Volltext: Unteilbar und untrennbar (1,1919)

Die Schlacht bei Limauowa—Lapanöw. 
in der Zurückdrängung des Feindes von Krakau und in der 
im Laufe der Verfolgung auf 30000 angewachsenen 
Gefangenenzahl liegt, sondern in der endgültigen Abwehr 
des gefährlichen Vorstoßes der russischen Dampfwalze gegen 
Mitteleuropa, da sie nun, gleichzeitig im Norden bei Lodz 
geschlagen, ein beträchtliches Stück zurückrollen mußte, 
ist um so höher anzuschlagen, als ihn Truppen erfochten, 
die nach zwei schweren Feldzügen eben wieder aus einer 
blutigen Schlacht kamen und bei der Infanterie nach den 
vorangegangenen Verlusten so niedere Stände aufwiesen, 
daß eine Infanteriedivision nicht stärker als ein Regiment 
auf Kriegsstärke war. Mit dieser Dezemberschlacht erlangte 
unsere Armee das entschiedene moralische Übergewicht, der 
Feind verlor den Vorteil der Initiative. 
Wer den Verlauf kriegerischer Geschehnisse, vom Auft 
blitzen des Gedankens, vom Keimen im Gehirn bis zur Um-- 
setzung in Tat und zur endgültigen Vollendung mitdenkt, 
wer das wechselvolle Panorama der Aufmärsche, der Gefechte, 
Rückschläge, Umzingelungen, Schlachten, Stürme, der Siege 
oder Niederlagen, kurz, bloß die wie mit Riesenhand gezogenen 
Umrißlinien auf der lebendigen Landkarte, hoch über der 
Sache schwebend, aus der Ädlerperspektive zu beobachten 
vermag, der kann den Krieg mit jenem Hochgefühl erleben, 
den jede schöpferische Idee und jede weitausholende Tat — 
mag sie nun zerstörend oder wohltätig sein — im Menschen 
unausbleiblich löst; er wird ihn — durch Distanz all seiner 
Schmerzhaftigkeit entkleidet — als ästhetischen Genuß emp-- 
finden, und er wird sich in Bewunderung vor dem Geiste 
beugen müssen, der in Anpassung des zwingenden Erfordere 
nisses gigantisch anwächst, der Millionen lenkt, Armeen schiebt, 
Armeen ins Feld und aus dem Felde wirft, wie der Spieler 
auf dem Brett die leblose Figur. 
Die Vergleichung fällt zu Ungunsten des Spielers aus. 
Der Meister auf dem Schachbrett kennt die Möglichkeiten 
seiner Figuren und die ihnen innewohnende Kraft ganz genau; 
er weiß, welchen Dienst er vom Turm, vom Bauer, vom 
Rössel erwarten darf, — die eiserne Regel der Materie aber, 
der er selbst das Leben gibt, kann keinerlei Gefühl, keine 
Wallung des Blutes, kein Erdbeben sprengen. Der große 
Feldherr andererseits kennt nur die Unsicherheit der 
Realitäten, mit denen er hantiert. Sein „Bauer" ist eine 
Kompagnie, ein Bataillon, ein Regiment. Und Bataillone 
sind aus Menschen zusammengesetzt, und das Gemüt der 
Menschen ist labil. Auch im Kriege himmelhochjauchzend und 
zu Tode betrübt. Wohl bildet seine Masse eine Einheit, wohl 
ist sie leitbar, als hätte sie zwei Beine nur und ein Gewehr, 
wohl schmilzt im Feuer des Feuers die Truppe zu einem 
Willen und zu einem Wesen — aber die Heere umschwelt 
immer das Gespenst der Stimmung, der Suggestion, ein 
böses oder gutes Fluidum von Imponderabilien. Immer. 
Trotz eiserner Zucht und stahlharter Kriegserprobtheit. 
Umsomehr: aus Adlerperspektive gesehen, mag der Krieg 
ein ästhetischer Genuß sein. Und wer ihn „führt" ist einem 
Künstler, einem Schöpfer gleichzustellen. Das tiefe Wort 
vom „Erkennen", das die Bibel zuerst in seiner Tiefe gebraucht 
hat, gilt auch hier. Das begrenzte Geschehen mag mit Recht 
hart, grausam, mörderisch gewertet werden, wer jedoch das 
Ganze wahrhaft erkannt hat, wer sich in seinen Plan versenkt, 
sich von ihm durchfluten läßt, die Beziehungen aufsucht, 
dem Sinne der Verästelungen nachspürt, wer in Handlungen 
den Einfluß und Zusammenhang geistiger Energien entdeckt 
und geistige Energien bis zu ihren furchtbaren und bedeutungs- 
vollen Fernwirkungen verfolgt, der wird sein Urteil mit 
einem anderen Maße ausdrücken; der wird auch das aus 
Urinstinkt quellende Glücksgefühl des Herrn und Meisters 
erkennen und wird die Lust ahnen, die alle großen Führer 
der Armeen zu ihrem Handeln aufgestachelt hat; alle jene 
Lenker der Staaten und Nationen, die von der Notwendig- 
keit der Kriege durchdrungen waren, die an das Naturgesetz 
vom ewigen Kampfbedürfnis der Menschen geglaubt und 
auf dieser Basis bauend Völkerschicksale geschmiedet haben. 
Auf die Höhe der Perspektive kommt es an, aufdie Distanz, 
von welcher aus man Wollen, Ding und Ereignis anblickt. 
Die Wunde eines einzelnen Soldaten kann schauererregend, 
gräßlich sein, der Schmerz einer ganzen Nation ist erhaben 
und groß. Ein Feigling, der Reißaus nimmt, ist verächt- 
lich, lächerlich, der Rückzug eines geschlagenen Volkes in 
Waffen ist erbarmungswürdig. Der Bajonettstich, der 
dem Feinde den Leib aufschlitzt, ist eine Grausamkeit, der 
„Stoß--ins-Herz" einer Armee ist eine Tat der Weltgeschichte. 
Vertreibung der Russen aus Nordungarn. 
(8. bis 12. Dezember.) 
Am 7. stellte sich die 3.Armee zur Offensive bereit: Division 
GM. v. Korn haber im Räume Muszyna—Tylicz-— 
Krynica zur Deckung des konzentrischen Angriffes des linken 
Armeeflügels gegen Bartfa; Brigade GM. v. Na g y, von 
welcher bis 8. früh nur vier Bataillone verfügbar waren, bei 
Leluchvw zur Vorrückung im Tapolytale, 6. Division des 
III. Korps und östlich davon das IX. Korps zum Angriff 
von Süden gegen Bartfa; 28. Division und halbe 22. Land-- 
wehrdivision unter dem 3. Korpskommando im Anschluß 
östlich zur Vorrückung gegen Felsökomarocz und Ortuto; 
andere Hälfte der 22. Landwehrdivision und VII. Korps 
beiderseits der Ondava gegen Sosfüred und Sztropkö. 
Die Gruppe K r a u t w a l d befand sich bereits im Angriff 
auf den bei Okröske eingegrabenen Feind. 
Der Angriff schritt am 8. überall günstig vor. Die Höhen 
bei Bartfa waren nur mit Nachhuten besetzt, die bald geworfen 
wurden. Ähnlich ging es auch bei der Mitte der Armee. Nur 
gegenüber der Gruppe K r a u t w a l d leistete der Feind in 
ansehnlicher Stärke Widerstand, benützte aber die Nacht zum 
Rückzug. Offenbar hatte der Vorstoß im Laborczatale und die 
langwährende Verteidigung nur bezweckt, den Abtransport 
des russischen XXIV. Korps zu decken. Am y. wandte sich die 
Gruppe FML. Szurmay gegen Nordwesten, um möglichst 
bald Neu-Sandez zu erreichen. Im Gewaltmarsch gelangte 
die Brigade GM. v. N a g y über Tylicz hinaus nach Nowa-- 
Wies, die Division Kornhaber östlich davon nach Ezyrna. 
Die 6. Division rückte der ersteren auf der Straße über Tylicz 
nach. Das IX. Korps besetzte mit seinen Vortruppen die 
Höhen nördlich Zboro, das III. Korps mit der 28. Division 
Efarno, mit der 22. Landwehrdivision Ortuto und Sosfüred. 
Das VII. Korps zog vormittags in Sztropko ein, die 1. und 
5. Kavalleriedivision erreichten Jobbos—Hegyescsaba.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.