Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

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genährte Stoßkraft der Russen, ihre zahlreiche Artillerie 
konnte nur langsam und nur an wenigen Punkten in Stellung 
gebracht werden, wogegen unsere numerisch schwächeren 
Truppen es verstanden, durch geschickte Ausnützung des 
ihnen bekannten Terrains weitere Angriffe erfolgreich 
abzuwehren und stellenweise sogar zum Gegenangriff über-- 
zugehen. So bei Jakobeni und Kirlibaba, wo der Feind 
wiederholt über die Moldawa geworfen wurde. Weiter 
nördlich, bei Jzwor zersprengten unsere Abteilungen am 
28. Juni ein ganzes russisches Kavallerieregiment, das sich in 
das Gebirge hineingewagt hatte. In dem sich nunmehr 
in den Karpathen entwickelten Kleinkriege zeigte sich die 
Überlegenheit unserer Streifkommanden und Patrouillen. 
Kämpfe in Galizien bis gegen Ende Juni. 
Hier war südlich des Dujester am 12. Juni nach Besetzung 
von Sniatyn und Horodenka durch die Russen, in deren 
Operationen ein Stillstand eingetreten, offenbar zum Zwecke 
der Ergänzung der Truppenbestände und der Munition. 
Diese Pause benützten aber auch wir, um uns zu sammeln 
und, trotz unserer Minderzahl, dem weiteren Vorrücken des 
neugekräftigten Feindes einen entschiedenen Widerstand 
entgegenzusetzen. Als bann die Russen nach einigen Tagen 
die Offensive wieder aufnahmen, kamen sie nur schrittweise 
und nur nach schweren Verlusten vorwärts. Am 15. Juni 
versuchte ihre entlang des Norbufersdes Dujester vorrückende 
Reiterei den Fluß zu überschreiten. Unsere beim Orte Niez-- 
wiska stehenden Truppen vereitelten dies an diesem sowie 
am folgenden Tage. In der Folge kamen sie an diesem 
Frontteile bis 27. Juni über die Linie Niezwiska—Ezerniawa 
nicht hinaus. 
Front der Armee Bothmer. 
Schulter an Schulter mit deutschen Truppen kämpften 
unsere Truppen nördlich desDnjester unter dem Kommando 
des GO. Graf Bothmer. Der Abschnitt Wisnjowczyk— 
Przewloka, wo unser hervorragender Führer GdJ. v. A r z 
befehligte, bildete den Brennpunkt ber russischen Angriffe 
in der Zeit vom 14. bis 17. Juni. In 13Kilometer breiter 
Front stürmten des Russen massierte Truppen, Tausende 
von Menschen opfernd, Tag für Tag vergeblich an. Alk 
mählich verstauten die Stürme und hörten am 18. Juni, an 
welchem Tage nunmehr noch nördlich von Przewloka gekämpft 
wurde, ganz auf. 
Front der Armee Böhm-Ermolli. 
Während die Armee Bothmer sich an der Strypa 
zu behaupten wußte, blieben die später zu schildernden 
Ereignisse in Wolhynien nicht ohne Einfluß auf bie in der 
Front sehr starke Stellung ber Armee Böhm-Ermoll i. 
Ihr linker, an ber Jkwa stehender Flügel mußte noch dem 
Zurückgehen ber bei Dubno gestandenen Armee P n h a l l 0 
gleichfalls zurückgenommen werden. Als letztere hinter 
die Plaszewka zurückging, sah sich GO. v. Böhm-- 
C r m 0 l l i veranlaßt, ben nördlichen Flügel nach dem 
Räume Rabziwillow—Podkamien zu verlegen, was unter 
heftigen Rückzugskämpfen durchgeführt wurde. 
Bei Nowo-Poczajew griff eine russische Gardedivsion mit 
großer Wucht an, weiter nördlich bei Dudyn stießen kaukasische 
Regimenter vor. Ihr Stoß traf die Jnfanterieregimenter 
Nr. 44und 69, welche denselben derart abwiesen, daß beispiels-- 
weise von einer Gardekompagnie nur 17 Mann zurückblieben. 
;t Rußland. 
Bei Radziwillow fanden in den folgenden vier Wochen 
scharfe Vorfeldkämpfe statt, wobei sich die 1. Landsturmbrigade 
(Nieder--, Oberösterreicher und Salzburger) besonders aus- 
zeichneten, desgleichen die Jnfanterieregimenter Nr. 44 und 67. 
Nordöstlich Lopuczno griffen die Russen die Stellung 
des Infanterieregiments 44, welches an der Landesgrenze 
stand, in 9 aufeinanderfolgenden Schwarmlinien am 18. Juni 
an. Sie wurden mit schweren Verlusten abgewiesen. 
Am 28. Juni zeichnete sich das Eperjeser Infanterieregiment 
Nr. 67 bei Nowo-Poczajew durch Abweisen aller Angriffe 
aus, welche die Russen gegen die dortigen Verschanzungen 
ausführten. 
Nordwestlich Tarnopol kämpften gemeinschaftlich Truppen 
der dort angrenzenden Armeen B 0 t h m e r und Böhm- 
Ermolli um die Höhe von Worobijowka. 
Kämpfe in Wolhynien in der 2. Hälfte Juni und 
Anfang Juli. 
Mitte Juni verlief die Front unserer, durch deutsche 
Truppen verstärkten und dem Oberkommando des 
GO. v. Linsingen unterstellte 4. Armee in der all-- 
gemeinen Linie: Plaszewkaabschnitt (von Tarnawka bis 
zur Einmündung in den Styr)—Styrlinie (bis in die Gegend 
von der Lipa — südliches Lipaufer bis Zborysow, dann nach 
Norden biegend, über Gorochow-Swiniuchy auf Witoniecz— 
Stochobabschnitt bis nördlich Linjewka — dann die Styr-- 
linie nordwärts über Sokul und Kolki. 
Bis zu dieser Linie war die mit enormem Krafteinsatz 
(4000 russische Geschütze arbeiteten im Räume Luck) vor- 
getriebene Offensive Brussilows gediehen, aber auch 
nicht weiter, benn mittlerweile hatte bie nördlich von uns 
stehende Armee des GO. v. Linsingen uns verstärkt 
und sich zum Gegenstoß bereitgestellt. Unter der Führung 
dieses hervorragenden Feldherrn setzte der Gegenangriff 
am 16. Juni in drei Gruppen ein, und zwar im Westen un-- 
gefähr aus ber Linie Gorochow—Lokaczy, von Nordwesten 
mit dem rechten Flügel längs der Turija und von Norden, — 
konzentrisch auf Luck. Bis zum 18. wurden die Russen schon 
auf einige Kilometer zurückgedrängt. Am 21. Juni drängten 
wir sie über bie Linie Gorochow—Kokpytow zurück. Am 
23. setzte ein zweiter Gegenstoß in der Richtung von Süd- 
westen nach Nordosten auf Luck ein, der gleichfalls Erfolge 
hatte. Am 30.wird der dritte Stoß angesetzt. Bei 
strömendem Regen, grundlosem Morast, wobei der Mangel 
ber Fernsicht der Artillerie stundenlang eine nachhaltige 
Mitwirkung versagte, wird die Höhe von Gubin durch deutsche 
Truppen erstürmt, wobei eine links anschließende Infanterie- 
division unserer Armee russische Gegenangriffe tapfer ab- 
weisend, gleichfalls gute Fortschritte macht. 
Weiter nördlich stürmen unsere und deutsche Truppen 
das Dorf Zubilno und eine Höhe östlich Trysten. 
Am 1. Juli sind die russischen Stellungen ans 18 Kilo- 
meter Breite und 5 Kilometer Tiefe eingebrochen. 
In unserem weiteren Vordringen werden wir durch tie 
Transamur-Reiterdivision attackiert. Mit wildem Geheul 
stürmen die regellosen Reiterhaufen der mongolischen Horden 
wie zu Feiten Dschengis-Khans gegen unsere in guter 
Ordnung vorrückenden Truppen an. Unter dem verheerenden 
Feuer unserer Maschinengewehre bricht dieser wiederholte un- 
sinnige Ansturm zusammen, und in panikartiger Flucht suchen 
sich die Überlebenben zu retten. Auch mehrfache Gegen- 
angriffe ber Infanterie werden tapfer abgewiesen. Ungeachtet
	        
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