Volltext: Unteilbar und untrennbar (1,1919)

Der Seekrieg 1914. 
eingestellt, wahrscheinlich weil wir einige von ihnen verletzt 
hatten. Wir schwenkten links ein und nun liefen wir über 
den Berg hinunter, abermals bis zur Nacht. Es bot sich uns 
eine günstig gelegene Steinhöhle, in der wir den Mond-- 
anfgang abwarteten. Von neuem rodelten wir dann eine 
halbe Stunde abwärts. Bei einer Schlucht angelangt, wußten 
wir nicht mehr, wo ein und aus. Nach längerem Suchen 
fanden wir, schwer erschöpft, endlich einen Fußweg, der uns 
seitwärts, links zum Drin brachte. In den dort gelegenen 
Hütten war es bereits ruhig und das Licht ausgelöscht, da es 
bereits Mitternacht war; dies berechneten wir nach dem Monde, 
da keiner von uns eine Uhr hatte. Die Nacht war so stark 
vom Mond durchleuchtet, daß wir alles wahrnehmen konnten. 
Es entging uns deshalb auch nicht ein naher Krautacker, bei 
dem wir Halbverhungerten etwas von dem grünen Zeug 
hinunterschluckten. Darauf waren wir nach der Suche 
nach einem Heuschober, stießen aber auf einen Holzhaufen, 
richteten uns den 
zurecht und schlie¬ 
fen bis 4 Uhr früh. 
Wir setzten dann 
den Marsch fort 
und kamen zu 
einer 
uns 
den 
Von 
Flucht 
Hunger ganz er-- 
schöpft, da wir 
schon drei 
keinen 
Bissen mehr 
gessen hatten — 
boten wir unsere 
letzten Kräfte auf, 
um ein Haus zu 
erreichen, das am 
Fuße des Berges 
gelegen war und 
bewohnt zu sein 
schien. Zu unserer 
größten Freude 
waren wir schon in Albanien und überdies in einer Hütte eines 
albanischen Malisoren. Wir küßten uns gegenseitig vor Freude. 
Die braven Leute bewirteten uns fürstlich: Kaffee, Milch, Käse 
und Brot wurde serviert. Letzteres wurde für uns eigens gebacken. 
Wir ließen Österreich und Albanien hochleben. Nach einigen 
Stunden hatten wir uns so weit erholt, um die Reise fort-- 
zusetzen. In Begleitung eines Skipetaren ging es durch 
Patrouillen hindurch nach S k u t a r i. Überall hieß man uns 
bei den Albanesen willkommen und bewirtete uns bestens. 
Nach einem Tagmarsch waren wir schon in der Hauptstadt 
Nordalbaniens. Eine große Menschenmenge umringte uns 
und albanische Gendarmen brachten uns auf unser Konsulat, 
wo wir> das langentbehrte Porträt Kaiser Franz Josefs unter 
großen Freuden wiedersahen. Vom Konsul herzlich begrüßt 
und ins Hotel Europa zu einem Mittagsmahl eingeladen, 
erholten wir uns rasch von unseren Strapazen. Wir erhielten 
auch alle Kleider. Wie wir nachträglich erfahren haben, sind 
die beiden anderen Kameraden, die sich unterwegs von uns 
abgetrennt haben, leider in montenegrinische Hände geraten 
und sie befinden sich noch jetzt in Podgorica im Kerker. 
Wir rufen aus tiefstem Herzen so wie wir die „Zenta" ge- 
grüßt haben: Hoch Österreich!" 
Rudolf S t u ch l i ck, Anton Wagner, 
Matrosen 1. Klasse S. M. S. „Zenta". 
Diese schlichten, aller Ruhmredigkeit baren Erzählungen, 
muten vor allem deshalb so erhebend an, weil sie in der Tat 
ein wahrhaft rührendes Zeugnis davon ablegen, wie streng und 
selbstverständlich bei unseren Matrosen die Pflichtauffassung 
ihres Fahneneides in allen Lebenslagen ist. 
Stets ist es der Gedanke an das Vaterland, den Aller-- 
höchsten Kriegsherrn und den eigenen Kommandanten, an 
die übernommenen Dienstobliegenheiten und deren bestmög-- 
lichste Durchführung, die alle diese Heldensöhne Österreich-- 
Ungarns aus tiefstem Herzen erfüllt. 
Mit solchen Bemannungen wird unsere Flotte wohl stets 
auf der Höhe ihrer Aufgaben stehen, auch wenn über- 
mächtige Gegner 
ihnen um ein 
noch so imponie-- 
rendes Vielfache 
an roher Kraft 
und technischer Ge- 
walt überlegen sein 
mögen. ? 
Bei der im 
ganzen etwa 40 
Schiffskiele zäh-- 
lenden englisch-- 
französischen Flotte 
hatte sich indessen 
der Mangel einer 
nahen Operations- 
basis empfindlich 
geltend gemacht. 
Der nach Heim-- 
kehr des Vize-- 
admiral M i l n e 
mit dem Oberbefehl 
über die vereinigten 
englisch-französischen Seestreitkräfte betraute französische Vize-- 
admiral Bous de Lapeyröre beschloß daher, sich die 
Einfahrt in die B 0 c ch e d i E a t t a r 0 zu erzwingen, um 
dort einen Stützpunkt für seine weiteren Unternehmungen 
zu gewinnen. Er mag sich dies vielleicht etwas zu leicht 
vorgestellt haben. Denn als er am 21. August vor Spitze 
O st r 0 erschien, und die Werke der Seefront zu beschießen 
begann, so genügten einige schwere Granattreffer der Küsten-- 
batterien, um ihm diesen Plan gründlich zu verleiden. Hiebei 
war auch ein französischer Zerstörer auf eine Mine des Außen-- 
feldes geraten und stark beschädigt worden. Vizeadmiral 
B 0 u e ließ sich dies gesagt sein und dampfte schon nach 
i'A Stunden gegen Süden ab, um sich lieber auf dem 
griechischen Festlande im Kanäle von Korfu den be- 
nötigten Aufklärungsstützpunkt zu schaffen. Von hier aus 
bewachte die Koalition die engere Passage von O t r a n t 0, 
die nur mehr für neutrale Schiffe, Italiener und Griechen, 
praktikabel blieb. Auf diesem Wege erhielten wir dann zu 
Trieft und Fiume viele wertvolle Zufuhren an Ge-- 
treibe, Baumwolle und anderen südländischen Bodenprodukten,
	        
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