Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Seekrieg 1915/16. 
seicht. Eine Reihe von Fortsgürteln schützen die Zufahrten 
und die Stadt, deren Seefront über rund 4000 schwere, 
mittlere und kleine Geschütze, darunter zirka 500 15 Zenti¬ 
meter-Haubitzen und 24 Zentimeter Mörser verfügt. Der 
Kriegshafen Venedigs wurde in den letzten Jahren stark 
ausgebaggert, fodaß auch große Schiffe nunmehr dort ein- 
und auslaufen können. Auf der dortigen Werft der ita-- 
lienifchen Kriegsmarine, die ungefähr 2000 Arbeiter be-- 
schäftigt, wurden in der letzten Zeit der Kreuzer „Quart 0" 
und zwei Unterseeboote gebaut. Für Großkampfschiffe ist 
ein Trockendock von 225 Meter 
Länge, 36Meter Breite und 
12 Meter Tiefe verfügbar. 
Das Seearsenal t'ff wohl 
eines der ältesten Europas. Es 
wurde 1104 gegründet und war 
schon zu Dantes Zeiten be-- 
rühmt. 1304erfuhr es seine 
erste Vergrößerung nach Plänen 
des Andrea Pisano, 132? 
kam das Arsenale Nuovo 
hinzu,dem 1473das Arsenale 
N 0 vissim 0 angegliedert 
wurde. Eine neuerliche Ver- 
größerung erfuhr es 1539, ge- 
legentlich welcher das R i p a r t 0 
delle Galeazze hinzukam. 
Auch unter österreichischer Herr- 
schaft wurde es zu Kriegszwecken 
benützt, und zahlreiche Schiffe 
wurden von uns dort gebaut. 
Nachdem Venedig 1866 wieder 
dem Königreich Italien einver- 
leibt worden war, blieb es eine 
Zeitlang der wichtigste Kriegs- 
Hafen. Später büßte es an Be- 
beutung gegenüber S p e z z i a 
und Maddalena ein. In 
den letzten Jahren, und zwar 
ungefähr seit der berühmten 
Extratour Italiens anläßlichder 
Konferenz von Algeciras, wurde 
ihm neuerlich größere Aufmerk- 
famkeit zugewendet. Im gegen- 
wärtigen Kriege war es jeden- 
falls dazu bestimmt, eine 
wichtige Rolle zu spielen, und 
deshalb bildete es bann im 
Laufe des Krieges ein willkom- 
menes Ziel für die Luftangriffe unserer Marineflieger. Venedig 
besitzt uns gegenüber große Bedeutung als unserer Küste zu- 
nächst gelegener Basishafen für Torpedo-, Unterseeboote und 
Flottenabteilungen, die bei Operationen gegen Pola und Triest 
auf die wirksame Unterstützung Venedigs angewiesen sind. 
Gleich wie Venedig, ist auch A n c 0 n a ein italienischer 
Kriegshafen. Die Stadt hat 30 000Einwohner und 
liegt amphitheatralifch am Fuße des 572 Meter hohen 
Monte E 0 n e r 0 angelehnt. Das 8 Meter tiefe, etwa 
% Kilometer große Hafenbecken wird durch eine Reihe von 
Forts verteidigt. Hier befinden sich auch große Ölbehälter 
für die Flotte, die ein wertvolles Angriffsobjekt bilden. 
Bis etwa zu Beginn dieses Jahrhunderts, wurde Ancona 
als Kciegshafen vernachlässigt, aber als man Venedig 1901 
Linienschiffskapitän Nikolaus Horthy ds Magybänya 
Kommandant der „Novara". 
wieder auszubauen begann, wurde auch Ancona neuerliches 
Augenmerk zugewendet, wobei unter anderem zu Ehiara- 
valle, das etwas nordwestlich von Ancona gelegen, eine 
B a l l 0 n h a l l e und eine Fliegerstation errichtet wurde. 
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* 
Die Entente erwartete vom neu erworbenen Genossen 
vor allem eine Entlastung zu Lande, gleichzeitig aber auch 
eine intensive Tätigkeit zur See, gewissermaßen eine 
Ablösung des adriatischen Blockadeauf-- 
g e b 0 t e s, dessen andere Aufgaben harrten. 
Die maßgebende Auffassung 
der mit Eintritt Italiens ge- 
fchaffenen neuen Lage lautete 
in den Reihen unserer Gegner, 
daß uns, so wie die Verhältnisse 
nun einmal lägen, durch die 
Mitwirkung der italienischen 
Flotte ein unbesiegbarer Feind 
erstehen werde. 
Dies vorausgeschi ckt soll nun 
an die chronologische Schilde- 
rung der maritimen Kriegs- 
ereignisse geschritten werden. 
Wie sich bald herausstellte 
hatte Italien gerade zur 
See keineswegs mit der Of- 
fensivfreudigkeit unserer Flotte 
gerechnet, denn schon in der ber 
Kriegserklärung unmittelbar 
folgenden Nacht unternahmen 
unsere Geschwader einen höchst 
schneidig durchgeführten Angriff 
gegen die italienische Küste zwi- 
schen Venedig und Bar- 
l e t t a, in einer Ausdehnung 
von ungefähr 600Kilometer, 
an welcher Unternehmung auch 
Seeflugzeuge einen regen An- 
teil nahmen. Der Hauptstoß 
richtete sich gegen Ancona, 
dessen Befestigungen und 
militärische Anstalten 
gründlich unter Feuer genom- 
men wurden. Die erste Nach- 
richt vom 24. Mai lautete: 
„Unsere Flotte hat in der 
auf die Kriegserklärung folgen- 
den Nacht, vom 23. auf den 24. Mai, eine Aktion gegen 
die italienische Ostküste zwischen Venedig und Bar- 
l e t t a unternommen und hiebet an zahlreichen Stellen 
militärisch wichtige Objekte mit Erfolg beschossen. 
Gleichzeitig belegten unsere Seeflugzeuge die Ballon- 
halle in Ehiaravalle, sowie militärische Anlagen in 
Ancona und das Arsenal in Venedig mit 
Bomben, wodurch sachlicher Schaden und Brände verur- 
sacht wurden. Flottenkommando." 
Der ausführliche spätere amtliche Bericht über diese 
Unternehmung lautet wörtlich: 
„Heute am 24. Mai 4 Uhr morgens vor Sonnenaufgang, 
also genau zwölf Stunden nach der Kriegserklärung seitens
	        
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