Volltext: Der Weltkrieg

Deutschland kann diesen Staaten seine starke Hand nicht ver¬ 
sagen, am wenigsten den von deutscher Kultur und deutscher Ober¬ 
schicht beherrschten 3 Ostseeprovinzen des Baltikums. Dessen 
Angliederung an das Reich bereitet die deutsche Politik von jetzt 
ab vor. 
Und damit wieder die Frage der Kriegsziele im Osten . . . 
Der Kampf wider den „Blutzaren", der schon am „Roten Sonn¬ 
tag" 9 Jahre früher vor seinem Petersburger Palast auf sein 
Volk hatte feuern lassen — das ging bei Ausbruch des Weltkriegs 
gerade dem Mann der Arbeit in Deutschland ein. Auch die Ab¬ 
wehr gegen den zweiten Ansturm von Osten — gegen die von 
westlichen Kapitalmächten aufgepeitschte kriegstolle liberale russi¬ 
sche Bourgeoisie der Miljukow und Genossen — ist für den Muni¬ 
tionsarbeiter und Bergmann, die Gewerkschaften, die schon stark 
rötlich angelaufene Etappe Nberzeugungssache. 
Aber nun ist doch in Rußland eine „Arbeiterregierung"! Dafür 
hält man in Deutschland, aus Unkenntnis der Verhältnisse, die 
Schreckensherrschaft einer Handvoll Bluthunde. Run ist doch, nach 
der Schwächlichkeit liberalen Berliner Denkens, mit Rußland 
„Friede". Das war doch das Ziel des ungeheuren Ringens, nicht 
das Gezimmer neuer Throne aus den Bordschwellen des Schützen¬ 
grabens! 
Es hätte einer ganz andern eisernen Hand im Samthandschuh 
bedurft, als sie den matten drei Kriegskanzlern zu Gebote stand, 
einer ganz anderen Schneidigkeit zivilen Denkens im Krieg statt 
der ewigen Vogelstraußpolitik in der Frage der Kriegsziele, wenn 
man dem deutschen Volk die eherne Notwendigkeit hätte klarmachen 
wollen, diese neuen kleinen Nandstaaten in ihrem eigenen wie im 
deutschen Interesse nicht schutzlos der furchtbaren Nachbarschaft 
Rußlands zu überlassen. 
Denn eigentlich ist Rußland jetzt, nach der Explosion seiner 
Unterwelt, ein gefährlicherer Nachbar denn je! Rußland lebt, 
trotz Brest-Litowsk, gar nicht im Frieden mit seinen neuen bürger¬ 
lichen Grenzländern, über die es in den nächsten Jahren schon 
wieder mit roten Bannern gegen Kiew und Warschau fluten wird. 
Es wird am Krieg nach außen nur durch den Krieg im Innern 
gehindert. 
Lenin und seinen „Volkskommissaren" beben in schreckensvoller 
Überraschung die blutbespritzten Marmorböden des Kreml unter 
den Füßen: überall lebt plötzlich wieder, kampfbereit wider den 
Bolschewismus, das alte heilige Rußland! Vom Kaukasus her 
marschiert General Anton Denikin mit seinen Weißen Gar¬ 
den nach der Krim. Admiral K o l t s ch a k sammelt ein Heer in 
Sibirien. Dicht bei Petersburg dröhnen bereits die Geschütze des 
Generals RikolaiIudenitfch. Bei Zarizyn ruft der Schrift¬ 
Frühjahr 181» 
22. Januar 
1905 
1919/1920 
geb. 1872 
August 1918 
geb. 1874, v. 
o. Volschew. 
erschossen 1920 
geb. 1862 
327
	        
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