Volltext: Der Weltkrieg

Und nun der letzte Dolchstoß aus Berlin .... 
„Zn der Tür, die zum Gesellschaftszimmer führt, wird ein Kopf sicht¬ 
bar", berichtet ein Augenzeuge, Oberstleutnant Alfred Niemann, „und 
eine bestürzte Stimme ruft: Mollen Euer Majestät die Gnade haben, 
einen Augenblick hinüberzukommen? 
Der Kaiser springt auf, der Kronprinz folgt. Ich gehe in den Speise¬ 
saal. Dort ist General v. Gontard soeben eingetreten, in den bebenden 
Händen ein Schriftstück. Schwer geht sein Atem, wie im Schüttelfrost 
klappern seine Zähne, und Tränen rollen über die Wangen: ,Man hat 
den Kaiser und den Kronprinzen abgesetzt? 
Redet der treue Mann in Fieberphantasten? Nein — da steht es 
ja schwarz auf weiß! 
Also ein Staatsstreich, dessen erster Streich eine offenkundige Lüge ist." 
Die Ohren würden der Hiobspost nicht trauen, wenn nicht drüben 
der Chef der Reichskanzlei Walter Simons, der spätere 
Reichsgerichtsprästdent, und dann der Reichskanzler selbst die 
Sprecher wären und die vollzogene Tatsache bestätigten. 
Die Folgen dieses Staatsstreichs sind nicht mehr gutzumachen. 
Die Beratungen: „Was nun?" werden in Spa von dem Kaiser und 
dem engsten Kreis seiner Vertrauten am Nachmittag fortgesetzt und 
bei Einbruch der Dämmerung, noch ohne festes Ergebnis, abge¬ 
brochen. Von einem Übertritt des Monarchen in das Ausland ist 
aber schon mehrfach die Rede. 
Diesen Entschluß, der Deutschland vielleicht den Bürgerkrieg 
erspart, faßt der Kaiser in der kommenden Nacht und begibt sich 
von Spa über die nur 30 Kilometer entfernte holländische Grenze. 
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Waffenstillstand 
5 deutsche Kraftwagen bahnen sich auf den zerfahrenen und zer¬ 
schossenen Landstraßen Frankreichs durch die zurückströmenden feld¬ 
grauen Stahlhelmfluten in Nacht und Novembernebel den Weg 
westwärts. Schon gleich bei der Ausfahrt aus Spa prallt das 
Führerauto gegen ein Haus und wird von dem folgenden Fahr¬ 
zeug gerammt. Aber das Schicksal will sich erfüllen: Matthias 
Erzberger, der Waffenstillstandsunterhändler noch der Kaiser¬ 
lichen Regierung, bleibt unverletzt und setzt mit seiner Stabskolonne 
von Offizieren, Dolmetschern und Stenographen die Reise fort. 
Kanonendonner. Man naht sich der Front. 2 deutsche Divisionen 
fechten hier. Sie sollten in voller Kriegsstärke je 12 000 Mann zählen. 
Die eine hat, nach den Mitteilungen des Kommandierenden Generals 
an Erzberger, noch 349 Mann unter Gewehr, die andere 437! Aber die 
Helden kämpfen . . - . . 
9. November 
1918 3 Uhr 
nachmittags 
geb. 1861 
1922—1929 
9. November 
5 Uhr nach¬ 
mittags 
9. November 
1918, seit 
mittags 
Nacht vom 
9./10. Novem¬ 
ber 1918, in 
den Morgen¬ 
stunden 
7. November 
1918 12 Uhr 
mittags 
399
	        
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