Sollte damit die Kriegsschuld wenigstens beglichen sein? Nein!
Das waren nur „Anzahlungen" als „Sicherstellung und An¬
erkenntnis" von Deutschlands Schuld. „In regelmäßiger Wieder¬
kehr schätzt ein sfeindlichers Ausschuß die Zahlungsfähigkeit Deutsch¬
lands ab und prüft das deutsche Steuersystem", zwecks steuerlicher
Erwürgung Deutschlands.
Dieser Ausschuß „ist an keine Gesetzgebung, keine bestimmten
Gesetzbücher, auch nicht an bestimmte Vorschriften gebunden". Er
konnte Deutschland Tribute auferlegen, solange und soviel er
wollte. Deutschland wußte also gar nicht, was es zu zahlen hatte!
Es wußte nur, daß es schon diese vorläufigen, der Vorstellungswelt
einer Gummizelle entsprungenen Summen niemals abarbeiten
konnte, also auf Menschenalter hinaus zum fruchtlosen Frondienst
für die Entente verdammt schien.
Das ganze linke Rheinufer und die rechtsrheinischen
Brückenköpfe, ebenso die Wiesbadener Stromschleife hielten
die Franzosen, Engländer, Belgier und Amerikaner auf viele Jahre
hin und auf Kosten Deutschlands mit ihren Truppenmassen besetzt.
In einer Reihe von Grenzgebieten — so in Schleswig, dem
Norden West Preußens, in Ost Preußen, Oberschle¬
sien, waren ordnungsmäßige Abstimmungen der Bevölkerung über
ihre künftige Staatsangehörigkeit vorgesehen, die nur bei dem An¬
fall der preußischen Kreise Eupen und Malmedy an Belgien
Scheinabstimmungen blieben. Aber daneben lief offener Länder¬
raub, wenn Leobschütz und Ratibor, das Hultschiner Länd-
chen nach Artikel 83 zur Tschechoslowakei und der Kreis R a m s -
l a u zu Polen geschlagen wurden. In Artikel 99 wurde Deutsch¬
land einfach von den „Hauptmächten" das Memelgebiet weg-
20. Februar genommen, die es dann später als Sonderstaat der Republik
1923 Litauen zuschanzten.
Die Provinz Posen und fast ganz We st Preußen fielen im
Versailler Vertrag ohne weiteres an Polen. Ein Zugang zur Ost¬
see war für Polen erwünscht. Also wurde Danzig als „Freie
Stadt" wirtschaftlich, außenpolitisch, zoll- und verkehrstechnisch an
Polen angegliedert und, als Verbindungsschlauch zu beiden Seiten
der Weichsel, der polnische „Korridor" geschaffen, der Ost¬
preußen vom Deutschen Reich trennt.
Im Saarbecken trat Deutschland die Kohlengruben an
Frankreich ab. Die Franzosen nahmen das Gebiet — unter der
Scheinkontrolle des Völkerbundes — in Ausbeutung und Verwal-
13. Januar 1935 tung. Erst nach 15 Jahren, am 13. Januar 1935, fand die denk¬
würdige Volksabstimmung über die Staatszugehörigkeit statt, in
der stch die Saarländer einmütig zu Deutschland bekannten, und
1. März 1935 am 1. März desselben Jahres wurde das Saargebiet endlich wieder
dem Deutschen Reich angegliedert.
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