28 Feldjug ge
dauernden kriegerischen Tätigkeit gab, in Polen die Russen,
nachdem sie an der Bzura gründlich geschlagen, von der
deutschen 9. Armee immer weiter nach Osten gedrängt
wurden, bereitete sich auch am KarpatheuMgel eine Offen-
sive vor, welche den Zweck hatte, der günstig fortschreitenden
Aktion in Polen wirksam zu sekundieren. Zu diesem Zwecke
und um die ostpreußische Offensive unter günstigen Vor-
bedingungen einzuleiten, gab unser deutscher Verbündeter
die Armee Linsingen an unsere Front in den Wald--
karpathen ab; ihre Versammlung war jedoch erst gegen
Ende Januar, also nach Beginn der Offensive unserer
bereits an Ort und Stelle befindlichen neugruppierten Kräfte
vollendet.
Unser Armeeoberkommandant FM. Erzherzog Fried-
r i ch setzte für den 25. den Beginn des Vorrückens fest.
Nur die gegen den Uzsokerpaß bestimmte Gruppe sollte um
einen Tag früher beginnen.
Doch auch die Russen entschlossen sich fast gleichzeitig
zu einer Offensive, und zwar gegen die infolge der Terrain-
konfiguration für sie günstigsten Angriffsstelle, die ein
breites von mehreren guten Kommunikationen durchzogenes
niederes Durchzugsgebiet umfassende Dukladepression.
So begann ein langes Ringen in schweren hin und her
wogenden Kämpfen, welche um so furchtbarer waren, als
auch der Winter mit elementarer Gewalt einsetzte. Zuerst
starke tagelang währende Schneefälle, dann langandauernde
grimmige Kälte. Die Schneemassen beeinträchtigten stark
die Operationen, da man oft nur schrittweise Raum ge-
Winnen konnte. Eine Tagesleistung von 4 bis 5 Kilometern
war häufig schon gut zu nennen. Viele versanken im Schnee
und mußten erst ausgeschaufelt werden. Der Erfrierungs-
tod forderte auch zahlreiche Opfer.
Beginn der Offensive der Armee Boroevic.
(2z.—27. Januar 1915.)
Es wurden drei Gruppen bereitgestellt, und zwar:
Am rechten Flügel FML. S z u r m a y mit etwa drei
Jufanteriedivisionen (darunter eine Honveddivision), ferner
eine schon im Gebiete der oberen Ung stehende Kavallerie-
division.
Aufgabe: Wiedereroberung des Uzfokerpasses und Vor-
dringen längs der Straße nach Tnrka, bis auf die Höhen
Ostry und Jaslowiec, um einer Kolonne der Armee L i n-
f i n g e n ein Umfassen der russischen Stellung beim Verecke-
paß, über Libnchora zu ermöglichen.
In der Mitte: FZM. v. Puhall 0 mit dem V. Korps
und einer Landwehrinfanteriedivision des XVIII. Korps.
Aufgabe: Vorrückung östlich der Sloninka auf Ustrczyki
und Unterstützung des Angriffes S z u r m a y s.
Am linken Flügel: FML. v. Krautwald mit dem
x. Korps und noch 2 weiteren Divisionen.
Aufgabe: Vorrückung entlang der Eisenbahn Lupko-
wer Paß—Sauok.
Bei Cseremcha hatte die 20.Honveddivision die Stellung
zu halten und überdies den Angriff der Gruppe Kraut-
w a l d zu unterstützen.
Eine Division: Armeereserve hinter der Gruppe Kraut-
wald. Der Westflügel der 3.Armee war vorläufig zum
Festhalten seiner Stellungen bestimmt.
FML. S z u r m a y hatte eine schwere Aufgabe. Der
Feind, etwa 2 Divisionen stark, war ziemlich weit in das
Ungtal vorgedrungen. Seine Vortruppen hatten die Täler
>en Rußland.
bei Cfontos und Pataknjfalu gesperrt und die dort nächst-
gelegenen Höhen besetzt. Die Hauptstellung befand sich
dahinter auf dem Cholopiecrückeu, der in der 1033Meter
hohen Studuica gipfelte, und anf den anschließenden Höhe».
Außerdem waren auch die den Paß beherrschenden Höhen,
vor allem die Zolobina stark befestigt.
Die Eroberung des Uzsoker Passes.
(23.—27. Januar 1915.)
In mehreren Serpentinen windet sich die Straße von
der Paßhöhe in das Ungtal hinab, wo sie dann dem Fluß-
laufe folgend, denselben mehrmals überquert. Gleichlaufend
mit dieser führt die Eisenbahnlinie Lemberg—Budapest.
Es war daher naheliegend, daß dieser Übergangspunkt für
die Russen eine ganz besondere Bedeutung haben mußte
und sie alles daran setzten, um ihn zu halten. Mit nicht
weniger als zwei Divisionen hatten sie die die Paßhöhe
und das Ungtal beherrschenden vielen Kuppen und Rücken-
linien besetzt, wobei sich ihnen die Möglichkeit bot, durch
Vorschieben ihrer Truppen bis weit ins Ungtal, und auf
die das Tal beherrschenden Höhen, die Verteidigung in
mehreren hinter einander gelegenen Abschnitten zu führen.
Ihr erster Abschnitt waren die unmittelbar nördlich des
Ortes Csontos gelegenen Höhen, und südöstlich die Höhe
des Kraschin (1034 Meter), dem folgte weiter rückwärts der
Eholopiecrücken mit der 103? Meter hohen Studnica, ein
sehr lang sich in südöstlicher Richtung hinziehender Höhen-
kämm, der eine Umfassung von Süden her sehr erschweren
mußte. Nördlich erschwerten gleichfalls mehrfache Rücken-
linien, die die Anmarschlinie überquerten, die Gewinnung
der Paßhöhe. Dieser selbst war aber die 822 Meter hohe
Zolobina vorgelegen, während ein Kranz von teilweise be-
waldeten Kuppen unmittelbar die Paßhöhe umgab.
Mit der seit jeher bekannten Geschicklichkeit wußten sich
die Russen nach allen Seiten hin auf diesen Höhen zu be-
festigen, wozu sie den Monat Januar mit allem Eifer be-
nützten. Das notwendige Artillerie- und sonstige technische
Material schaffte ihnen die Bahn über Turka, aus Lemberg
und aus Rußland. Es war ihnen nur sehr ungelegen, daß
die Bahnbenützung nur bis zur Paßhöhe und nicht weiter
möglich war, denn der 35 Meter hohe Viadukt bei Esorba-
domb war von uns beim Rückzüge gesprengt worden.
War die Verteidigungsinstandsetzung durch die Russen
eine sehr gründliche, nicht minder durchgreifend waren die
Vorbereitungsmaßnahmen, die FML. S z u r m a y für
den Angriff traf. In der Voraussicht der Schwierigkeiten
des Nachschubes während der ganzen Aktion, bei den Herr-
schenden und noch zu gewärtigenden Witterungsverhält-
nissen, wurde mit der Bahn alles herbeigeschafft, was an
Transportmittel im Gebirge notwendig werden konnte:
Wagen, Schlitten und Tragtiere. Unsere, schon von den
Friedensmanövern her an die Strapazen des Gebirgs-
krieges von Bosnien, Herzegowina und Tirol gewöhnten
Truppen, boten die beste Gewähr für das Gelingen des
kühnen Planes, durch eine weitausgreifende beiderseitige
Umgehung den Feind aus seiner weit ausgebauten Stellung
hiuauszumanövriereu.
Und er gelang.
Die Witterung war, wie erwähnt, sehr schlecht. Oben
schneite es und herrschte starker Frost, während es im Tale
regnete; dichter Nebel umhüllte Berg und Tal. Zeitweise
herrschte Schneegestöber aufden Höhen und die Kälte nahm zu.