Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

528 Der Feldzug gegl 
Donau erreichten. Tags darauf, am 25. Oktober, wurde 
das ganze Gebirgsland östlich der Stromenge Klisura vom 
Feinde gesäubert. Schließlich räumte er überstürzt das Feld, 
denn durch die Halbinsel Kljuk lief die schlechte Kunde und 
kam bis zu ihm, daß ihm im Rücken von den Bulgaren 
aus Gefahr drohe. Da gab er jeglichen Widerstand auf 
und wandte sich eilig nach Süden. So schnell, daß ihn die 
nachfolgende österreichisch-ungarische Kavallerie nicht mehr 
einholte. Statt dessen traf sie auf Freunde. Ungarische 
Husaren trafen am 26. Oktober — währenddem Kladovo, wo 
die Serben 12 schwere Geschütze und viele Vorräte zurück- 
ließen, besetzt wurde — beim Orte Ljubikevac an der Donau 
mit bulgarischen Reitern zusammen. Zwei Stunden später 
traben die ersten Bulgaren — 2 Offiziere und 25 Mann —,. 
stürmisch begrüßt, in Kladovo ein. Hsterreicher-Ungarn, 
Deutsche und Bulgaren, Soldaten dreier verbündeten 
Mächte, reichen einander hier im Zeichen des Erfolges die 
Hände zu einer bedeutsamen Feier: die Straße am rechten 
Donauufer nach Bulgarien war frei, die Land Verbindung 
von Ungarn nach Bulgarien hergestellt — und zugleich auch 
der Schiffsverkehr auf der Donau geöffnet. Bald war der 
mit Minen und Ketten verlegte Strom gesäubert, und schon 
am 30. Oktober dampfte das erste Munitionsschiff donau- 
abwärts nach Lom, auf der Fahrt zum Reiche des Halb-- 
mouds — der Weg von der Rord* und Ostsee zum Schwarzen 
Meer und weiter nach Asien hinüber, war offen. 
Die Orsovagruppe fand kaum noch welchen Feind vor 
sich. Am 26. Oktober, nachdem sie Brza Palanka besetzt 
hatte und am Südrande des Kljuk unter der Mirok planina 
angelangt war, rückte sie in den nächsten Tagen zum Flügel 
der u. Armee heran, schloß sich ihm an und löste sich, in der 
Armee aufgehend, als Gruppe auf. 
Am 26. Oktober also, als verbündete Truppen südlich 
der MiroL planina die Dolnji Milanovac—Brza Palanka- 
straße erreichten, war es mit jedwedem Flankenangriff der 
Serben gegen die u. Armee zu Ende. Ja deren linker 
Flügel konnte nun völlig unbesorgt nach Süden einschwenken 
und gegen die Mitte anschließen. So weit dieser Weg auch 
war, sollte er ihn doch zu rechter Zeit hinterlegen, denn einer-- 
seits fand er auf ihm keinen großen Widerstand, anderseits 
rückte währenddem die übrige Armeeftont nur langsam vor. 
Am 27. Oktober wurde die Armeemitte nur um weniges 
vorgenommen, jene des rechten Flügels um etwas mehr, 
und zwar bis zur Pokozicahöhe, Guberovac und der Ko- 
jadinachöhe. Tags darauf gelangte der Flügel bis Jarasica, 
Crni kao und Batokina, während die Mitte südöstlich Svilaj- 
nac die Höhen beiderseits der Resava erstürmte und dem 
Feinde 1300 Gefangene abnahm. Dieser Schlag machte ihr 
im Morava—Resava-Winkel Luft und bewirkte auch, daß 
die Serben dem über die Mlava gegen die Mitte heran-- 
ziehenden linken Armeeflügel wenig oder nichts entgegen-- 
werfen konnten. Übrigens war dort im Nordosten aus dem 
Abbröckeln bei ihnen schon ein ausgesprochener Rückzug 
geworden. Anders an der Morava, links welcher sie trotz 
der argen Niederlage bei Svilajnac, am 29. Oktober in mann-- 
haftem Kampfe auf der StraZevica nächst Gornja Batokina 
das Glück an ihre Seite zu zwingen versuchten. Launen-- 
Haft, wie stets, ließ es sich nicht zwingen, doch erwies es auch 
den Deutschen nicht seine Gunst; dennoch waren sie es, denen 
es am nächsten Tag die Palme reichte. Und wie hier, so auch 
zwischen der Morava und Resava, wo es ihnen nebstbei an 
600 Gefangene bescherte. Am 31. Oktober gab es wieder 
welche, wenngleich nicht so viele, doch ob viele oder wenige, 
Serbien 1915/16. 
es galt beträchtlich,denn sie rührten vom gänzlichenZusammen- 
bruch des zähen Widerstandes auf dem Trivunovo brdo 
her. Auch am anderen Ufer der Morava, bei Bagrdan, 
wo zwar der womöglich noch hartnäckigere Widerstand 
der Serben um Stunden länger anhielt, brach er schließlich 
zusammen, und so ging für sie, die weichen mußten, auch 
die letzte Möglichkeit verloren, die Straße nach Kragujevac 
durch einen Flankenstoß zu gefährden. Truppen der 25. Re-- 
servedivision marschierten auf ihr am November in die 
Stadt ein. Ihre Tore hatten ihnen, wie wir wissen, österrei- 
chifch--ungarische Kameraden geöffnet. 
Ein schmerzlicherer und empfindlicherer Verlust als der 
von Kragujevac hätte die Serben nicht treffen könneu. 
Denn mit der Stadt gingen ihre einzigen Waffen-- und Muni- 
tionsfabriken verloren, so daß sie nun lediglich auf die frag-- 
liche Zufuhr von Kriegsmaterial über Montenegro und 
Albanien angewiesen blieben. Die Bahn nach Lapovo und 
weiter die Strecke nach Süden waren in all den vorher- 
gehenden Tagen, solange eben jene Flügelbahn noch in 
ihrem Besitz war, voll mit Zügen überfüllt, die das Kragu- 
jevacer Arsenal entleerten, doch mehr als Geschütze und 
etliche der wertvollsten Maschinen konnten sie nicht abschleppen; 
Rohmaterial, Gewehre und vieles andere, ja das meiste 
mußte liegen blieben. Ol- und Benzintanks ließen sie leer- 
laufen, was verbrennbar war, verbrannten sie. Dennoch 
war die Beute noch immer groß genug. 
Die Stadt selbst hatte nicht viel gelitten, mehr litten 
jetzt die Menschen in ihr, Frauen, Greise und Kinder, zahl- 
lose Flüchtlinge von allüberall, die sie bevölkerten und kaum 
noch etwas anderes zu beißen hatten als eine Krume alt- 
backeuen Brotes, einen Brocken ranzigen Käses oder gar 
nur in Asche schwarzgeröstete Maiskolben. Auf Gassen und 
Straßen häufte sich dieses Elend in Schmutz und Lumpen, 
ohne daß ihm für den Augenblick Mitleid hätte helfen können. 
Es gab Dringenderes zu tun: Truppe auf Truppe strömte 
gegen die die Stadt überragenden, vom Feinde noch be- 
setzten aber bald freiwillig geräumten Höhen. Da auch seine 
neuerlichen Versuche, bei Bagrdan das Moravatal zu sperren 
und die Bahn, auf der kostbares Gut abrollte, zu behaupten, 
ebenso mißlangen wie jene bei Despotovac, wo er den Aus- 
gang aus dem Resavatal gegen Cuprija verlegen wollte, 
zog er sich von Flügel zu Flügel vor der ganzen Front der 
Armee zurück. 
Wie schon oft, so zeigten die Serben am 2. November 
wieder einmal, welche Zähigkeit ihnen innewohnt: erst 
gestern empfindlich geschlagen, stellten sie sich schon heute 
wieder beiderseits der Morava so entschieden zum Kampfe, 
daß man hätte glauben können, sie wollten machtvollst be- 
weisen, daß in ihnen noch immer genügend Kraft stecke. 
Tatsächlich gelang es erst am nächsten Tage, sie zu brechen. 
Gebrochen, aber nicht vernichtet, lebte sie schon in den folgen- 
den Stunden da und dort wieder auf und mußte noch in 
etlichen Teilgefechten niedergerungen werden, bis die Armee 
in die Front Sitno kamenje südlich Kragujevac, Velika 
Pkelica, Ratkovik, Slatina, Misevik, Jagodina, Morava 
und — östlich dieser sich fortsetzend — bis zur Resavica gelangte. 
Vor diesem östlichen Frontabschnitt bereitete sich der Feind, 
bedroht in seiner Flanke von den sich nähernden Bulgaren, 
schon offensichtlich zum Rückzug. Für den linken Armeeflügel 
traf sich dies wie gewünscht, denn so vermochte er am nächsten 
Tag viel Weges einzuholen und bis zum Quellgebiet der 
Paracin durchfließenden Crnica zu gelangen, wo er an die 
Armeemitte anschloß. Diese hatte, beiderseits der Morava
	        
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