Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Der französische Torpedobootzerstörer „Renaudin' 
Seekrieg 1915/16. 
Es war vielmehr anzunehmen, daß man in Frankreich mit 
der Ausbreitung der italienischen Truppen in der Gegend 
von Valona nicht ganz einverstanden war und dem eigenen 
Bundesgenossen einen Streich zu spielen beabsichtigte. Man 
darf nicht vergessen, daß Frankreich und Italien Rivalen im 
Mittelmeer find, und daß jede Festsetzung irgend einer Groß- 
macht auf den Italien gegenüberliegenden Ufern des Adriati- 
schen oder Jonischen Meeres, die italienischen Bestrebungen ins 
innerste Mark trifft. * * 
Am 11. und 15. März gefielen sich die Italiener neuer¬ 
lich darin, Bomben auf Triest abzuwerfen; es handelte 
sich aber anscheinend nur um eine Demonstration. Es war am 
Sonntag, als vormittags während des regsten Korsos am 
Meere italienische Aeroplane sichtbar wurden, die im Südteile 
der Stadt nacheinander vier Bomben abwarfen, einige 
Spaziergänger töteten, andere verwundeten. Der zweite 
italienische Angriff auf die Stadt verlief ebenso resultatslos. 
Glücklicherweise fielen die Bomben diesmal an Stellen nieder, 
die gerade menschenleer waren, und richteten also überhaupt 
keinen Schaden an. Die Tätigkeit unserer Abwehrgeschütze ver- 
anlaßte die feind¬ 
lichen Flieger,schleu- 
nigst in der Rich- 
tung auf Grado zu 
verschwinden. 
Inzwischen wuchs 
die wirtschaftliche 
Verlegenheit Jta- 
liens, da ihm die 
Verbündeten in kei- 
ner Weise für die 
ausbleibende Waf- 
fenhilfe Opfer zu 
bringen geneigt wa- 
ren. Vor allem 
wuchs die Kohlennot.' Nach verläßlichen Berechnungen war die 
Mindereinfuhr von Kohle in Italien innerhalb des ersten 
Vierteljahres 1916 auf z Millionen Tonnen zu schätzen. Diese 
Not wurde durch die unerhört hohen Preise der Kohle noch 
außerordentlich verschärft. War doch der Preis einer Tonne 
Kohle, der in normalen Zeiten zweiundvierzig Lire beträgt, auf 
zweihundertfünf Lire gestiegen. Im Detailverkauf hatte sich 
die Kohle um das Sechsfache verteuert. 
* * 
* 
Am 16. März 1916 erfolgte, als auszeichnende Ehrung der 
k. u. k. Kciegsmarine, die Ernennung des Erzherzog Thron-- 
folgers Karl Franz Joseph zum Vizeadmiral. 
Der Erzherzog, der mit Allerhöchster Entschließung vom 
26. Oktober 1914 zum Linienschiffskapitän ernannt worden 
war, hatte damit auf diesem Gebiete das Erbe des verewigten 
Erzherzog Thronfolgers Franz Ferdinand ange- 
treten. Im Juni 1915 erfolgte dann die Beförderung zum 
Generalmajor und Konteradmiral, der nun jene in die nächst-- 
höheren Chargengrade zum Feldmarschalleutnant und Vize-- 
admiral folgte, um den Erzherzog Thronfolger auch militärisch 
in jene Rangstellung zu bringen, die seiner Betätigung entsprach. 
* * 
* 
Am 19. März verkündete das k. u. k. Flottenkommando 
eine Botschaft, die mehr als manche seiner bisherigen Ver-- 
öffentlichungen die Aufmerksamkeit der gesamten Welt auf 
sich zu ziehen geeignet war. Es handelte sich dabei nicht einmal 
um einen Waffenerfolg unserer Flotte, sondern um einen 
einzig dastehenden Rekord der Gegner — wie sich später heraus- 
stellte der Franzosen — die ein unter international aner- 
kanntem Schutze stehendes wehrloses Schiff zur Strecke ge- 
bracht hatten. Die betreffende Meldung lautete: 
Am 18. vormittags wurde unweit Sebenico unser Spital-- 
schiff „E l e k t r a" von einem feindlichen Unterseeboote bei 
guter Sicht und Hellem Sonnenschein ohne jede Warnung 
zweimal anlanciert, einmal getroffen und schwer beschädigt. 
Ein Matrose ertrank, drei Krankenschwestern des „Roten 
Kreuzes" wurden schwer verwundet, eine getötet." Kann 
man sich eine krassere Verletzung des Völkerrechtes zur^See 
überhaupt noch denken? 
Die „Elektra" war als Seespitalschiff gemäß Artikel 2 des 
Abkommens betreffend die Anwendung der Genfer Konvention 
anf den Seekrieg vom 18. Oktober 1907, den feindlichen Kriegs-- 
mächten im diplomatischen Wege notifiziert, und mit dem im 
Nachartikel 5 dieses Abkommens für solche Fahrzeuge vorge-- 
schriebenen, äußerlich weit fichtbaren Abzeichen versehen worden. 
Die Anlancierung erfolgte, ohne daß das Schiff 
angehalten word en wäre, bei klarer Sicht und hel-- 
lein' Sonnenschein. 
Die Bundeslei- 
tung der Hsterrei- 
chischen Gesellschaft 
vom Roten Kreuz 
und das k. u. k. Mi- 
nisterinm des Äuße- 
ren erhoben gegen 
die Torpedierung 
ihres Spitalschiffes, 
durch welche sich die 
betreffende feindliche 
Kciegsmarine wenig 
Ehre geerntet hat, 
sofort den aller- 
schärfsten Protest, der an das Internationale Komitee vom 
Roten Kreuz zu Genf geleitet und von diesem allen Mächten 
notifiziert wurde. 
Die k. u. k. Regierung legte nachdrücklich Protest gegen 
die Vorgänge ein, durch welche die feindliche Marine sich 
nicht nur einer flagranten Verletzung eines durch die be- 
sagte Konvention feierlich bekräftigten Grundsatze des Völker- 
rechtes, sondern eines strafwürdigen Anschlages gegen die 
Menschlichkeit schuldig gemacht hat. 
Doch die Strafe sollte auf dem Fuße folgen; noch am 
gleichen Tage hat ein französischer Zerstörer bei Durazzo 
durch eines unserer U-Boote seinen Untergang gefunden. 
Diesmal waren die Gegner die Ersten, die diese Hiobspost 
verkündeten, als sie amtlich meldeten, daß der Torpedoboots- 
zerstöret„R e n a u d i n" im Adriatischen Meere am 18.d.M. 
früh von einem feindlichen Unterseeboot versenkt worden sei. 
Drei Offiziere, darunter der Kommandant und der zweite 
Offizier, sowie 44Mann wurden vermißt. Zwei Offiziere und 
34 Mann wurden von einem französischen Torpedoboot auf- 
genommen, das den „Renaudin" begleitet hatte. — Der „R e- 
n a u d i n"war ein ganz modernes Fahrzeug und lief Ende 191z 
vom Stapel. * * 
* 
Am 4. April 1916 ließ sich wieder einmal das k. u. k. Flotten- 
kommando wie folgt vernehmen: 
„Die jüngsten Besuche der italienischen Flieger in Lai- 
bach, Adelsberg und Triest, wurden am z. April nachmittags
	        
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