Volltext: Unteilbar und untrennbar (1,1919)

Karl v. Müller, 
der „Emden". 
Der Seekrieg 1914. 
aber mit den Mannschaften der versenkten Schiffe nach einem 
indischen Hafen sandte. Nach englischer Schätzung beläuft 
sich der bis 1. Oktober durch „Emde n" angestiftete »»mittel; 
bare Schaden auf etwa 24 Millionen Kronen. 
Am 24. Oktober wurde von der englischen Admiralität 
bekannt gegeben, daß sage und schreibe! siebzig 
britische, japanische, französische und 
russische Kreuzer in den drei Ozeanen auf die deutschen 
Kaperschiffe Jagd machten. Diese Stelle erklärte die bis-- 
herigen Mißerfolge mit der gewaltigen Ausdehnung der zu 
überwachenden Seeräume. In der englischen Presse wurde 
lebhaft über die Ohnmacht Englands zur See geklagt. 
Man warf der englischen Admiralität vor, nicht genügend 
für den Handelsschutz durch den Bau von schnellen Kreuzern 
vorgesorgt zu haben. Die englisch;indische Presse 
wieder stellte Berechnungen auf, in 
denen derSchaden, den die „E m d e n" 
durch die Unterbindung des Schiffs-- 
Verkehrs angerichtet hat, auf 68 bis 
72 Millionen Kronen beziffert ward. 
Rechnet man den durch die Ver; 
senkuug von Schiffen bewirkten 
Schaden hinzu, so kommt man auf 
die Summe von rund 100 Millionen 
Kronen. 
Doch die „Emde n" blieb trotz; 
dem keineswegs untätig. Am 27. 
Oktober versenkte sie den großen 
japanischen Dampfer „K 0 m a s a t 0 
Maru" mit einer wertvollen Ladung, 
woraufhin die japanischen Schiff- 
fahrtsgesellschaften den Verkehrznach 
Singapore einstellten. Zwei 
Tage später gelang es der „Em- 
d e n", ihren besten, leider aber auch 
den letzten Streich auszuführen. Der 
kleine deutsche Kreuzer, der sich 
durch Anbringung eines 
vierten Schornsteins un; 
kenntlich gemacht hatte, 
näherte sich der in den Straits; 
Settlements befindlichen großen 
Hafenstadt P u l 0 P e n a n g, wo; 
hin sich eine bedeutende Anzahl von 
Handelsschiffen geflüchtet hatte. Im 
selben Hafen lag auch der russische 
Spähkreuzer „Zemtschng" und der große französische 
Torpedobootszerstörer „M0 us q net", die beide zur Ver; 
folgung der „E m d e n" aufgeboten worden waren. Anfangs 
wurde der deutsche Kreuzer für ein japanisches oder englisches 
Schiff gehalten. Der Irrtum wurde erst entdeckt, als zwei 
Torpedos heranrauschten, von denen der eine den „Z e 
tschu g", der andere den „M 0 u s q u e t" traf und in die 
Luft sprengte. Bald darauf sollte aber die so ungemein er; 
folgreiche Laufbahn der „Emde n" in hartem Kampf ein 
rühmliches Ende finden. 
Das tapfere deutsche Schiff war davon unterrichtet, daß 
eine ungeheuere Flotte feindlicher Kreuzer nach ihm auf der 
Jagd begriffen sei; es mußte sich daher besonders angelegen 
sein lassen, jede Möglichkeit einer Benachrichtigung seiner 
Verfolger über den augenblicklichen Aufenthaltsort zu ver; 
hindern. Solche Mittel sind in erster Linie Kabel; und Funken; 
siationen. Ein wichtiger Knotenpunkt des englischen Nach; 
Fregattenkapitän 
Kommandant 
richtennetzes in diesen Gegenden sind nun die K 0 k 0 s; 
oder Keelinginseln, die auf ungefähr 12 Grad 
Südbreite und 97 Grad Ostlänge von Greenwich liegen. 
Es ist eine Gruppe kleiner Atolle, auf deren größtem sich 
eine Funkenspruchstation und die Landungsstelle zweier Kabel 
befinden, von denen eines nach Perth in Australien, 
das andere über Rodrignez, Mauritius und die 
S e y ch i l l e n nach Sansibar, von da nach Aden 
geht. Durch Zerstörung der beiden Kabel und der Funken; 
station wäre ein großer Teil des östlichen Indischen Ozeans 
für den Aufenthalt der „Emde n" ziemlich sicher gemacht 
worden. Der deutsche Kreuzer begab sich also dorthin, schiffte 
eine etwa 50 Mann starke Landungsabteilung unter Führung 
des ersten Offiziers, Kapitänleutnants von Mücke, an Land 
aus mit der Aufgabe, diese englischen Nachrichtenmittel zu 
zerstören. Während 'dies geschah, 
erhielten die in der Nähe befindlichen 
Kreuzer der australischen Marine 
„Mel b 0 u r ne" und „S i d n e y" 
—beide wesentlich stärker und schneller 
wie die „E m d e n" — den Befehl, 
dem deutschen Schiffe die Rückfahrt 
abzuschneiden. Nun entspann sich 
ein höchst ungleicher Kampf. Die 
„Sidney" war nÄmlich ein doppelt 
so großer australischnndischer Kreuzer 
mit erheblich schwerer Bewaffnung. 
Der Gegner schoß schnell, aber sehr 
schlecht, die „Emde n" war zwar 
bald eingeschossen, aber ihre Salven 
konnten gegen den starken Panzer 
nicht aufkommen. Ngch einer Viertel; 
stunde hatte die „Emde n" einen 
Schornstein verloren und brannte 
hin^rschiffs. Trotzdem ließ sie vom 
ÄnAiff nicht ab. Sie stieß viel mehr 
zum Torpedoschuß auf den Gegner 
zu, und verlor hiebei den vorderen 
Mast. Das Gefecht dauerte von früh 
9 Uhr bis spät abends. Das letzte, 
was Kapitänleutnant von Mücke, 
dem es gelungen war, sich mit seinem 
Landungskorps auf der Insel zu ver; 
bergen, noch festzustellen vermochte, 
war, daß „Emden" östlichen Kurs 
steuerte und „Sidney" mit hoher 
Fahrt auf sie zuschoß. Mücke sah schließlich ausder „S i d n e y" 
eine starke Explosion stehen, scheinbar von einem Torpedo; 
treffer der „Emde n" herrührend. „S i d n e y" brach das 
Gefecht ab und dampfte nach Westen, die „Emde n" nach 
Osten. Beide Schiffe verschwanden. 
Die englische Darstellung, das Gefecht habe nur eine 
Stunde gedauert, ist offenbar unwahr. Mü cke glaubt, daß 
auch die „S i d n e y" nicht mehr schwimme. Da der große 
englische Kreuzer „M i n 0 t a n r" und ein japanischer Kreuzer 
in der Nähe der Insel waren, ist vielmehr anzunehmen, daß 
eines von diesen Schiffen die „Emde n" am nächsten Tage 
zusammengeschossen habe. < 
Insgesamt hat dieser Kreuzer im Verlaufe seiner kühnen 
Streifungen 23feindliche Schiffe zur Strecke gebracht, bevor 
ihn das Schicksal erreichte. Von der Besatzung, die anfangs 
Zio Mann zählte, sind 93Mann, 24 Unteroffiziere, 4 Deck; 
offiziere bei dem letzten Kampfe gefallen, der Rest wurde teils
	        
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