Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Der Krieg gegen Italien. 
Der römische Korrespondent der „Gazette de Lausanne" 
aber telegraphierte seinem Blatte, daß König Viktor 
E m a n u e l, als er in der Schlacht bei Plava, der er 
beiwohnte, seine Piemontesischen Soldaten unter riesigen 
Verlusten zurückfluten sah, in Tränen ausgebrochen sei. 
Hätte der König dem schmachvollen Verrate an seinem 
Bundesgenossen die Zustimmung verweigert, wären ihm 
diese Tränen erspart geblieben! 
Während die Kämpfe bei Plava im Gange waren, be* 
gannen auch die Vorstöße des Feindes gegen den Görzer 
Brückenkopf und gegen den südlichsten Teil unserer 
Front, das Plateau von Doberdo. 
Die ersten Versuche, de» 
Jsonzo unterhalb Görz zu über-- 
schreiten, wurden "am 6. Zuni bei 
Gradiska und Sagrado unter-- 
nommen. 
Stärker mühten sich die Jta* 
liener in der Nacht vom 8. auf 
den 9. Juni oberhalb der zerstör-- 
ten Brücke von Sagrado, eine 
Brücke über den Fluß zu schlagen. 
In der Dunkelheit gelang ihnen 
der Brückenschlag bis zu der dort 
im Jsonzo liegenden Sandinsel. 
Bald nach Tagesanbruch aber 
eröffnete unsere Artillerie das 
Feuer auf die Brücke und gegen 
die auf die Insel vorgebrachte 
feindliche Infanterie. Nachdem 
die Brücke zerstört und so ein 
Rückzug der auf der Insel an-- 
gesammelten Truppe unmöglich 
gemacht war, bestrich die Artillerie 
die Insel der Länge und Breite 
nach und vertrieb den Feind, der 
teils watend, teils schwimmend 
das jenseitige Ufer wieder zu er* 
reichen suchte. Der Landungs-- 
versuch war gänzlich gescheitert, 
z Offiziere und 195 Mann wur-- 
den gefangen genommen. Viele 
von ihnen waren halb nackt, da sie bei dem Versuche, das 
Ufer schwimmend zu erreichen, die Kleider abgelegt hatten. 
Sie mußten mit Monturen und Schuhen versehen werden. 
Noch einmal wagten die Italiener einen Übergang, dies- 
mal bei der alten Brücke von Sagrado selbst; es war vergeblich. 
Schon früher, am 27. Mai, hatten die Italiener den Görz 
beherrschenden Monte Sabotino angegriffen, waren 
aber zurückgeschlagen worden, wobei vom benachbarten 
Monte Santo auf dem linken Jsonzoufer Geschütze steirischer 
Truppen mitwirkten. Auch ein zweiter Sturm in der Nacht 
zum 7. Juni, der gleichzeitig mit den Übergangsversuchen 
am unteren Jsonzo eingeleitet wurde, mißlang. Die Italiener 
versuchten nun, indem sie Lucinico anzündeten, Rauch- 
masken vor sich zu legen, um unter diesem Schutze die 
Podgora anzugreifen, aber der Abendwind, der sonst von 
Süden her nach Görz bläst, drehte sich, und so wurde auch 
diese Absicht des Gegners vereitelt. Als die Italiener ein* 
sahen, daß sie auf solche Weise nichts erreichten, bereiteten 
Verschwendung vor. Gegen zoo Geschütze standen gegen 
die Höhen von Görz im Feuer. Trotzdem waren unsere Ver* 
luste nicht bedeutend; die meisten Verletzungen wurden durch 
Steinschläge verursacht. Als der Feind unsere Stellungen 
sturmreif wähnte, ging eine aus den Regimentern 43und 44 
bestehende Brigade zum Angriff vor und holte sich blutige Köpfe. 
Am 9. Juni bereitete der Feind durch heftige Beschießung 
einen neuen Sturm vor, der sich gegen Höhe 240 bei Podgora 
richtete. 1017 Granaten wurden an einer einzigen Stelle 
gezählt; sie töteten einen Mann und verwundeten ? andere. 
In der Nacht zum 10. griff eine Brigade an. Wie überall an 
dieser Bergfront gelangte sie jedoch in dem engen Raum 
nicht zur Entfaltung, so daß eigentlich nur die vier ersten 
Kompagnien des italienischen Re* 
giments Nr. 2 in Aktion traten. 
Hinter Regiment2 stand Regiment 
Nr. 1, dahinter Bersaglieribatail* 
lone. Auf unserer Seite wehrte 
eine einzige dalmatinische Land-- 
wehrkompagnie unter Führung 
des Oblt. H 0 l u b den Angriff 
ab. Sie ließ den Feind bis an 
die Stacheldrahtverhaue heran* 
kommen und eröffnete dann ein 
wütendes Schnellfeuer, während 
zugleich die Artillerie seine Flau-- 
ken beschoß. Von drei Schwärm-- 
linien gehetzt, sprangen die über* 
lebenden Italiener den Abhang 
hinab und gerieten dabei in das 
Feuer ihrer eigenen Maschinen* 
gewehre.Panikartig ging die 
ganze Brigade zurück 
Nach dfcm vergeblichen Sturme 
gegen Höhe 240 bei Podgora 
beschoß die feindliche Artillerie 
den südlichen Teil von Görz 
und die dortige Jsonzobrücke. 
Nachmittags wollte die Brigade 
Pistoja (Regimenter Nr. 35 
und 36)eingreifen, wurde aber 
durch die Mörser des Oberstlt. 
Körner und die Dalmatiner 
Landwehr zurückgetrieben. Eine 
Stunde später entwickelten sich abermals starke Kolonnen in 
der Richtung auf Görz. Sie wurden mit Maschinengewehren 
beschossen, verschoben sich in den Wald am Fuße der Podgora* 
höhe, um ihnen zu entgehen, drangen bis an die Drahtver* 
haue vor und wurden dort von unserer Infanterie zu* 
sammengeschossen. Nachts wiederholten zwei Bataillone den 
Angriff, zwei Kompagnien hielten sie in Schach. Als die 
Italiener nach Tagesanbruch ihre Toten bestatteten, ließ 
man sie ungeschoren. Unter den Gefallenen befand sich auch 
der Hptm. Graf Falg 0 zzi, der als Militärschriftsteller 
einen guten Ruf genoß und den ganzen Tripolisfeldzug 
mitgemacht hatte. 
Es folgten nun einige ruhigere Tage. C a d 0 r n a 
mochte eingesehen haben, daß sich das Heer beim fortgesetzten 
Anrennen verbluten würde; der weiteren Offensive sollte 
offenbar ein einheitlicherer Plan zu Grunde gelegt werden. 
Die italienische Artillerie wurde in 6 Gruppen konzentriert, 
von welchen die beiden nördlichen gegen Krn und Plava, 
sie den nächsten Angriff artilleristisch unter riesiger Munitions* die mittleren bei St. Florian und Mossa gegen die Höhen 
FML. Guido Freiherr Novak von Arleuti.
	        
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