Volltext: Unteilbar und untrennbar (1,1919)

halten. Gestützt auf mein Recht und im Vertrauen auf den 
Allmächtigen habe ich den von Unfern gemeinsamen Feinden 
aufgedrängten Kampf angenommen. Ich kann Euer Majestät 
versichern, daß ich meinerseits die lebhafteste Befriedigung 
darüber empfinde, meine Heere mit den glorreichen Heeren 
Österreich-Ungarns und Deutschlands für die Verteidigung 
Unfrer heiligsten Rechte kämpfen zu sehen. Ich habe die feste 
Hoffnung, daß der Allerhöchste die heilige Sache der Ge- 
rechtigkeit durch den Sieg Unfrer Heere triumphieren lassen 
wird. Ich lege Wert darauf, Euer Majestät meine große 
Bewunderung für die ruhmvollen Taten Ihrer Heere aus-- 
zudrücken, und ich empfinde die aufrichtigsten Wünsche für 
Unfre gemeinsamen Erfolge. 
M e h m e d V." 
23) Kriegserklärung des Sultans. 
„Am 29. Oktober hat in dem Augenblick, wo ein Teil 
der ottomanischen Flotte im Schwarzen Meer Manöver vor-- 
nahm, ein Teil der russischen Flotte, der, wie später be-- 
kannt wurde, in Bewegung gesetzt worden war, um am 
Eingang des Bosporus Minen zu streuen, die Manöver ge- 
stört und ist unter Verübuug eines Aktes von Feindseligkeit 
gegen die Meerengen vorgerückt. Die kaiserliche Flotte nahm 
den Kampf an. 
Die ottomanische Regierung hat sich jedoch angesichts 
dieses bedauerlichen Ereignisses an die russische Regierung 
gewendet und die Einleitung einer Untersuchung vorgeschlagen, 
um die Ursachen des Ereignisses klarzustellen und auf diese 
Weise die Neutralität zu erhalten. Die russische Regierung 
hat jedoch, ohne auf dieses Ersuchen eine Antwort zu erteilen, 
ihren Botschafter abberufen und die Feindseligkeiten begonnen, 
indem sie ihren bewaffneten Streitkräften den Befehl erteilte, 
die Grenze von Erzerum an verschiedenen Punkten zu über- 
schreiten. Während dieser Zeit beriefen die englische und die 
französische Regierung ihre Botschafter ab und begannen 
effektiv die Feindseligkeiten, indem sie die englisch-französische 
Flotte gegen die Dardanellen und die englischen Kreuzer 
gegen Akaba feuern ließen. Da diese Mächte sodann erklärt 
haben, daß sie sich mit der ottomanischen Regierung im 
Kriegszustände befinden, ordne ich, auf den Beistand des 
Allmächtigen vertrauend, die Kriegserklärung an die ge-- 
nannten Staaten an." 
Der Jrade ist vom Sultan und sämtlichen Ministern ge-- 
zeichnet. 
24) Sitzung des ungarischen Magnatenhauses. 
Budapest, 24. November 1914. 
Das Magnatenhaus trat um 4 Uhr nachmittags zu einer 
Sitzung zusammen. Zunächst gelangte das Allerhöchste 
Handschreiben betreffend die Einberufung des Reichstages 
zur Verlesung, das vom Hause stehend angehört wurde. 
Der Präsident Baron I 0 s i k a hielt sodann folgende 
Ansprache: „Inmitten eines in seinen Dimensionen alle bis- 
herigen überragenden Weltkrieges hat uns für eine Zeitlang 
das soeben verkündete königliche Wort wieder zu gesetz-- 
geberischer Arbeit berufen. Millionen der Völker stehen auf 
verschiedenen Schlachtfeldern im Kampf auf Leben und Tod 
einander gegenüber, und wir alle fühlen es, daß im strengsten 
Sinne des Wortes in diesen historischen Zeiten, in diesen 
Unteilbar und Untrennbar. I. 
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Kämpfen die Lebenskraft dieser Doppelmonarchie und inner-- 
halb derselben unsrer Nation auf die Probe gestellt wird. 
Wir haben diesen Waffengang nicht gesucht, nicht uusre 
Schuld ist es, daß wir diesen Kampf aufnehmen mußten in 
dem Augenblick, in welchem die Ereignisse dies zu einer Frage 
unsrer nationalen Ehre machten. Der Ausgang des Kampfes 
liegt in der Hand der göttlichen Vorsehung, welche die Schick-- 
fale der Völker leitet. Aber auf zwei große Ereignisse und 
überwältigende Zeugnisse können wir uns schon jetzt mit er-- 
hebendsten Gefühlen berufen, auf die erhebende Manifestation 
unsrer nationalen Einigkeit und unfres Zusammenhaltens, 
womit wir dem Rufe unfres Königs, des friedfertigsten 
Herrschers, gefolgt sind, und auf die den heiligsten Traditionen 
würdige, keinerlei Hindernisse und keine Schwierigkeit kennende 
patriotische Begeisterung und Selbstaufopferung, mit welcher 
unfre heldenmütigen Soldaten auf den Schlachtfeldern ihre 
Pflicht erfüllen. (Lebhafter Beifall.) Diese beiden erheben- 
den Erfahrungen bilden eine unerschöpfliche Quelle sowohl 
uusres Selbstgefühls wie unfres Vertrauens. (Lebhafter 
Beifall.) Mit diesem Selbstgefühl und Vertrauen erhebe sich 
unfre Seele in diesem Augenblick zu unserm greisen König, 
dem am Abend eines von unablässig dem Wohle seiner 
Völker gewidmeter, segensreicher Arbeit erfüllten langen 
Lebens das Schicksal die schwerste der Herrschersorgen be- 
schieden hat. (Langanhaltende begeisterte Eljenrufe.) Seine 
erhabene Person mit der Anhänglichkeit ehrfurchtsvoller 
Huldigung umgebend, flehen wir zur göttlichen Vorsehung, 
sie möge ihn die glückliche Beendigung dieses welterschüttern- 
den Kampfes ehestens erleben lassen. An der Seite unfres 
treuen, großen Verbündeten im endgültigen Siege unsrer 
auch bisher mit so viel Ruhm kämpfenden Waffen. (Begeisterte 
Eljenrufe.) Ich erbitte die Zustimmung der geehrten Magna- 
ten, diese in den schicksalschweren Zeiten mit doppelter Kraft 
der Brust unser aller entspringende homagiale Huldigung 
durch den Herrn Ministerpräsidenten an die Stufen des 
Allerhöchsten Thrones Seiner Majestät gelangen zu lassen 
und unfern Dank für seine heldenmütige Armee sowie unser 
unerschütterliches Vertrauen zu deren weiteren Erfolgen in 
einem an den Oberkommandanten der bewaffneten Macht, 
Seine k. u. k. Hoheit dem Herrn Erzherzog Friedrich im 
Namen des Hauses zu richtenden Begrüßungstelegramm 
verdolmetschen zu dürfen. 
„Seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit Herrn Erz- 
herzog Friedrich, Oberkommandanten der bewaffneten Macht, 
Hauptquartier. 
Die dem Rufe Seiner kaiserlichen und königlichen Aposto- 
lischen Majestät folgend, am heutigen Tage wieder ver- 
sammelten Mitglieder des Magnatenhauses übermitteln 
unter der Wirkung des in seinen Dimensionen beispiellosen 
und an hehren Beispielen der militärischen Tugenden so 
reichen Kampfes, den unfre unter dem obersten Kommando 
Euer kaiserlichen und königlichen Hoheit stehenden Truppen 
mit einem selbst vom Feinde anerkannten aufopfernden 
Heldenmut führen, mit der ganzen Wärme ihrer Begeisterung 
und ihres patriotischen Stolzes unsern tapferen Soldaten 
den Ausdruck ihrer Bewunderung und Dankbarkeit und die 
Äußerung ihres unentwegten Vertrauens, daß ihre Schulter 
an Schulter mit unserm treuen und großen Verbündeten auch 
bisher so ruhmreich geführten Kämpfe durch den endgültigen 
glänzenden Sieg der gerechten Sache gekrönt werden. In- 
dem wir diese Gefühle der Mitglieder des Magnatenhauses 
vor Euer kaiserlichen und königlichen Hoheit mit huldigender 
Ehrfurcht verdolmetschen, flehen wir Gottes Segen auf das 
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