Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

296 Der Krieg 
Artilleriefeuer daran gehindert. Heftige Kämpfe begannen 
erst wieder am 23.Juni. Abends wirkten zahlreiche schwere 
Batterien gegen den Monte San Michele und den Raum 
von San Martino. Nachdem sich dieses Feuer auf die ganze 
Hochfläche ausgedehnt und zu größter Stärke gesteigert 
hatte, ging die feindliche Infanterie zum Angriff vor. Nun 
entspannen sich namentlich am Monte San Michele, bei 
San Martino und östlich Vermegliano sehr heftige Kämpfe, 
die im nördlichen Abschnitte der Hochfläche bis zum 30. Juni, 
im südlichen bis zum 6. Juli dauerten. Hier richteten sich die 
heftigsten Anstrengungen des Feindes gegen den Rücken 
östlich von Monfalcone, den am 3. Juli die braven Landsturm- 
truppen der 106. Division gegen sieben Angriffe vollständig 
behaupteten. Vorstöße der Italiener gegen unsere Stellungen 
bei Bagni, am Monte Cosich und östlich von Selz wurden 
gleichfalls zum Teil im Handgemenge abgewiesen. Auch 
der Görzer Brückenkopf wurde während dieser Tage heftig 
beschossen. Am 28. Juni drangen feindliche Kräfte am 
Südteil unserer Podgorastellung in die vordersten Gräben 
ein, wurden aber wieder hinausgeworfen. 
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Gegen Ende des Monats Juli 1916 mehrten sich die An- 
zeichen, daß die Italiener sich anschickten, den aus Frankreich und 
England kommenden dringenden Aufforderungen, sich energisch 
an der allgemeinen Offensive zu beteiligen, Folge zu leisten. 
Auch C a d 0 r n a selbst kündete gegen seine sonstige Ge- 
wohnheit in seinen Berichten den bevorstehenden Angriff an. 
Die Vorbereitungen hiezn reichten offenbar bereits auf längere 
Zeit zurück. Die am Jsonzo stehenden Regimenter waren 
alle auf volle Stärke ergänzt und zahlreiche Reserveformationen 
bereitgestellt worden. Ein besonderes Augenmerk wurde der 
artilleristischen Ausrüstung der neuen Offensive zugewendet. 
Zahlreiche neue Batterien wurden aufgestellt; insgesamt 
sollten nach italienischen Angaben 7000 Geschütze an der 
Jsonzofront angesammelt sein. Das war wohl stark über- 
trieben, aber auch unsere Flieger meldeten, daß die Italiener 
überall neue Geschütze vorgezogen hätten und daß das ganze 
Hügelgebiet um St. Florian ein artilleristischer Maffenplatz sei. 
Auf unserer Seite hingegen waren die Verhältnisse am nord- 
östlichen Kriegsschauplatz nicht dazu angetan, den braven Truppen 
am Jsonzo, von wo das III. Korps bereits vor Beginn unserer 
Offensive in Südtirol abgezogen worden war, eine Verstärkung 
zukommen zu lassen. Im Gegenteil ließ sich die oberste Heeres- 
leitung bestimmen, eine weitere Anzahl erprobter Truppen- 
körper von dort nach Norden zu dirigieren und auch die Mu- 
nitionszufuhr war gerade in diesem kritischen Augenblick eine 
gegen früher wesentlich verringerte. So sahen die Vertei- 
diger der so lange unerschütterlich behaupteten Linie von Tol- 
mein bis zum Meere dem neuen feindlichen Ansturm unter 
recht ungünstigen Verhältnissen entgegen. 
Die Einleitung der italienischen Operationen bildete der 
Flug eines zahlreichen Fluggeschwaders, der sich am r. August 
gegen Finme und Triest richtete. Es war die größte derartige 
Unternehmung, welche die Italiener seit Ausbruch des Krieges 
ins Werk gesetzt hatten. Daß sie so gründlich mißglückte, ist 
dem außerordentlichen Schneid und dem Geschick eines einzelnen 
österreichisch-ungarischen Fliegeroffiziers, des Linienschiffsleut- 
nants B a n f i e l d zu verdanken, der seinen zahlreichen Er- 
folgen über italienische Flieger einen neuen und zugleich den 
schönsten hinzufügte. 
Vom 1. Aagust ab begann auch die Artillerietätigkeit 
der Italiener sehr heftig zu werden. Das Feuer fing am 
gen Italien. 
Plateau von Doberdo mit einem Abtasten der Südfront an, 
breitete sich dann mit aller Kraft über die Abhänge der Hoch- 
fläche aus und zog über den Görzer Brückenkopf weiter bis 
zum Mt. Sabotin. 
Am 4. August kam es zu heftigen Kämpfen im südlichen 
Teil des Plateaus, während gleichzeitig der nördliche und der 
Görzer Brückenkopf unter starkem Geschützfeuer standen. 
Das italienische Artilleriefeuer setzte im Abschnitte Mt. dei 
sei Busi—Monfalconerücken um 10 Uhr vormittags mit 
größter Heftigkeit ein. Nach ununterbrochen anhaltendem 
vierstündigen Massenfeuer begannen um 2 Uhr nachmittags 
die italienischen Jnsanterieangriffe. Die ersten Versuche des 
Gegners, aus seinen Deckungen vorzugehen, scheiterten an der 
trefflichen Wirkung der braven Artillerie. Trotzdem gelang 
es dem Feinde im Laufe des Nachmittags, an mehreren 
Punkten in unsere Stellungen einzudringen. Dank der tapferen 
Haltung unserer Infanterie wurde er jedoch im Nahkampf 
überall wieder hinausgeworfen, so daß um 7 Uhr abends die 
ganze alte Stellung wiederum in unserem Besitze war. Um 
diese Zeit ließ das Geschützfeuer nach und flaute bis zum Ein- 
brnch der Dunkelheit völlig ab. Mindestens sieben italienische 
Regimenter waren an diesem mißlungenen Angriff beteiligt, 
230 Mann wurden unverwundet gefangen, 2 Maschinen- 
gewehre erbeutet. 
Wie zu erwarten stand, bildeten diese Kämpfe nur das 
Vorspiel zum italienischen Gesamtangriff. Am 5., in den 
ersten Morgenstunden trat die italienische Artillerie auch überall 
nördlich des Monte dei sei Busi in Tätigkeit. Der ganze 
nördliche Plateaurand mit dem Monte San Michele, unsere 
Stellungen am Görzer Brückenkopf selbst, der Monte Sabotino 
und der ganze Jsonzoabschnitt bis Tolmein standen durch 
mehrere Stunden im heftigsten Feuer der feindlichen Ge- 
schütze aller Kaliber. Mit ihren schweren Batterien beschossen 
die Italiener von Monfalcone aus das in der gleichnamigen 
Bucht gelegene Seebad Sistiana. Das dortige Hotel erhielt 
mehrere Volltreffer. Auch die Stadt Görz wurde wieder mit 
einer Beschießung bedacht, wobei mit einer gewissen Konse- 
quenz besonders die mit dem Abzeichen des Roten Kreuzes 
gekennzeichneten Sanitätsanstalten und Lazarette zum Ziele 
genommen wurden. So beschossen die Italiener das Kloster 
der Barmherzigen Brüder, in dem während des ganzen Krieges 
das Werk christlicher Charitas eine schöne Heimstätte gefunden 
hatte. Seine Gebäude wurden jetzt mit schweren Granaten 
zerstört. Von den darin untergebrachten Verwundeten waren 
die transportfähigen nach Triest gebracht worden, bei den un- 
transportablen waren sechs Brüder zurückgeblieben, darunter 
der 72jährige Snbprior Vitus Krikava und der Prior 
Longinus H 0 r a k. Der erstere wurde durch eines der ein- 
fallenden Geschosse getötet, der zweite schwer verletzt. Die 
Beschießung des Spitals war offenbar planmäßig, denn 
das Gebäude bot sich vom Garten aus so frei den Blicken 
der Italiener auf der Anhöhe von St. Florian, daß diese mit 
Ferngläsern alles im Hause beobachten konnten. Man ver- 
mutet, daß der seit Kriegsbeginn wegen seiner irredentistischen 
Gesinnung entlassene Anstaltsarzt De Fiori, welcher zum 
Feinde geflohen war, die Beschießung veranlaßt habe, da er 
beim Abschied erklärt hatte, sich an dem Konvent rächen zu 
wollen. — In der Stadt wurden durch die Beschießung zahl- 
reiche Häuser beschädigt und mehrere Frauen und Kiuder getötet. 
In den Mittagsstunden wurde die Artillerietätigkeit an 
der ganzen Front schwächer und nachmittags setzten Infanterie- 
angriffe ein. Bis zum Abend wiederholten die Italiener an 
verschiedenen Punkten des Plateaus Angriff auf Angriff. In
	        
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