Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Seekrieg 1915/16. 
vertrieben. Erst das bei Tagesanbruch einsetzende Feuer 
der französisch-englischen Flotte befreite die feindlichen Truppen 
aus der Gefahr, ins Meer geworfen zu werden. 
So war es den englisch-französischen Streitkräften, wenn 
auch mit sehr schweren Opfern, gelungen, sich bei Sedil Bahr 
und Ari Burnu festzusetzen, an zwei Punkten, die sich unter 
dem Feuer der schweren Schiffsgeschütze befanden, so daß die 
Türken nur während der Nacht angreifen konnten. Zwar 
machten die Verbündeten immer wieder neue Versuche, weiter 
ins Land einzudringen und auf diese Weise die Befestigungen 
der Meerenge zwischen Kilid Bahr und Madytos im Rücken 
zu fassen. Aber alle ihre Bemühungen scheiterten an dem 
entschlossenen Widerstande der Türken, die mit wütenden 
Gegenstößen und nächtlichen Bajonettangriffen antworteten. 
Am 7. Mai konnte der türkische Generalstabsbericht mit 
stolzer Genugtuung darauf hinweisen, daß das ganze asiatische 
Ufer der Dardanellen vom Feinde gesäubert sei. So konzen- 
trierten sich die 
Kämpfe im we¬ 
sentlichen auf 
drei Punkte der 
Gallipolihalb- 
insel, auf die 
äußerste euro-- 
päische Spitze 
Sedil Bahr, auf 
den nördlicher 
gelegenen Lan- 
duugspunkt Ari 
Burnu und 
Kaba Tepe, das 
an der Landenge 
von Maidos 
liegt. Bei 
Burnu erfolg-- 
ten am 6. Mai 
nachts drei wuch-- 
tige Bajonett-- 
angriffe, bei de- 
nen eine ganze 
Division der 
englisch-franzö- 
fischen Truppen niedergemacht und ihr linker Flügel bis auf 
400 Meter ans Meer gedrängt wurde. Der Rest blieb, schwer 
bedroht, auf den steil zum Meer abfallenden Höhen stehen 
und geriet infolge der Vernichtung des Landungssteges durch 
türkisches Geschützfeuer in eine besonders gefährliche Lage. 
Auch bei Sedil Bahr wurden die Verbündeten unter ganz 
gewaltigen Verlusten, man spricht von 20 000 Toten, in die 
Flucht geschlagen und sie verloren, ebenso wie bei Ari Burnu, 
sehr viel Kriegsmaterial. Es ist aber nur zu begreiflich, daß 
bei solchen Kämpfen auch die Türken große Opfer bringen 
mußten, um den Feind ans Meer zurückzuwerfen. 
Am 8. Mai unternahmen die englisch-französischen 
Truppen abermals einen Angriff, der aber erfolglos blieb. 
Am 10. Mai fand ein neuer Vorstoß statt. Bei Ari Burnu 
wurden vier verzweifelte Angriffe mit der blanken Waffe 
zurückgewiesen, wobei drei feindliche Bataillone fast aufge- 
rieben wurden, und auch bei Sedil Bahr blieb der Angriff 
der Verbündeten ohne Wirkung. 
Für die außerordentliche Tüchtigkeit, die die türkischen 
Truppen in der Abwehr der feindlichen Angriffe während 
der ersten Maitage bewiesen haben, spricht der Bericht des 
Essad Pascha, der Verteidiger des Abschnittes von Ari Burnu im Schützengraben 
englischen?Kriegskorrespondenten Ashmead Bartlett: 
„Nichts ist bemerkenswerter als die Art, wie es die Türken 
verstanden Haben, ihre Stellungen zu verteidigen. Die 
türkische Infanterie wurde durch unser furchtbares Geschütz-- 
feuer nicht erschüttert. Unsere Geschütze konnten nur geringen 
Schaden an ihren gut angelegten Schützengräben anrichten. 
Da die Türken am 6. Mai das Feuer einstellten, glaubten wir, 
daß sie zurückgingen oder keine Munition mehr hätten. 
Aber als am 7. die Brigaden 87 und 88 gegen Krithea vor- 
rückten, eröffneten die Türken ein furchtbares Feuer aus 
ihren verborgenen Gräben, deren Lage nicht ermittelt 
werden konnte und deren Dasein nicht einmal vermutet 
worden war. Eines unserer Regimenter mußte sich unter 
dem schrecklichen Hagel der Gewehr-- und Maschinengewehr- 
kugeln zurückziehen. Auf dem rechten Flügel überschütteten 
die Türken die Franzosen mit gewaltigem Feuer. Die Linie 
wankte, brach und kam flüchtend den Abhang herunter. Ein 
Teil der Flücht- 
linge brach di- 
rekt durch die 
Linie der Naval- 
divisiou. Das 
türkische Feuer 
uuerträg- 
und es war 
möglich, 
die Standorte 
der türkischen 
Batterien zu er- 
Mitteln. — Alle 
Berichte von der 
Front erwiesen 
die unsagbar 
große Schwie- 
rigkeit,diefeind- 
liche Stellung 
festzustellen und 
anzugreifen.Die 
Schützengräben 
und Maschinen- 
gewehre, die 
zwischen dichtem 
Gestrüpp in den Schluchten verborgen sind, konnten auch 
durch das schwerste Geschütz nicht beschädigt werden. Jede 
Batterie mußte einzeln durch unsere-Infanterie angegriffen 
werden. Cs war deutlich, daß die Moral des Feindes durch 
unser Geschützfeuer, so heftig es auch war, nicht erschüttert 
werden konnte. Die^Türken fochten mit äußerster Tapferkeit 
und Entschlossenheit, und ihre Artillerie arbeitete meisterhaft. 
Sie schoß nur, wenn es unbedingt notwendig war, um 
das weitere Vorrücken der Franzosen auf unserem rechten 
Flügel oder unser eigenes Vorgehen zu hindern. Entweder 
hatten sie nicht viel Munition, oder jfte fürchteten, ihre 
Stellung unseren Schiffsgeschützen zu verraten. 
Am 8. Mai wollten unsere Truppen, obwohl durch die 
Anstrengungen ermattet, eine Entscheidung herbeiführen. 
Der Kampf begann mit unerhörtem Feuer aus den Schiffs- 
geschützen. Dann folgte ein Angriff der Infanterie. Der 
Feind war aber bereit. Sobald unsere Soldaten die Deckung 
verließen, erhob sich ein wahrer Sturm von Gewehr- und 
Maschinengewehrfeuer aus den Gräben, dem Gestrüpp und 
den Schluchten. Die Artillerie versuchte vergebens, dieses 
Feuer niederzuhalten. Die Truppen schmolzen unter dem
	        
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