Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

554 Der Feldzug gcg> 
anderen, mußten die Serben schleunigst südwärts nach Kur- 
sumlija abziehen. Etwelche wichen aber auch ostwärts aus 
und übersetzten bei Beljonin die Toplica, bis wohin ihnen 
die 107. Division nachfolgte. Sie blieb hier stehen, denn 
schon hatte, ihre Marschrichtung überquerend, die 101. Divi¬ 
sion östlich Beljonin bis Prokuplje hin die Toplica über- 
schritten und den Feind angefaßt. Er machte sich schnell 
los und gegen Süden auf. Sicher hätte nun auch dieser 
Teil der Serben, der sich hierher verrannt hatte, nach Kur- 
sumlija ausweichen wollen, doch dazu war es schon zu spät. 
Unterdessen hatte nämlich die von Westen anrückende 103.Di¬ 
vision die Linie Nevada—Barbatovac erreicht, und so tapfer 
sich auch starke, bis zur Selbstaufopferung kämpfende serbische 
Nachhuten ihr entgegengestellt hatten, die Division auf- 
zuhalten vermochten sie nicht. Sie wurden am 16. November 
geschlagen — und am 17. marschierten Truppen der Division 
in das von den Serben verlassene Kursumlija ein. Die 
Plünderung hier sei ihnen nicht zum Vorwurf gemacht, denn 
Not kennt — und im Kriege schon gar — kein Gebot. Es 
blieb ihnen einfach nichts anderes übrig, als das eigene Land 
auszuplündern, um sich ernähren zu können, denn niemand 
mehr trug Sorge dafür. Trotz alledem zogen sie, wenn- 
gleich hungernd, zerfetzt und niedergeschlagen, in ziemlicher 
Ordnung südwärts die Straße gegen Pristina ab. Die 
103. Division bezog vorerst um Kur sumlija eine brücken- 
kopfartige Stellung, welche die Orte Dolnja Mikuljaua, 
Lugiö, Markoviöi, Samokov und Krcmari in sich einschloß 
und sich hier mit der weiter östlich der Toplica nach Südost 
verlaufenden und bis zur Radanhöhe reichenden Front 
der ihrerseits vorgegangenen 101. Division berührte. Die 
ioz. machte sich am 19. November ungeachtet schwierigster 
Verhältnisse zur rückhaltslosen Verfolgung des Feindes auf. 
Über Prepolac vorstoßend, erreichte ihre Vorhut am 21. No- 
vember Podujevo. Nun gab es für die nach Süden mar- 
schierende Division einen unvorhergesehenen Halt, denn 
es nahte von Westen, woher man ihn ganz und gar nicht 
erwartet hatte, der Feind, etwa 2 bis 3 Regimenter stark, 
heran. Wie man später erfuhr, kam er von Trebinje aus dem 
Kapaonikgebirge. Ob es nun in seiner Absicht gelegen war, 
der Division in die Flanke zu fallen, ober ob er bloß durch 
Zufall, den Weg nach Pristina suchend, dorthin gelangt 
war, sei dahingestellt, tatsächlich mußte die Division über 
Rasevica, Vukojevac, Dobrobol und Letance bis Podujevo 
Front gegen Westen nehmen. Aus ihr hinaus wurde der 
serbische Flankenstoß mit einem Gegenstoß beantwortet, 
der den Feind einfach zersprengte. Ohne sich weiter um ihn 
zu bekümmern, setzte die Division ihren Weg nach Süden 
fort, um sich, vor allem durch das Tal der Lab, den Zugang 
nach Pristina zu erzwingen. Eigentlich war dies mit der 
Niederwerfung der serbischen Nachhut bei Podujevo bereits 
geschehen und brauchte nur vervollständigt werden. Es 
geschah sowohl hier, wie auch weiter südostwärts, wo die 
101. Division bis Svegle und Sajkovac vordrang. Sie 
nahm dort mit dem rechten, bis Surdul und Orljan vor- 
gebrochenen Flügel der bulgarischen Armee engste Ver¬ 
bindung. 
Die Bulgaren hatten in letzter Zeit schwer zu kämpfen 
gehabt. Wir verließen ihre Armee Boyadijew am 
7. November an der Morava zwischen Aleksinac und Vlaso- 
tince östlich von Leskovac, mit dem Kern ihrer Streitkraft 
bei Nis. Der von hier über die Morava zurückgegangene 
Großteil der Serben hatte alle Brücken hinter sich zerstört, 
so daß ihm die Bulgaren nicht unverzüglich nachfolgen konnten. 
Serbien 1915/16. 
Denn der durch starke Regengüsse angeschwollene, an 200Meter 
breite, bis 2 Meter tiefe Fluß wälzte hier so ungestüm seine 
Wellen, daß er ein namhaftes Hindernis bildete, welches 
zu bewältigen nicht ohne weiteres möglich war. Dieses 
Hindernis fiel um so bedeutender ins Gewicht, als sich die 
Serben hinter ihm auf feste mit schwerer Artillerie ver- 
sehene Stellungen stützten. Namentlich war dies bei Les- 
kovac der Fall, wo sie ihre Hauptkraft gegenüber dem linken 
Flügel der Bulgaren zusammengezogen hatten. Sie durch 
irgend ein taktisches Manöver von dort zu verdrängen, dazu 
reichte weder die Zeit aus, noch bot sich eine Möglichkeit. 
Es hieß somit, sie unmittelbar anzugreifen. Den Bulgaren 
fehlte es aber dazu vor allem an Kriegsbrückenmaterial, 
das sie infolge des schlechten Zustandes der Straßen noch 
nicht herbeizuschaffen vermocht hatten. Dennoch begannen 
sie am 10. November den Kampf um den Übergang, und 
zwar sowohl östlich von Leskovac, als auch bei Nis und 
Aleksinac. Ihrem bei Aleksinac angesetzten rechten Flügel 
gelang es auch bereits am 11. November die Morava zu 
übersetzen, während die Mitte und der linke Flügel der Armee 
vergeblich um den Übergang rangen. Ja bei Leskovac wurden 
die Bulgaren ihrerseits angegriffen. Denn die Serben hatten 
die Vorteile der Lage erfaßt, hatten an der übrigen Morava- 
front bloß starke Nachhuten zurückgelassen und sich mit den 
Divisionen Sumadija, Morava, Drina, Timok und der 
Kavalleriedivision gegen den linken Flügel der bulgarischen 
1. Armee geworfen. Dies war für sie auch das beste, was 
sie hatten tun können, denn nur noch hier war es etwa 
möglich, gegen Vranje durchzubrechen, um der bulgarischen 
2. Armee in Flanke und Rücken zu fallen, sie zurück- und 
abzudrängen zu versuchen, und sich so den Weg zu der frau- 
zösisch-englischen „Orientarmee" zu bahnen. Folglich setzten 
die Serben alles aufdiese ihnen im blutigen Spiel noch einzig 
und allein in der Hand verbliebene Karte und wiederholten 
am 12. November in Anwesenheit des Königs den ihnen 
tags zuvor nicht geglückten Angriff mit verdoppelter Kraft. 
Doch so heftig und erbittert sie auch anstürmten, die Bul- 
garen hielten ihnen stand und wiesen sie restlos zurück. 
Gewiß, die Lage war kritisch, doch da die Gefahr rechtzeitig 
erkannt wurde, so war auch nicht verabsäumt worden, ihr 
zu begegnen. Um dies noch nachdrücklicher tun zu können, 
erzwangen sich nun die Bulgaren mit aller Gewalt den Über- 
gang bei Nis und stießen von Aleksinac weiter vor, so daß 
bereits an diesem Tage der rechte Flügel und die Mitte 
der Armee zur Gänze auf das linke Ufer der Morava zu 
stehen kamen. Von Nis aus wurde sogar schon der Vor- 
marsch auf Prokuplje aufgenommen. Durch diesen Erfolg 
war hier eine Brigade entbehrlich geworden und wurde 
nun zur Verstärkung des linken Armeeflügels dorthinzu in 
Marsch gesetzt. Sie kam am 14. November gerade zurecht, 
um mit der bisher dort in der Verteidigung gestandenen 
Division zum Angriff überzugehen. Dieser traf die Serben 
so gewaltig, daß sie die Moravasront räumen und dann 
vor den rasch übersetzenden Bulgaren in und bei Leskovac 
über die Veternica gegen Lebane zurückweichen mußten. 
Übrigens war es für sie schon hoch an der Zeit dazu, denn die 
von Prokuplje gegen Süden eingeschwenkte bulgarische Armee- 
mitte, der der rechte Flügel im zweiten Treffen nachfolgte, 
hatte bereits Bublica, Magas und Vujanovo nordwestlich 
Lebane erreicht und so auch schon ihre zweite Stellung 
überflügelt. 
Als die Serben das Mißlingen ihrer Absicht einsahen, 
versuchten sie diese auf einem anderen Wege zu verwirk-
	        
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