Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Der Feldzug gegen Serbien 1915/16. 
Dezember 1914 hatten die österreichisch-ungarischen 
rO Armeen, genötigt durch ein Zusammenwirken widriger 
Umstände, den in Serbien eroberten beträchtlichen Land- 
gewinn wieder aufgeben und sich auf heimischen Boden 
zurückziehen müssen. Am 15. Dezember war es, als an der 
Save die Kriegsbrücke abgebrochen, die Schleppschiffbrücke zum 
Teil geborgen, zum Teil von den Monitoren zerstört, die 
beschädigte, doch immerhin für Fußtruppen noch benützbare 
Eisenbahnbrücke gesprengt wurde — und Serbien, das fast 
schon überwältigte, wieder sich selbst zurückgegeben war. 
Die Serben sahen in dieser Wendung der Dinge bereits den 
endgültigen Sieg, und die Bestürzung im Lande schlug in 
Begeisterung um. Ganz Serbien verfiel unvermittelt in 
den Taumel eines Glücksrausches, und seine Machthaber 
waren vor eitel Zuversicht. Die Dynastie der Karagjorgjevic, 
stieg, von den Schwingen des Erfolges getragen, zu den 
Wolken der Legende empor. Auf weißem Berberhengste zieht 
König P e t a t,begleitet vom Kronprinzen, in Belgrad 
ein, der Archidiakon segnet feierlich König und Heer, Weih-- 
nachten werden in Jubel gefeiert. Aus Paris, Petersburg 
und London kommen Glückwünsche, in prunkvollen Reden 
wird das siegreiche Serbien gefeiert und die Vernichtung 
österreich-Ungarns angekündigt. Es war ein ^Schauspiel, 
das das ganze neutrale Europa hätte irreführen können. 
In diesem Schauspiel erschien vorne an der Rampe ein sieg- 
reiches Volk mit dem Schwerte des Eroberers in der Faust 
— aber hinter den Kulissen, dem Blicke verborgen, dort 
siechte ein zermürbtes Heer an schwerer Krankheit dahin. 
Regimenter waren dezimiert, Brigaden vernichtet worden, 
und nach dem Rückzug der österreichisch-ungarischen Armeen 
standen die serbischen Spitäler voll und übervoll von zahl-- 
losen Verwundeten ihrer einst stolzen Kampfreihen. Diesen 
gelichteten Reihen fehlte es überdies zum Kampfe an 
Munition und an tausend und abertausend unentbehrlichem 
Kriegsgerät. Serbien hatte eben schon alles aufgeboten, 
alles schonungslos eingesetzt und zumeist verbraucht, bis 
es ihm durch diese höchste Kraftentfaltung gelang, das 
Zünglein an der Wage zum eigenen Gewinn zu verrücken. 
Dann aber, als es sich so gänzlich verausgabt hatte, sollte es 
monatelang still liegen müssen, ehe ihm wieder die Kraft 
zum Widerstande wuchs. Daß es so arg gelitten, wußte 
man damals unsererseits allerdings nicht, obgleich wir es 
wußten, daß es sich die c Befreiung durch Ströme von Blut 
erkauft hatte; für uns sollte sich erst viel später zeigen, 
welche Schlagkraft P 0 t i 0 r e k s 5. und 6. Armee, trotz- 
dem ihnen ein Schlußerfolg nicht gegönnt war, gegenüber 
der serbischen Übermacht bewiesen hatten. Denn, wennzwar 
es damals nicht gelang, das serbische Staatsschiff in den 
Grund zu bohren, so war, wie es die Folge zu Tage 
brachte, durch den Opfermut der beiden Armeen der^Ramm- 
sporn, der in die Flanke der Mittelmächte hätte stoßen 
sollen, zerbrochen. 
Monate des Stilliegens kamen nun auf diesem Kriegs-- 
schauplatz für Freund und Feind. Da entstand uns im 
eigenen Lande der Serben ein, wennzwar selbst von uns 
nicht erwünschter, mächtiger Verbündeter: die Seuche. Sie
	        
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