Volltext: Der Weltkrieg

lesens und Aktenkram gestattet: die Kriegstrauung. Viel 
junge Liebe — manchmal auch ein bißchen Leichtsinn — viel 
Freude in schweren Tagen — viel Leid. 
Denn da kommt eines Tages ein Feldpostbrief zurück, und hinten hat 
eine fremde Hand darauf vermerkt „Gefallen auf dem Feld der Ehre", 
und der Hauptmann schreibt aus dem Biwak einen Trostbrief, oder ein 
Kamerad überbringt die letzten Grüße des Toten. 
Und der Anzeigenteil der Zeitungen füllt sich mit den schwarzen 
Trauerrahmen um das Eiserne Kreuz und die Todesnachricht, bei der 
oft Charge und Truppenteil weggelassen werden muß, um dem Feind 
keinen Anhaltspunkt zu geben. Denn Deutschland wimmelt von Spionen, 
meist Angehörigen neutraler Mächte. 
Und die ersten langen, eng gedruckten Verlustlisten erscheinen. Frauen 
gehen in schwarzen Trauerschleiern. Da und dort hängen schwarze 
Flore zwischen dem Bunt der Siegesfahnen. Langsam legt sich der 
furchtbare Ernst des Kriegs über die Heimat. 
Sie kennt ihn nicht. Gott sei Dank! Der Krieg ist fern. Ab 
und zu feindliche Flieger seine einzigen Boten, namentlich in Süd¬ 
westdeutschland aus dem Wetterwinkel von Belfort heraus. Bon 
dort streifen sie durch die Rheinebene und suchen die Luftschiff¬ 
hallen in Friedrichshafen und in Oos bei Baden-Baden und die 
Brücke von Germersheim, und selbst in den Häusern um den Stutt¬ 
garter Zentralbahnhof wandern die Bewohner nächtens in den 
Keller. Der Eisenbahnknotenpunkt Frankfurt am Main, die stra¬ 
tegischen Brücken von Mainz, Koblenz, Köln sind durch die Flak — 
die in die Höhe drehbaren Flugabwehrkanonen — geschützt. Nur 
die Zeppelinhalle in Düsseldorf hat ein englischer Flieger schon 
gleich zu Anfang August zerstört, auf die Spur gebracht durch un¬ 
verantwortliches Kannegießörn auf der Hohen Straße in Köln. 
Aber das liegt alles in der Luft. Deutscher Boden ist — mit 
Ausnahme Mülhausens — frei. Da leuchtet es blutig im Osten auf. 
Ein Aufschrei aus Ostpreußen: die Kosaken kommen! 
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Tannenberg! 
Mit Feuer und Schwert fiel der Moskowiter in Ostpreußen ein. 
Ein großer Teil der russischen Truppen — vereinzelt sogar der 
Kosaken — hielt unter der scharfen Fuchtel ihrer Offiziere gute 
Manneszucht. Um fo greulicher wüteten — namentlich auf dem 
Rückzug — andere, besonders aus dem Osten und von jenseits des 
Ural stammende Horden. 
Alle Förster wurden nach einer Verfügung des russischen VI. Armee¬ 
korps „grundsätzlich ohne weiteres erschossen", 40 Bewohner des 
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