Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

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Besetzung Mittelmajedonieils durch die bulgarische 2. Armee. 
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überquerenden, durch anhaltenden Regen nahezu ungang- 
bar gewordenen Gebirge nur äußerst mühsam fortkam 
und — obwohl er mit der Einnahme der Karaula Kali- 
manci nicht mehr Zeit verloren hatte, als dazu im Vorüber-- 
gehen unbedingt nötig war — noch weit zurückgeblieben war. 
Der andere Hauptteil mußte somit, um sich nicht durch Vor- 
prellen vielleicht Gefahren auszusetzen, vorläufig bei Straciu 
stehen bleiben. Schließlich bewog ihn zum Teil auch dies 
dazu, daß in seinem Rücken, auf dem Car vrh südöstlich 
Kriva Palanka, eine serbische Truppe noch hielt, die erst be- 
siegt werden mußte. Sie hielt dort, als hätte sie den Schwur 
getan, ihr Grab auf dem Car vrh zu finden; hielt rückhaltlos 
tapfer, wenngleich sie schon gänzlich umgangen und unter 
zwei, ja drei Feuer genommen 
war. Hatte es bisher nicht Eile 
gehabt, sie aus dem Wege zu 
räumen, jetzt konnte es nicht mehr 
aufgeschoben werden. — Und es 
kam, wie es kommen mußte: die 
anhaltende Wucht der Bulgaren 
brach am 20. Oktober die Härte 
der Serben. Zwar nicht früher, als 
erst bis die heldenmütigen Ver- 
leidiger der Ear-Höhe förmlich 
einzelweise entwaffnet oder nieder- 
geschlagen wurden. Zweitausend 
gerieten in Gefangenschaft, 12 Ge- 
schütze fielen den Bulgaren in die 
Hände. 
Schlecht und immer schlechter 
stand es um die Serben. Im 
Krivatal hatten sie ihren letzten 
Halt verloren, und auch im Tal 
der Bregaluica hatten sie keinen 
mehr. Die Kavallerie der 2. Armee 
konnte sich den Weg nach Stip, 
dann weiter nach Veles bahnen, 
dort die Serben vom östlichen auf 
das westliche Wardarufer werfen 
und die Eisenbahnbrücke sprengen. 
Zur selben Zeit fand ihre linker- 
Hand über Pehcevo und RadoviSta 
vorgegangene Seitenhut Verbin- 
dung mit dem bei Strumica 
detachierten Infanterieregiment. Auf diesem äußersten 
Südflügel der Armee herrschte noch Ruhe, doch sprachen 
Zeichen laut genug, daß auch dort der Sturm nicht mehr 
ferne sei. Tag für Tag rollten Transporte feindlicher 
Truppen von Saloniki über Gjevgjeli heran, und die Ver- 
mutung lag nahe, daß es in S a r r a i l s Absicht sei, auf 
dem kürzesten Wege, durch das Strumicatal, auf Sofia 
vorzustoßen. Das Regiment, das den Taleingang bewachte, 
hatte folglich sehr auf der Hut zu sein. Natürlich, mehr als 
den Feind in seinem Vormarsch zu hemmen, hätte es, samt 
den zwei ihm zur Seite eingetroffenen Schwadronen Ka- 
vallerie, nicht vermocht. Also verschoben jetzt die Bulgaren 
eine mit Rücksicht auf die zweifelhafte Haltung Griechen- 
lands unweit der Grenze im Räume Banjska—Nevrokop 
gestandene, dem Armeeoberkommando unterstellte Infanterie- 
division allmählich in das Strumicatal. Nun konnte es 
ihnen ziemlich gleichgültig sein, ob die Orientarmee nach 
dieser oder jener Seite hin ihre Spitze kehren werde; denn 
sei es wo immer, dafür war gesorgt, daß sie den Serben 
GL. Todorow, Kommandant der 2. bulgarischen Armee. 
keine andere, als vielleicht nur von fern mittelbare Hilfe 
bringen könnte. War ihr doch selbst jede Verständigung 
mit ihnen unmöglich. Bahn und Telegraph waren bei Veles 
und Vranje gedrosselt, und von Kumanovo, das Truppen 
der 2. Armee am 20. Oktober besetzten, bis Bnjanovce 
waren die Verkehrsmittel sogar völlig in Händen der Bul- 
garen. Ebenso hielten sie jenseits des Schienenweges bereits 
alle Pässe über das Karadaghgebirge fest. Die südlicher bis 
Skoplje reichende Bahnstrecke und ihre Gabelung dort nach 
Pristina kam nur zwei Tage später, am 22. Oktober, als die 
Serben östlich Skoplje unterlagen, in ihren Besitz. Tags 
darauf zog Prinz Kyrill, der Zarensohn, an der Spitze der 
Truppen in die festlich geschmückte Stadt ein. 
Die Orientarmee kehrte nir- 
gendwohin die Spitze. Von ihr 
waren nämlich erst die Franzosen, 
nicht stärker als eine Division, ein 
Stück Weges über die Grenze ge- 
kommen. Sie ließen es bei dieser 
Drohgebärde bewenden und gru- 
ben sich am Wardar vor Gradsko 
und Krivolak in einer brückenkopf- 
artigen Stellung ein. Übrigens 
hatte es den Anschein, als be- 
reiteten sie sich dort ein Ausfalls- 
tor gegen Skoplje vor. Daß sie 
dabei die Absicht, gegen Sofia 
vorzubrechen, nicht aufgaben, steht 
außer Frage, denn sie setzten sich 
auch am linken Wardarufer gegen- 
über Strumica fest. Vorläufig 
allerdings, wollten sie dort bloß 
die Bahn bewachen. Diesen Zweck 
erreichten sie voll, denn als am 
22. Oktober das Regiment aus 
Strumica gegen Hudova vor- 
rückte, eben um die Bahn dort 
zu zerstören, mußte es, auf Über- 
macht stoßend, unverrichteter 
Dinge zurückkehren. Ihm nach- 
zufolgen ließen die. Franzosen 
wohlweislich bleiben, denn wenn 
sie auch diesem einen Regiment 
weit überlegen waren, so wagten 
sie doch nicht in das Strumicatal, in die Höhle des Löwen 
einzubrechen. Gar jetzt, wo ihrer Stellung bei Gradsko 
—Krivolak schon Gefahr drohte, war daran nicht einmal 
zu denken. Diese Gefahr war sogar keine geringe, denn 
nicht weniger als der ganze gegen Stracin linkerseits vor- 
gegangene Teil der Hauptkraft der bulgarischen 2. Armee 
nahte heran. Er hatte sich von Kumanovo, wo beide 
Teile zusammengetroffen waren, wieder nach links, gegen 
Süden gewendet und rückte jetzt mit dem Kern seiner Kraft 
über das Ovke polje, mit einer Teilkraft westlich des Polje 
im Tal der Pcinja so geschickt gegen jenes „Ausfallstor" 
vor, daß er es, kam die Zeit dazu, von der Stirnseite be- 
rennen und zugleich aus der linken Angel ausheben könnte. 
Daß die Serben dieser Angel einen Schutz und Schirm 
links seit- und vorwärts, nahe westlich Veles vorgebaut 
hatten, bedeutete wenig oder eigentlich nichts, denn durch 
den Anmarsch der Bulgaren in 2 Kolonnen war die Festigkeit 
dieses,an und für sich zwar starken Bollwerkes mehr als fraglich 
geworden. Und tatsächlich, schon als die durch das Pcinja-
	        
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