Volltext: Unteilbar und untrennbar (1,1919)

Mobilisierung 
Die bekannte Entwicklung der politischen Lage Ende Juli 
1914 stellte die Heeresleitung der Monarchie vor die schwierige 
Frage des Krafteinsatzes nach zwei Fronten. 
Wohl waren die Vorbereitungen angesichts der Wahr- 
scheinlichkeit eines Krieges gegen mehrere Feinde schon seit 
einer Reihe von Jahren für alle erdenklichen Fälle getroffen; 
als nun aber am 25. Juli Serbien mit der Ablehnung 
des österreichisch-ungarischen Ultimatums vorerst allein auf 
den Plan trat und zumindest der Zeitpunkt des Eingreifens 
anderer Mächte noch ungewiß blieb, gebot die militärische 
Einsicht, ohne Verzug soviele Kräfte auf den südöstlichen 
Kriegsschauplatz zu werfen, als für einen raschenSchlag 
gegen den einen nach seinen Leistungen im Balkankrieg 
hoch einzuschätzenden Feind und zur Niederhaltung seines 
vermutlichen Verbündeten in den Schwarzen Bergen 
notwendig zu sein schienen. Diesen Krafteinsatz löste der 
noch am 25. Juli abends ergangene Befehl zur t e i l w e i s e n 
Mobilisierung für den Balkankriegsfall aus. 
So wurden die größtenteils aus den Truppen Bosniens 
und der Hercegovina und Süddalmatiens bestehende 6., 
dann die 2. und 5. Armee, zusammen etwa zwei Fünftel 
unserer gesamten Wehrmacht, für den Kampf im Südosten 
bestimmt. 
Die Massentransporte für den Balkankriegsfall be-- 
gannen planmäßig in der Nacht vom 3. auf den 4. Mobili-- 
sierungstag, also vom 30. auf den 31. Juli. Diesen Trans- 
Porten gingen natürlich die mit dem Eisenbahnaufmarsch so 
nd Aufmarsch. 
starker Kräfte verbundenen Verschiebungen des rollenden 
Materials voraus, die es hauptsächlich bedingten, daß erst 
der 28. Juli als 1. Mobilisierungstag festgesetzt werden 
konnte. 
Als der gewaltige Strom dieser Aufmarschbewegung in 
die Richtung gegen die politischen und strategischen Vorhuten 
Rußlands auf dem Balkan gelenkt war, führte der Konflikt 
mit dem mächtigen Beschützer dieser Staaten zum vollen 
Bruche und am 31. Juli mittags zum Befehle der all-- 
gemeinen Mobilisierung für den nun 
treteuen Kriegsfall mit Rußland. 
Als 1. Tag für diese Mobilisierung wurde der 4. A u g 
bestimmt; zwei Tage früher jedoch trat mit der Alarm 
rung der Truppen des Grenzgebietes schon 
die Sicherung des Aufmarschraumes in Kraft. Dank der 
getroffenen Vorsorgen gelang es dem Gegner an keiner 
Stelle, die planmäßige Versammlung unserer Streitkräfte 
irgendwie zu stören, obwohl er gemäß seiner langge-- 
hegtenübersallsabsichteninder Mobilmachung, 
wie sich bald zeigte, einen erheblichen Vorsprung 
erreicht und schon in den letzten Juli-- und 
ersten Augusttagen größere Truppenver-- 
bände an die galizische Grenze geschoben 
hatte. 
Nach allen Anzeichen, Berechnungen und Nachrichten war 
es sehr wahrscheinlich, daß sich die Hauptmassen des 
russischen Heeres unter Freigabe Polens westlich der Weichsel
	        
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