Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Schlachten am Jsonzo. 
Ein leuchtendes Beispiel, in welcher Art die italienischen 
Helden bestrebt waren, den im Joche der Barbaren schwach-- 
tenden Brütern die Segnungen der italienischen Kultur zu 
Gemüte zu führen, liefern die nachstehend geschilt erten Vor-- 
gänge, welche sich zu Beginn des Feldzuges an der Küsten-- 
ländischen Grenze abgespielt haben. Sie sind einem amtlichen 
Protokolle entnommen, das in der niederösterreichischen Stadt 
Waid Hofen an der Abbs am 11. September 1915 in Gegenwart 
des Bürgermeisters Dr. R i e g e l h 0 fe r mit den aus mehr-- 
monatiger Gefangenschaft in die Hei-- 
mat zurückgekehrten, bis zu Beginn der 
Feindseligkeiten auf den Besitzungen 
des Baron Rothschild im Küsten- 
lande beschäftigten Arbeitern Stephan 
Gaberscik, Anton und Andreas Fon, 
Andreas Jevancic, Anton Folletic und 
Anton Wolaric, sämtliche aus den bei- 
den Ortschaften Smast und Kamno 
der Gemeinde Libussina bei Karfreit, 
über deren aus freien Stücken gestellte 
Bitte aufgenommen wurde. 
Am 4. Jani d. I. besetzten italienische 
Truppen Smast und Kamno; alle 
wehrpflichtigen Männer, unter denen 
sich auch die Erzähler befanden, wur-- 
den festgenommen und in barbarischer 
Weise über die Grenze deportiert. Der 
Weg, den diese Unglücklichen durch 
halb Italien zu machen hatten, ge- 
staltete sich zu einem Leidenswege im 
wahrsten Sinne des Wortes und ihre 
Behandlung spricht jedem Begriff von 
Völkerrecht und Zivilisation Hohn. 
Kaum nachdem ihr Transport auf 
dem Marsche nach Karfreit Smast ver- 
lassen hatte, nahm die Eskorte Johann 
R u e n a aus ihrer Mitte und schoß 
ihn kurzer Hand ohne jede Veranlassung 
nieder. Sein Schicksal teilten gleich- 
zeitig, wie die Augenzeugen sahen, 
Johann und Maria Fon, welche nichts 
ahnend auf ihrem Felde bei Smast 
arbeiteten und plötzlich von den Sol-- 
baten niedergestreckt würben. 
In Capriva wurde der dortige Pfar- 
rer von der Messe weg gefesselt ab- 
geführt, aus Rojso und St. Florian 
die Gemeindevorsteher und Gemeinde- 
räte nach Italien geschleppt, bloß deshalb, weil sie von den 
Befreiern nichts wissen wollten. Dasselbe Schicksal ereilte 
alle Pfarrer, die sich weigerten, für den Sieg der italie- 
Nischen Armee und ihren großen König beim sonntäglichen 
Pfarrgottesdienst zu beten. 
Die Verhaftungen mehrten sich überhaupt rasch. Blonde 
Haare und deutsches Aussehen gaben schon einen genügenden 
Grund zur Verhaftung und zur Wegführung nach Italien. 
Dabei kam es vor, daß beim Transporte Mütter von ihren 
Kindern getrennt werden sollten und nur durch Bestechung 
die Wachen bewegen konnten, sie die Kinder mitnehmen zu 
lassen, wie denn überhaupt mit Geld manches beim italieni- 
schen Militär zu erreichen war. 
Unter diesen Umständen war es kein Wunder, daß später 
bei der Ankunft des Königs Viktor Cmanuel in 
GM. Geza Freiherr Lukachich von Somorja. 
befreiten Gegenden sich alles ruhig verhielt und die Erlösten 
mit Gewalt auf die Straße getrieben werden mußten, um 
ihre Begeisterung an den Tag zu legen und dem Re 
Ovationen zu bereiten. Charakteristisch für das gemütliche 
Verhältnis zwischen Befreiern und Befreiten ist der 
folgende, am 11. Juli 1915 erlassene Befehl des Komman- 
danten des damals in Gradiska stehenden tN- italieni- 
schen Infanterieregiments Obst. Gilbert!: „Memoria 
für die Lagerkommandanten. Mißtrauisch sein, weil wir 
uns unter einer uns absolut feinb- 
lichen Bevölkerung befinden und 
außerdem Attentate gegen Militär- 
personen im allgemeinen und Offiziere 
im besonderen ständig vorkommen. 
Deshalb soll kein herumziehender 
Verkäufer geduldet werden; wenn sich 
solche vorfinden: festnehmen und 
zum Regimentkommando führen. 
Kein Offizier darf allein herumgehen, 
er muß sich immer in Begleitung von 
mindestens zwei anderen, seien es 
Offiziere oder eigens hiezu bestimmte 
Soldaten, befinden". 
In den ersten Kriegstagen richteten 
die Italiener ihre Angriffe hauptsäch- 
lich gegen unseren Frontabschnitt Kar- 
freit—Tolmein. Vom 27. bis 29. Mai 
wüteten heftige Kämpfe im Räume um 
Karfreit und vom zo. Mai an versuch- 
ten die Italiener das Massiv des Krn 
zu ersteigen, das sich von seinem nord- 
östlich Karfreit gelegenen höchsten 
Gipfel in zwei mächtige Arme spaltet. 
Der eine holt über Südwesten nach 
Süden gegen Kamno am Jsonzo, halb- 
wegs zwischen Karfreit und Tolmein 
aus, der andere greift über Südosten 
nach Süden und leitet zum Mrzli vrh 
hinüber, einem bis zu 1360Meter auf¬ 
ragenden Rücken, der durch 7 Kilometer 
dem Jsonzo entlang bis Tolmein 
streicht. Zwischen jenen beiden Krn- 
armen liegt ein Hochkar, das durch Ge- 
birgswässer zerrissen auf einer Mittel- 
rippe das Dorf Krn trägt. Welche 
Wichtigkeit der Feind dieser Position 
beilegte, beweist nicht nur der gleich nach der Kriegs- 
erklärung hier eingesetzte Angriff, sondern auch der 
quantitativ und qualitativ sehr bedeutende Truppenaufwand, 
Brigaden Modena und Salerno der 8. Infanteriedivision, 
und überdies starke Formationen von Alpini und Ber- 
saglieri. Es gelang ihnen leicht, den nach Südwesten gegen 
Kamno ziehenden, nicht verteidigten Arm des Krn, dessen 
höchste Kuppe 1524 Meter erreicht, zu nehmen; auf den Haupt- 
gipfcl des Berges selbst aber und gegen den zum Mrzli vrh 
streichenden Rücken konnten sie nicht vordringen. Von den 
Hängen des ersteren wurden sie am 28. Mai herabgeworfen 
und als sie am zo. über den Ort Krn in der Richtung auf 
vrh vorzudringen versuchten, wobei namentlich 
in Verwendung kamen, wurden sie auch hier durch 
ungarisches Bataillon unter Obstlt, Rizzetti von
	        
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