Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

274 Der Krieg g 
Zurücklassung vieler Toter das Weite suchten. — Auch auf 
dem Plateau scheiterten alle feindlichen Stürme. Einer davon 
wurde durch einen am linken Flügel angesetzten schneidigen 
Gegenstoß des Brünner Hausregiments Erzherzog Karl 
Stephan Nr. 8 glänzend abgeschlagen. Bei Redipuglia hatten 
stärkere feindliche Kräfte, bei denen sich ein Bersaglieribataillon 
ohne Gewehre, nur mit Handgranaten bewaffnet befand, 
einen Angriff unternommen, bei dessen völliger Abweisung 
zwei Bersaglierikompagnien vernichtet wurden und 250 
Feindesleichen vor der Front zurückblieben. 
Mit dem 6. Juli endete die erste Schlacht 
b e i G ö r z. In den nächsten Tagen gab es zwar noch ver- 
einzelte Vorstöße und mitunter heftige Kanonaden, aber im 
ganzen war die Kraft der Italiener an diesem Punkte vor- 
läufig erschöpft. Eine italienische Zeitung bezifferte ihre Ver- 
luste — trotz Zensur — mit 80 000 Mann. Alle Stellungen 
waren unverändert in unseren Händen geblieben, wie der 
Bericht der Heeresleitung hervorhob: „Dank der über alles 
Lob erhabenen Haltung unserer vortrefflichen, kriegsgewohnten 
Truppen, besonders der tapferen Infanterie". 
★ ★ 
Die Zeit bis zum 18. Juli benützte der Gegner offenbar 
zur Heranschaffung neuer Truppen und zur Munitionser- 
gänzuug, denn an diesem Tage begann er mit rund % Million 
Soldaten und mit einer auf das dreifache gesteigerten ar¬ 
tilleristischen Kraft 
die zweite Jsonzoschlacht, 
abermals in der Front vom Monte Sabotino oberhalb Görz 
bis zum Meere. 
Zu diesem zweiten Durchbruchsversuche hatten die Italiener 
7 Armeekorps mit 14 Heeres- und 3 Milizdivisionen bereit¬ 
gestellt: 168 Linien-, 21 Bersaglieri- und 36Mobil miliz- 
bataillone. Wenn man bedenkt, daß die Franzosen im Jahre 
1914 in der Champagne ungefähr 12, bei Arras 16 Divisionen 
einsetzten, so sind diese 17 Divisionen die gewaltigste Menschen- 
masse, die bisher im Räume einer Angriffsfront von etwa 
30 Kilometer beisammen war. Es verfügten die sieben 
italienischen Armeekorps an leichten Feldkanonen über 
678 Stück, an schwerer Artillerie des Feldheeres über min- 
bestens 56 14-Zentimeterhaubitzen; und die drei Mobil- 
milizdivisionen brachten weitere 96 leichte Feldkanonen hinzu. 
Dazu kamen dann zwei, wahrscheinlich drei Abteilungen 
schwerer Feldkanonen von 14 Zentimeter Kaliber, die den 
Armeekommanden unterstellt sind und deren Geschützzahl 
auf 24, beziehungsweise auf 36 Stück zu veranschlagen ist, 
ferner eine große Anzahl von 21 Zentimeter- und 28 Zenti- 
meter-Mörsern sowie von 30,5-Zenti meter-Küstengeschützen, 
über deren Organisation und Zuteilung noch nichts Genaues 
bekannt ist. Mehr als 900Geschütze aller Kaliber vereinigten 
also ihr Feuer gegen unsere Stellungen. 
Diese verliefen von den drei heiß umstrittenen Stützpunkten 
des Görzer Brückenkopfes Oslavija, Pevma, Podgora über 
Sant Andrä gegen Rubbia zum Plateau von Doberdo. Vor 
Rubbia überschritt die Front die Wippach und hielt sich dann 
an dem steilen Hang der Hochebene. Sie zog sich östlich der 
Orte Polazzo, Redipuglia, Vermegliano und Selz, um deren 
Besitz die Hauptkämpfe der Schlacht gingen. Das Plateau 
wurde von dem in letzter Zeit eingetroffenen VII. Korps 
unter Erzherzog Joseph verteidigt, dem die 57. Jnfan- 
teriedivision unterstellt wurde; im Brückenkopfe von Görz 
stand wie früher das XVI. Korps unter FZM. Wurm. 
>en Italien. 
Am 18. bei Morgengrauen begann das Bombardement 
unserer Front aus Geschützen aller Kaliber, in das von der 
Jsonzomündung her auch die schwimmenden Lagunenbatterien 
der Italiener eingriffen. Die Rand höhen des Plateaus vom 
Monte Eosich bis zum Monte S. Michele und am Nord- 
flügel die Görz vorgelagerten Podgorahöhen wurden mit 
Granaten überschüttet; auf manche Stellen gab die italienische 
Artillerie 60—70 Schüsse in der Minute ab. Auf dem 
Raum der Hochfläche von Doberdo konzentrierte sich das 
Feuer der Feldkanonen und leichten Haubitzen, dann von 
15 Einundzwanziger- und Achtundzwanziger-Mörsern mit 
einer Vehemenz und Unmittelbarkeit der Aufeinanderfolge, 
die an die unerschütterliche moralische Kraft unserer Truppen 
die höchsten Anforderungen stellte, zumal bei den enormen 
Schwierigkeiten, unter denen der Kampf geführt werden 
mußte. Der steinige Karstboden ist nicht die gefügige Erde 
der Champagne/er erschwert das Eingraben aufs höchste und 
bietet auch der Aufstellung der schweren Artillerie alle mög- 
lichen Hindernisse. Trotzdem wurden auch unsere Batterien 
ihrer Aufgabe vollkommen gerecht. Gegenüber der Muni- 
tionsverfchwendung der italienischen Artillerie schössen sie 
nur selten, aber dann mit todsicherem Erfolge. Wiederholt 
wurde beobachtet, daß feindliche Batterien schon durch 
wenige Schüsse der Unsrigen zum Schweigen gebracht wurden. 
Das Bombardement dauerte bis zur Mittagszeit, worauf 
dann während eines Gewittersturmes der Angriff starker 
Jnfanteriemassen gegen die Hochfläche einsetzte. Der Rand 
derselben wurde an mehreren Stellen erstiegen und genommen, 
aber im wütenden Handgemenge, das bis in die Nacht währte, 
warfen die Unsrigen die allmählich ermattenden Feinde unter 
großen Verlusten wieder die Hänge hinunter. 
Am 19. bei Tagesanbruch kam die italienische Artillerie 
wieder ihren Fußtruppen zu Hilfe, die daraufhin erneuert 
gegen den ganzen Westrand zwischen Monte Eosich und 
Monte S. Michele vorgetrieben wurden. Wieder vergeblich. 
Fünfzehnmal griffen frische Truppen unsere Stellungen an, 
fünfzehnmal wurden sie blutig zurückgeschlagen. Am heftig- 
sten wütete der Kampf bei Sdraussina, wo sich Honved- 
truppen besonders hervortaten. 
Auch gegen Podgora richteten sich an diesem Tage ver- 
zweifelte Jnfanterieangriffe. Der Kalvarienberg war von der 
italienischen Artillerie dermaßen bearbeitet worden, daß es 
keine Stelle gab, die nicht mit Teilen zersprengter Granaten 
und Schrapnells übersät gewesen wäre. Merkwürdiger- 
weise standen noch immer die drei Kreuze aufrecht, denen 
der Berg seinen Namen verdankt. Einmal wurde das Christus- 
bild auf dem mittleren Kreuze von feindlichen Schüssen zu 
Boden geworfen. Da sprang ein Dalmatiner aus seiner 
Deckung hervor und befestigte es mitten im Kugelregen wieder 
an der früheren Stelle. — Als der Westhang des Berges 
dermaßen von den Granaten aufgewühlt war, daß kein Qua- 
dratmeter mehr unberührt schien, schritt die italienische 
U. Division zum Sturme. Tatsächlich gelang es ihr in unsere 
Stellungen einzudringen. C a d 0 r n a meldete dem König, 
daß die Position genommen sei. Aber in der Nacht kehrten 
die tapferen Dalmatiner, durch 3 Bataillone Reserven 
verstärkt, zurück, und nach einem wütenden Handgemenge 
waren um 1 Uhr morgens alle Stellungen wieder unbe- 
stritten in ihren Händen. Ja sie drangen über den Abhang 
bis zu den feindlichen Stellungen vor und mußten erst von 
dort zurückgerufen werden. Die italienische Brigade Re, 
der Stolz Viktor Emanuels, war in diesem Kampfe 
vernichtet worden.
	        
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