Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Der Frühjahrsfeldjug 1915 in Galizien. 
eine Gruppe, größtenteils Landsturm, ent- 
gegen und drängte die Feinde in erbittertem 
Ringen am 2. und z. Juni wieder über 
den Fluß zurück. Die russischen Frontal- 
stürme am z. scheiterten an der unbeug¬ 
samen Haltung der 4. Armee. Nun rafften 
sich die Russen am 4. zu einer letzten großen 
Kraftprobe auf. Auch sie blieb vergeblich. 
An dem Heldenmut des Infanterie- 
regiments Nr. 59 brachen sich bei Tarnogora 
drei mächtige Angriffe. Die 8. Infanterie- 
division des Edelweißkorps und Honv6ds 
schickten an einem andern Teile der Front 
die Feinde mit blutigen Köpfen heim. 
Die Offensivkraft dieser russischen Streit- 
kräste war gebrochen. Einmal noch, am 
6. Juni, brachte die Energie der Führung 
größere Massen gegen die Ostfront der 
Armee Mackensen zum Angriff vor. 
Sie stießen auf das VI. Korps, das ihnen 
einen heißen Empfang bereitete und die 
Stürmenden zur Umkehr auf den blut- 
bedeckten Angriffsweg zwang. Die Absicht 
der Russen, ihre bisherigen Niederlagen 
wettzumachen, die Verbündeten zurückzuwerfen, oder wenig- 
stens doch die Sanlinie wieder zu gewinnen, war gescheitert. 
— Ihre einzige Hoffnung bestand nunmehr darin, die inne- 
habenden Stellungen zu behaupten, das weitere Bordringen 
der Verbündeten gegen Lemberg zu verhindern, dadurch 
Zeit zur Verstärkung und vielleicht zu einem größeren Cr- 
folg am östlichen Flügel, gegen die Südarmee und die Armee 
Pflanzer-Baltin, zu gewinnen. 
10. Schlacht bei Stryj und Kämpfe am Pruth 
und Dnjester. 
(24. Mai bis 15. Juni.) 
Nun kam die Reihe auch an die Südarmee, der eine 
besonders wichtige strategische Rolle zugeteilt war und die 
sich mit ihren Hauptkräften aus dem Opor- und Orawatal 
nach dem Stryjtal zu entwickelte. Am 26. früh begann 
der allgemeine Angriff, der sich zunächst sehr erfolgverheißend 
anließ und als Hauptziel die Eroberung des wichtigen 
Knotenpunktes Stryj bezweckte. Während die Mitte der 
Armee, das deutsche Korps Bothmer und die 38. Honvöd- 
insanteriedivision, die feindlichen Stellungen vor Stryj er- 
oberte und der rechte Flügel, das Korps Hofmann, gegen 
Dolina vorstieß, rückte der linke Flügel, das Korps Szur- 
ma y, gegen das volkswirtschaftlich so wichtige Petroleum- 
gebiet von Boryskaw und Drohobycz vor. Die Eroberung 
dieses Gebietes erwies sich von Anbeginn an nicht als leicht, 
denn mit verbissener Zähigkeit klammerten sich die russischen 
Nachhuten an die zerklüfteten Nordhänge des Karpathen- 
Walles und unter ihrem Schutze setzten die feindlichen Haupt- 
streitkräfte rasch den Rückzug gegen die Dnjesterlinie fort. 
Stellung auf Stellung mußte im harten Nahkampf ge- 
nommen werden. Aber nichts vermochte das heißblütige 
Ungestüm der tapferen Ungarn aufzuhalten, die sich den 
Teufel um das Gipfel- und Schluchtengewirr kümmerten, 
sondern quer über die Hänge hinweg gewissermaßen in Luft- 
linie vordrangen und den weichenden Gegner nicht mehr 
zu Atem kommen ließen. Unten auf den schmalen Tal- 
straßen zog nur der Train mit den kleinen, zähen bosnischen 
Die gesprengte Sanbrücke bei Rabymno. 
Gebirgspferden und mit ihm die Pioniere, die mühsamste 
Arbeit zu bewältigen hatten, um die von den Russen gründ- 
lich zerstörten Kunstbauten und Brücken rasch wieder her- 
zustellen. So wurde unter beständigen Verfolgungsgefechten 
der Austritt aus dem Gebirge erzwungen, rasch eine breitere 
und besser geordnete Front hergestellt und nun ungesäumt 
gegen Boryskaw vorgegangen, denn, wie schon so oft in 
diesem Kriege, erschienen auch hier wirtschaftliche Interessen, 
also die Wiedergewinnung des schmerzlich genug entbehrten 
galizischen Erdölreviers, nicht minder bedeutungsvoll, als 
die rein strategischen. 
Dieses wichtigste und reichste Naphthagebiet Mittel-- 
europas, das bis zum Kriegsausbruch jährlich 15 Millionen 
Meterzentner Erdöl im Werte von 50 Millionen Kronen 
lieferte und nicht nur ganz Österreich-Ungarn reichlich mit 
Petroleum, Benzin und Schmieröl versorgte, sondern auch 
noch eine schwunghafte Ausfuhr nach Deutschland, Frank- 
reich, Italien und der Schweiz gestattete, war ja schon einmal, 
im Oktober 1914, vorübergehend von der Russenherrschaft 
befreit und damals ziemlich unversehrt vorgefunden worden, 
da die Russen das stark dabei beteiligte englifch-französiche 
Kapital berücksichtigen mußten, auch die Erzeugnisse des 
Gebietes für ihre eigenen Zwecke benötigten und endlich 
sicher mit dem dauernden Besitz Galiziens rechneten, sich 
also nicht ins eigene Fleisch schneiden mochten. Diesmal 
sollte es leider anders kommen. Als die siegreichen Truppen 
Szurmays die beherrschenden Höhen von Borystaw 
erreicht hatten und in die weite Talmulde mit den zahllosen 
Bohrtürmen zu ihren Füßen hinabblickten, bot sich ihnen ein 
Schauspiel von unvergeßlicher und schauerlicher Großartigkeit. 
Der Naphthabezirk brannte! Gierig fraßen sich die ver-- 
heerenden Brände fort und noch wochenlang standen die violett- 
schwarzen Rauchsäulen des brennenden Petroleums dräuend 
in der blauen Frühlingsluft, wenn auch natürlich alles auf- 
geboten wurde, um sie so rasch als möglich zu ersticken. 
Der rechte Flügel der Gruppe Szur may erstürmte 
am 26. Mai die feindlichen Stellungen bei Gaje, während die 
Mitte und der linke Flügel unter fortgesetzten Kämpfen 
gegen Drohobycz vorrückten und am 1. Juni in nächtlichem.
	        
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