Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

382 Seekrieg 1915/16. 
wenige Monate ernähren kann, von 
unabsehbarer Tragweite sein konnte. 
Doch das war lange noch nicht 
alles. Bis Anfang Februar 1915 
konnte die englische Postschiffahrt im 
großen und ganzen doch noch aufrecht 
erhalten werden. Dieses Bild hatte 
sich nun sehr schnell verändert. Die 
ganze Schiffahrt von und zu den 
englischen Häfen geriet völlig ins 
Stocken und war in mancher Hinsicht 
geradezu gelähmt, da viele englische 
und noch mehr neutrale Schiffahrts- 
linien den Verkehr ganz eingestellt 
hatten. Die Matrosen weigerten sich 
die gefahrvolle Reise nach England 
zu unternehmen und die norwegi-- 
schen, schwedischen und dänischen 
Schiffe wurden immer seltenere Gäste 
in den englischen Häfen, während 
jene Schiffe, die dort lagen, nicht 
Ein holländischer Handelsdampfer wird mit den Landesfarben am Rumpfe bemalt, um nicht ^ waret!* 
von U-Booten torpediert zu werden. , Alle diese Momente bewiesen greift 
bar, welch tiefeinschneidenden Ein- 
ausgebrochen sein. Die treu gebliebenen Matrosen beschossen fluß die deutschen Maßnahmen auf alle Probleme des 
das Schiff, dessen Besatzung sich ergeben mußte, zo Mann Seeverkehrs ausgeübt haben. 
wurden erschossen, 400 gefesselt nach Petersburg gebracht. Mit den wahrnehmbaren Erfolgen der deutschen U-Boot- 
Nachdem bereits englischerseits das Bestehen einer plan-- sperre war aber auch ein horrendes Steigen aller Lebens- 
mäßigen Überwachung der neutralen Schiffahrt am Süd-- mittelpreise in ganz Großbritannien verbunden, 
ansgange des Sunds und damit die uneingeschränkte Die britische Regierung versuchte natürlich alles mögliche, 
Betätigung der deutschen Marine in der Ostsee zugestanden um die Tätigkeit der deutschen U-Boote zu unterbinden, 
war, wurde bekannt, daß, entgegen der britischen Behaup-- Sie sandte eine große Anzahl leichter Kreuzer und Zerstörer 
tungen vom Versagen des deutschen U-Bootkrieges, anfangs in die gefährdeten Gewässer, ließ ihre Handelsschiffe neutrale 
Dezember 1915 in der Ostsee allein schon 68 Schiffe ver- Flaggen hissen, und solche trügerische Abzeichen auch an 
senkt worden waren. Rumpf und Schornstein anbringen, um diese als angeblich 
neutrale Schiffe leichter ans Ziel zu bringen. Versicherungs- 
II. Der Unterseebootkrieg als Handels- gesellschaften setzten hohe Prämien für denjenigen Dampfer 
sperre. ans, dem die Vernichtung eines deutschen U-Bootes ge- 
Bereits nach einer Woche des verschärften U-Boot- lingen sollte, und die britische Admiralität unterstützte dies 
krieges machte sich dessen Einwirkung auf England und dadurch, daß sie Geschütze zur Verfügung stellte, mit denen 
Frankreich stark fühlbar. Zahlreiche englische Schiffe waren die Handelsschiffe auf etwa ahnungslos auftauchende Boote 
schon gesunken, mehrere tausend englische Soldaten, die nach schießen sollten. Als nach dem ersten Erscheinen deutscher 
Frankreich zur Teilnahme am Feldzuge hätten entsendet U-Boote in der irischen See die ohnehin schon so hohen 
werden sollen, hatten in den Wellen des Meeres ihr Grab Versicherungsprämien innerhalb einer Woche zu doppelter 
gefunden. Schiffe, die Getreide, Baumwolle und Kriegs- Höhe emporschnellten, die Frachten enorm stiegen und bereits 
artikel nach England hätten führen sollen, kamen am Ziele 9000 Seeleute streikten, weil sie sich der durch die Deutschen 
nicht an, sei es, daß sie von U-Booten versenkt, oder auf die drohenden Gefahr nicht aussetzen wollten, ja zahlreiche 
von den Deutschen gelegten Seeminen gestoßen waren. Die Reedereien, entgegen den Weisungen der Regierung deshalb 
psychologische Wirkung des Unterseebootskrieges gestaltete den Betrieb einstellen mußten, da erließ die Admiralität eine 
sich nicht minder tiefgehend, als die bisherigen tatsächlichen Ankündigung, derzufolge die Besatzungen englischer Handels- 
Zerstörungen. Englands Schiffe begannen den größten schiffe, die im Dienst zu Schaden kommen sollten, dieselbe Ver- 
Schaden zu erleiden, aber auch auf die Neutralen war die sorgung zugesichert erhielten, wie die Seeleute der königlichen 
Wirkung eine außerordentlich starke, was daraus zu erkennen Flotte. Den Mannschaften der Schiffe, die Lebensmittel glück- 
war, daß die amtlichen Bureaus für Seeversicherungen in lich in den Hafen brachten, sollte eine Prämie in der Höhe 
den Vereinigten Staaten ihre Versicherungen für Schiffe und von 10 Prozent des Wertes der Ladung zuerkannt werden. 
Ladungen nach den kriegsführenden Ländern einschränkten. Ende März war schon eine stattliche Reihe von Dampfern 
Auch die norwegischen und dänischen Schiffe begannen ihre in den englischen Häsen überfällig, gar nicht zu sprechen von 
Linien nach England zu vermindern, weil kein noch so hoher der großen Zahl jener Schisse, die durch deutsche Untersee- 
Gewinn die große Gefahr der Zerstörung aufwiegen konnte, boote vernichtet worden oder doch infolge starker Beschädigung 
Bald mußte England in seiner Zufuhr auf die eigenen Schiffe für längere Zeit seeuntüchtig geworden waren/ Da griff die 
angewiesen bleiben, was in absehbarer Zeit für die ganze englische Admiralität in ihrer Notlage zu einer Maßregel, die 
Kriegsführung, für die Versorgung einer Bevölkerung von ihrer Ansicht nach der „Unterseebootspest" einen absolut 
42 Millionen, welche der eigene Boden Englands nur für wirksamen Riegel vorschieben mußte.
	        
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