Volltext: Der Weltkrieg

fett 11. August 
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29. Oktober 
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Der Dolchstoß von hinten 
Zu Tode erschöpft, furchtbar gelichtet die deutschen Heere. Der 
Heldenmut kann den Krieg Hinhalten, aber nicht mehr wenden. 
Aber außer diesen feldgrauen Wellen zu Lande wölben sich auf den 
Wassern noch die schwimmenden Wälle Deutschlands, seine riesigen 
Schlachtpanzer. Sie sind seit fast 2V2 Jahren, seit den Donnern 
vom Skagerrak, bestückt, bemannt, kampfbereit, aber nicht zum 
Kampf verwendet! Sie sollen als künftiges Mittel zur Seegeltung 
den Krieg überdauern. Aber siegt jetzt der Feind zu Lande, so 
fällt ihm eine im Hafen ankernde Flotte vom Land aus sicher zur 
Beute. 
Ehe Deutschland die Waffen streckt, muß es seine letzte Waffe, 
seine durch die Rückkehr der U-Boote aus Flandern bedeutend ver¬ 
stärkte Kriegsflotte, dem Wagnis des Schlachtenglücks anvertrauen. 
Ein Sieg zur See entlastet im Augenblick die Kriegslage auf 
dem Land! Ohne sich viel uw das Wilsongezitter der Berliner Regie¬ 
rung zu kümmern, gü>t pflichtgemäß der Führer der Hochseeflotte 
in der Skagerrakschlacht, Admiral Scheer, jetzt Chef des 
Admiralstabs, dem Admiral Hipper, seinem Nachfolger, die 
Weisung: „Hochseestreitkräfte sollen zum Angriff und Schlagen an¬ 
gesetzt werden." Der Plan richtete sich gegen den Kanal. 
Auf der Reede von Wilhelmshaven sammeln sich die Ge¬ 
schwader. 
Ein unheimliches erstes Blitzlicht durch kommende deutsche Nacht: auf 
dem Kreuzer „Straßburg" löschen die Heizer die Kesselfeuer, gehen an 
Land, versuchen sogar das Schiff zu versenken. 
Die Flotte will nicht mehr kämpfen 
Auf den mächtigen Panzerkreuzern „Seydlitz", „Derfflinger", „von 
der Tann" werden die Kesselfeuer absichtlich niedrig gehalten, um das 
Auslaufen unmöglich zu machen. Viele Matrosen rudern ohne Urlaub 
an Land. Offener Aufruhr auf den Linienschiffen „Thüringen" und 
„Helgoland". 
Durchaus treu erproben sich kennzeichnenderweise diejenigen Schiffs¬ 
gattungen, die ständig draußen mit dem Feind in Fühlung geblieben sind: 
die U-Boote und die Torpedobootjäger. Diese Zwerge legen sich drohend 
um die rebellischen Niesen. Aber auf dem Festland sind sie machtlos. Dort 
bewegen sich lärmende Züge von ^meuternden Matrosen, Werftarbeitern, 
Hafenvolk, Weibern durch die Straßen. 
„Jedes Frauenzimmer wurde angepöbelt", schreibt der selbst revolu¬ 
tionäre Matrose Richard Stumpf, „auf den Fingern gepfiffen und ganz 
unglaubliche rote Tücher geschwenkt. Ein rotes Bettuch an einer langen 
Stange wurde als Fahne getragen. Es schien mir keine besondere Ehre, 
hinter diesem Schmutzlappen herzumarschieren." 
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