Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

478 Der Feldzug geg, 
schadlos. Als sich diese eine halbe'Stunde später, unterdessen 
es Tag geworden, einschiffen wollten, zum Teil auch bereits 
eingeschifft hatten, wandte sich die Belgrad-Artillerie mit 
allen ihren Feldgeschützen gegen sie. Nunmehr eingeschossen, 
war es den Serben ein Leichtes, Treffer auf Treffer zu er-- 
zielen; so viele, daß die abgestoßenen Fahrzeuge, wollten sie 
nicht alle nutzlos aufgeopfert werden, schleunigst umkehren, 
die beiden Kompagnien dann eiligst in Deckungen gehen 
inußten. Hier war also an eine weitere Überschiffung vor- 
läufig nicht zu denken. 
Auch zur Gruppe des Obstlt. Mettelet konnten in 
derselben Nacht keine Truppen mehr überschifft werden. 
Wohl hatten sich die Pontone, welche die 74er herübergeführt 
hatten, zur Fahrt nach der Ko^arainsel aufgemacht, um dort 
das IH./49. Bataillon einzuschiffen, doch die wenigsten von 
ihnen erreichten die Insel. Die über alle Maßen in Anspruch 
genommene Rudermannschaft war eben schon vollkommen 
erschöpft. — Und dann, wieviel der Pioniere saßen noch heil 
auf den Ruderbänken, wieviele Pontone hatten noch überhaupt 
die Rückfahrt angetreten! Bei der Fahrt nach der dräuenden 
Feste war fast ein Drittel von ihnen versunken; und von 
jenen, die nicht der Strom verschlang, war kaum noch die 
Hälfte der Pioniere arbeitsfähig geblieben. Und jetzt die 
Rückfahrt im heftigsten Artilleriefeuer! Mas da hinüber 
kam — nicht halb soviel als von Zemun abgefahren war — 
dies war leider nur noch der Rest jener großen Pontonflottille, 
denn so manches Fahrzeug hielt sich nur noch mit Mühe 
über Wasser, und kaum ein einziges hatte noch die nötige 
Rudermannschaft; ja dieses und jenes kam mit bloß zwei 
oder drei Mann an; die Mehrzahl solcher halbverwaisten 
Pontone hatte aber die Strömung weit, selbst bis vor Pancsova 
hinunter abgetrieben. Unter solchen Umständen mußte 
natürlich von der Überschiffung des III./49. Bataillons, so 
dringend es am feindwärtigen Ufer benötigt worden wäre, 
abgesehen werden. Während der Nacht wurden die über-- 
schifften Truppen zwar vom Feinde verhältnismäßig wenig 
behelligt, doch je mehr der Tag zunahm, desto unangenehmer 
gestaltete sich ihre Lage. Die unmittelbar vor ihnen liegende 
serbische Infanterie hatte sich mittlerweile durch Zuzüge 
von Reserven verstärkt und war ihnen jetzt weit überlegen, 
überdies mengte sich von beiden Flanken her Artillerie darein, 
die am Morgen ebenfalls stärkere Kräfte ins Treffen brachte; 
denn nebst den bereits früher tätigen Batterien der Festung, 
feuerten nunmehr auch jene auf dem Veliki Vraöar, auf dem 
Miliöevo brdo und bei der PaAna cesma — feuerten und 
trafen nicht schlecht. Am gefährdetsten war dabei der rechte 
Flügel der gelandeten Truppen, das östlich des Nebojseturms 
in Stellung befindliche 11I./74. Bataillon. Cs erhielt nicht nur 
Artilleriefeuer in beide Flanken, sondern wurde auch aus 
einigen gegenüberliegenden, sehr geschickt verteidigungsmäßig 
eingerichteten Häusern, sowohl von serbischen Truppen als 
auch von Komitadschis männlichen und weiblichen Geschlechts 
beschossen. Diesem Übel war einfach nicht beizukommen. 
Von ebensolchem Übel war es, daß aus den nach dem Strom 
führenden verbarrikadierten Straßen der Stadt und aus 
den dem Ufer gegenüberliegenden Häusern Verbindungs- 
gräben nach dem Eisenbahndamm liefen, die es den Serben 
ermöglichten, gedeckt bis in seine nächste Nähe zu gelangen. 
Durch diese Gräben schlichen sich nun wiederholt verwegene 
Feinde — Komitadschis — heran und brachten dem Bataillon 
durch Handgranaten empfindliche Verluste bei. Es hatte 
vollauf zu tun, sich den rührigen Feind vom Leibe zu halten. 
Dies war um so schwerer, als es in seiner rechten Flanke, in 
Serbien 1915/16. 
der das III./49. Bataillon zu stehen hätte kommen sollen, 
ungeschützt war: dort klaffte eine breite Lücke. Erst weiter 
westlich, in der Nähe des Nebojseturms, befand sich eine kleine 
Schar Tapferer, die, obwohl ihre, unmittelbar neben dem 
dräuenden Turme gelandeten Kameraden — Kompagnie 
— von den acht den Turm verteidigenden Maschinengewehren 
niedergemäht worden waren, auch jetzt, am Morgen, noch 
immer unerschütterlich fest jenes Stück Dammes hielten, 
das sie in Besitz genommen hatten. Dank ihnen und 
der Maschinengewehrabteilung des Bataillons wurde, wie 
während der Nacht auch tagsüber der wiederholt vorstoßende 
Feind am Vorgehen gegen den empfindlichen rechten Flügel 
des Bataillons verhindert. Im übrigen wurde das Bataillon 
in seiner gefährdeten Lage durch drei Gebirgskanonenbatterien 
der Artilleriegruppe Obstlt. E r l e r unterstützt, die aus ihrer 
Stellung bei Uj Borcsa jede Absicht der Serben, die Braven 
beim Nebojseturm über den Haufen zu werfen, im Keime 
erstickten. Bedenklich wurde es jedoch beim Bataillon, als 
im Laufe des Tages die Munition unaufhaltsam zur Neige 
ging. Schließlich halfen sich aber die Vierundsiebziger, wie sie 
konnten —mit erbeuteten serbischen Gewehren und Munition. 
Links vom 74er Bataillon standen am Bahndamm die 
gelandeten drei Züge der 84er in nicht minder hartem Kampfe; 
ja etwas stromabwärts, bei der Anlegestelle der Dampft 
schiffstation, wo ein abgetrennter Zug 74er gelandet war, 
hielt der Feind sogar noch das Ufer besetzt. Es war, 
als ob sich dort alles gegen die k. u. k. Waffen verschworen 
hätte, denn es wollte und wollte ihnen nicht gelingen, 
den Feind aus seinen Schützengräben und einem Haus, in 
dem er sich eingenistet hatte, zu verdrängen. Wo er in der 
Nacht stand, dort hielt er auch noch am Morgen, förmlich 
ein Riegel, quer vorgeschoben in die Frontlinie der Unsrigen 
— und was noch schlimmer war, hinter ihm, stromabwärts 
bis zur Stellung des IV./87. Bataillons, war der Bahndamm 
frei und hätte jederzeit von den Serben wieder besetzt werden 
können. Da gab es, je weiter der Morgen vorrückte, desto 
weniger zu überlegen; koste es, was es wolle, jener Riegel 
mußte um jeden Preis zurückgeschoben werden. Also sprang 
jetzt ein Zug 87er jenen anderen Zügen, die sich dort schon 
lange ohne Erfolg abmühten, bei — und: faßt zu, drückt 
an, schlägt drein! stemmten sich nun alle vereint gegen den 
Riegel an. Vorerst krachte es gewaltig in seinen Fugen, 
dann bekam er Risse, Sprünge, Rillen, darauf er bald, in 
sich zusammenbrechend, zurückschnellte. Eine halbe Stunde 
vor 6 Uhr morgens war es, als der Bahndamm von unter-- 
halb des Nebojseturmes an bis zur Stellung deslV./87. Ba¬ 
taillons Obstlt. Peter in ungeschmälerten Besitz der 
Gruppe Obstlt. M e t t e l e t kam. Nun stand man hier 
festen Fußes, denn natürlich war die Nacht dazu ausgenützt 
worden, den Bahndamm zu einer tüchtigen Wehr anszu-- 
bauen — und auf der Strecke, der man sich erst bemächtigt 
hatte, bot er immerhin schon an und für sich eine feste Deckung. 
Das benachbarte IV./87. Bataillon hatte sogar Zeit gefunden, 
sich besonders gut zur Verteidigung einzurichten. Nicht 
nur, daß sich die Plänkler eingruben und daß für die Reserven 
Unterstände ausgehoben wurden, hatte das Bataillon, als 
das von beiden Flanken kommende Artilleriefeuer arg zu 
wüten begann, sogar die Pflasterung des Dammes auft 
gerissen und aus dem so gewonnenen Stein- und Erdmaterial 
an der Lehne in kurzen Zwischenräumen Querdämme auft 
geführt. Dadurch wurde der Bahndamm zu einem ver-- 
teidigungsfähigen Festungswall, an dem alle von den 
Serben während des Tages unternommenen Angriffe unter
	        
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