Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

188 Feldzug ge 
nördlich Buczacz, welche Stadt von den Russen am 10. Juni 
besetzt wurde, aufgegeben werden mußte, bezogen die Truppen 
eine neue Verteidigungsstellung auf den Höhen östlich des 
Koropiecbaches, in welcher wir einem weiteren Vordringen 
ein entschiedenes „Halt!" geboten. 
Waren am Südflügel die Aktionen der Russen von einigem 
Erfolge gekrönt, so zerschellten andererseits alle ihre gegen 
die Mitte unserer Front gerichteten Angriffe an dem starken 
Widerstand der Armeen des GO. Graf Bothmer und 
Böhm-Ermoll i. Im Abschnitte der oberen Strypa, 
von Wisniewczyk bis nördlich Kozlow, sowie nordwestlich 
Tarnopol konnten die Russen in den wechselvollen Kämpfen 
nirgends auch nur einen Schritt Raum in der Richtung 
auf ihr hier vorgestecktes Ziel: Lemberg, gewinnen. Bei 
Cebrow stürmten sie am 6. Juni siebenmal erfolglos an. 
Nordwestlich Tarnopol wurde am ic>. Juni durch Gegenstoß 
eine verloren gegangene Höhe wieder zurückerobert. Ein 
am Juni aus Buczacz in nordwestlicher Richtung ange- 
setzter Stoß wurde durch einen Gegenangriff deutscher und 
österreichisch-ungarischer Regimenter erwidert, wobei 1300 
Gefangene gemacht wurden. 
Unerschüttert blieb auch die Front der Armee Böhm- 
C r m 0 l l i bei Nowo-Aleksiniec und an der oberen Jkwa. 
Infolge der Aufgabe der Stellung an der Putilowka und 
der Zurücknahme der 4.Armee hinter den Styr, wobei Luck 
am 7. Juni geräumt wurde, mußte am 10. Juni auch Dubno 
geräumt werden. Die dort an der Jkwa gestandene Armee 
P u h a l l 0 ging in die Stellung an der Plaszewka und 
unteren Lipa zurück, die sie, nach Teilkämpfen bei Demidowka 
und Kozin (13. Juni), am 15. Juni erreichte. 
Unerschöpflich schienen die Kräfte, welche die Russen in 
der Richtung auf Wladimir—Wolynsk gegen die Armee des 
Erzherzog Joseph Ferdinand immer wieder ein- 
setzten. Unter schweren Nachhutkämpfen, wobei beiderseits 
(14. Juni bei Lokaczy) auch abgesessene Kavallerie in Verwen- 
dung trat, wurde am 13.Juni Zaturcy, am 16. Juni die Linie 
Lokaczy—Kisielin erreicht, womit dem weiteren Vordringen 
der Russen auch an diesem Frontteile ein Ziel gesetzt wurde. 
Die längs der Bahnlinie Rowno—Kowel vorrückenden 
russischen Truppen nahmen am 8. Juni den Brückenkopf von 
Roziszcze am Styr, wurden aber in ihrem weiteren Vor-- 
dringen durch die mittlerweile eingetroffenen Reserven der 
Armee L i n s i n g e n aufgehalten. 
Weiter nördlich erzielten die Russen, trotz wiederholter 
Angriffe keinerlei Erfolge. Bei Kolki, Czartorijsk und Rasa- 
lowka versuchten sie am 8. und 9. Juni vergeblich den Styr 
zu forcieren. Drei ihrer Regimenter, denen es gelungen 
war, östlich Kolki über den Fluß zu kommen, wurden am 
Abend des 9. durch einen umsichtig angelegten Gegenstoß 
österreichifch--ungarischer Truppen auf das Ostufer zurück-- 
geworfen, wobei 1500 Gefangene und 13Maschinengewehre 
eingebracht wurden. Da S a ch a r 0 w die Stoßkraft seiner 
über Luck in westlicher und südwestlicher Richtung mächtig 
eingesetzten Offensive erlahmen sah, verlegte er in der Folge 
den Schwerpunkt der Operationen mehr nach Nordwesten 
in der Richtung auf Kowel. Es trat hier ein zeitlicher Still- 
stand ein, den er zur Umgruppierung seiner Kräfte benützte. 
Währenddessen entwickelten sich auch nördlich des Pripialj, 
östlich von Baranowicze, wo bisher Ruhe geherrscht hatte, 
erbitterte Kämpfe an der Szczara-- und der von österreichisch- 
ungarischen Truppen verteidigten Serweczfront. Das Ziel 
der hier am 13. eingesetzten russischen Offensive war der 
Eisenbahnknotenpunkt von Baranowicze. 
t Rußland. 
Der Kriegsbericht des deutschen Großen Hauptquartiers 
schildert die dort am 13. und 14. Juni stattgefundenen 
Kämpfe wie folgt: 
„Am 13. Juni bricht das Unwetter los. Starkes Artillerie- 
feuer setzt gegen unsere Stellungen im Gelände von Stolo- 
witscht (Stolowicze) ein und dehnt sich bald in nördlicher 
Richtung auf die österreichisch-ungarischen Gräben aus. Bald 
liegt der ganze Abschnitt Sagorie (östlich Stolowitschi)—Skro- 
bowa (östlich Gorodischtsche (Gorodiszcze) unter heftigem 
Artilleriefeuer, dem Sturmboten des Jnfanterieangriffs. 
Überläufer behaupten, der Feind wolle an demselben 
Tage angreifen, 2 Korps seien dicht hinter die Front heran- 
gezogen. Rasendes Artilleriefeuer scheint ihre Aussage 
zu bestätigen. Auf unsere Gräben westlich Wlassy allein 
wirft der Gegner 12 000Schuß. Nach etwa zwölfstündiger 
Artillerievorbereitung bricht der Angreifer gegen Abend in 
mehreren Wellen über die Linie Kraschin (Kraszyn) —Wolko- 
witschi (Wolkovicze) vor. Siebenmal treibt er seine Sturm- 
wellen gegen die teilweise erheblich beschädigten Gräben 
vergeblich an. Weder das zwölfstündige Trommelfeuer, 
noch siebenmaliger Angriff, noch seine Begleitung durch 
belgische Panzerautomobile erschüttern das Selbstvertrauen 
des Verteidigers. Aus den zerschossenen Gräben werden 
die sieben Sturmangriffe restlos abgeschlagen. Der deutschen 
Artillerie und den westlich des Kolditschewa-Sees stehenden 
österreichisch-ungarischen Batterien gebührt die Anerkennung 
entscheidender Mitwirkung bei der Abwehr der Angriffe. 
In die unter schwersten Verlusten zurückflutenden Grenadiere 
der 1. und 2. Grenadierdivision feuert die russische Artillerie 
ihr Strafgericht. Die Einnahme von Baranowicze ist 
mißglückt. Im Morgengrauen versucht der Russe noch ein- 
mal sein Glück. Sein Vorgehen beiderseits der Bahn Kraschin 
—Baranowicze sowie bei Wygoda und Zyrin gegen die 
Stellungen unserer Verbündeten bleibt erfolglos. Die 
russische Artillerie mag am 13. und 14. Juni gegen den 
ganzen Angriffsabschnitt etwa 30000 Schuß verfeuert haben. 
Sie beschädigte unsere Gräben, sie zerstörte die mühsame 
Arbeit vieler Monate — sie beugte aber nicht den Geist der 
Truppe —, das beweisen etwa 6000 Tote und Verwundete, 
die der zurückweichende Angreifer nach sieben vergeblichen 
Sturmversuchen liegen lassen mußte. Überläufer gaben 
einige Tage später die Verluste des Grenadierkorps auf 
8000 bis 10000 Mann an. Den Grenadieren war der 
Angriffsbefehl erst am Morgen des 13. Juni bekanntgegeben 
worden. In gedrückter Stimmung hatte ihn die Truppe 
aufgenommen. Sie wußte, was ihr bevorstand. Sie hatte 
Erfahrung gesammelt in russischer Angriffsmethode und 
deutschem Verteidigungsfeuer. 
Der völlige Zusammenbruch des Grenadierkorps hatte 
seine eindrucksvolle Wirkung nicht verfehlt. Jedenfalls 
wurde ein für den 14. Juni geplanter nochmaliger Massen- 
angriff durch Gegenbefehl zunächst aufgehoben. Einige Tage 
verhältnismäßiger Ruhe traten ein." 
Die Kämpfe in der Bukowina in der 
zweiten Hälfte Juni. 
Der Südteil der Armee L e t s ch i tz k y wendete sich gegen 
die über den Pruth zurückgenommenen Truppen der Armee 
Pflanzer^-Baltin. Vom 14. Juni an stand unser 
Brückenkopf bei Zuczka, nördlich von Czernowitz andauernd 
unter schwerstem russischen Artilleriefeuer. Mit unver¬ 
minderter Heftigkeit dauerte dieses Bombardement die
	        
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