samsonow nicht zu Hilfe kommt! Ein Ge¬ 
danke von genialer Kühnheit und hellseherischer Kenntnis der 
zögernden russischen Seele. 
„Der Entschluß zur Schlacht", schreibt Ludendorff, „baute sich auf der 
Ansicht über die Schwerfälligkeit der russischen Führung auf, er war 
aber doch von ungeheurer Schwere." Während der ganzen Schlacht 
„stand Rennenkampfs gewaltige Armee wie eine drohende Gewitter¬ 
wolke im Nordosten. Er brauchte nur anzutreten, und wir waren 
geschlagen. Alle Männer, die Führermaßnahmen kritisieren, sollten erst 
Kriegsgeschichte lernen. Ich möchte ihnen wünschen, einmal selbst eine 
Schlacht leiten zu müssen. Sie würden vor der Größe der Aufgabe 
erschrecken und — bescheidener werden!" 
Also alles, was kämpfen konnte, heran — in Eilmärschen, sogar 
mit der Bahn über Königsberg—Preußisch-Eylau, nach dem äußer¬ 
sten Süden Ostpreußens, wo vorläufig, südlich von Tannenberg, ein 
einziges Armeekorps, nach Ludendorffs Worten als „umbrandeter 
Fels", wider die russische Narewarmee stand, mit dem Befehl, „sich 
in seiner Stellung bis zum letzten Mann zu halten". 
In geisterhafter Schnelligkeit, in ungeheuren Märschen, rückt es 
inzwischen von Nordosten, von Norden, nun schon von Westen, bald 
rings den Russen umklammernd, feldgrau, zur Schlacht von 
Tannenberg heran. Die Truppen leisten das Unmögliche, sie 
marschieren 50, sie marschieren 65 Kilometer in 24 Stunden. 
Hie Gottes Zorn und Hindenburg! Den Russen war es schon 
bei Beginn des Kampfs nicht geheuer. Ihr Generalstabschef sprach 
zu dem anwesenden englischen Militärattache von „einem bösen 
Abenteuer". 
Und es kam mehr als abenteuerlich. Nach 4 schweren, krisen¬ 
reichen Kampftagen konnte Ludendorsf der Obersten Heeresleitung 
telephonieren: „Die Schlacht ist gewonnen." Aber es wurde mehr 
als ein Sieg. 24 Stunden später war der feuerspeiende feldgraue 
Ring um die Russen geschlossen. 
81 
23. August 
1914, nachm 
23.—31. Aug. 
1914 
29. August 
1914, abends
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.