Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Die Brussilow-Offensive im Sommer des Jahres 1916. 
183 
In der Nacht auf den 12. April mühten sich einige 
russische Kompagnien bei GarbunSwka (nordwestlich 
Dünaburg) vergebens, einen Vorteil ;u erringen. Sie 
wurden zurückgejagt. Ähnlich geschah dem Feind am iz. April 
in einem Vorpostengefechte östlich Baranowicze. 
In der S e e n e n g e klangen die Kanonenstimmen 
längst nicht mehr so voll und siegerhoffend wie in den März-- 
tagen. Und als hier am 13. April neue Massen Infanterie 
gegen die deutschen Stellungen angetrieben wurden, ge- 
rieten sie in höllisches Vernichtungsfeuer. 
Auch die neuerlichen Stürme bei Garbnnüwka und 
nördlich Zirin am Serwecj brachen an diesem Tage 
zusammen. 
Am 14. April brausten sie nochmals bei Garbnnüwka 
und südwestlich von K 0 r e l i c z i am S e r w e c z an, aber 
sie trugen keine Kraft mehr in sich. Und wenn auch aus tem 
Brückenkopfe von Dünaburg immer wieder Vorstöße 
gegen Garbnnüwka (am 17., 20., 21. und 24. April) 
versucht wurden, führten sie doch zu keinem Ziele. 
In der Enge am Naroczsee hatten die Russen 
nur noch am 22. April einen großen Angriff unternommen, 
bei diesem aber ihre Kraft so erschöpft, daß deutsche Truppen 
bei einem Vorstoß am 28. April die feindlichen Stellungen 
bei Zanarocze und das Gut S t a ch 0 w c e eroberten. 
56 Offiziere, darunter 4 Stabsoffiziere, 5600 Mann Ge¬ 
fangene, 1 Geschütz, 28 Maschinengewehre, 10 Minenwerfer 
und viele Munition fielen in ihre Hände. Wohl versuchten 
die Feinde nachts das verlorene Gebiet wieder zurück zu 
gewinnen, zahlten aber dies Unternehmen nur mit neuen 
blutigen Opfern. Ja, in der Nacht des 29.April erbeuteten 
die Deutschen noch 4 russische Geschütze, 1 Maschinengewehr 
und 8z Gefangene. 
Also entete auch der April im Osten mit dem Erfolg 
der Deutschen. 
Die Brussilow-Offensive im Sommer des Jahres 1916. 
Einleitung. 
Nach den großen Mißerfolgen der Entente im Jahre 1915, 
welche den Mangel einer einheitlichen Führung in ihren Ope- 
rationen so offenkundig dargetan hatten, war der Vielverband 
bestrebt, durch innigere gegenseitige Fühlungnahme ein ein; 
heitlicheres Zusammenwirken zu erzielen. Politische und mili- 
täusche Konferenzen fanden in der Folge zu wiederholten Malen 
in London und Paris, sowie in Le Havre statt. „Einheitlichkeit 
der Front" wurde fortan das Schlagwort aller ihrer Krnd* 
gebungen, in der eigenen Presse sowie in der der Neutralen. 
Doch alle ihre in so großsprecherischer Weise ter Welt 
verkündeten Entschlüsse, durch ein gleichzeitiges Vorgehen 
an allen Fronten die Mittelmächte zum Zusammenbruche 
zu bringen, wurten dank der Wachsamkeit ter letzteren stets 
zunichte gemacht. Ihre noch so sorgfältig ausgeklügelten 
Pläne scheiterten an den Gegenaktionen ter Zentralmächte, 
welche seit Kriegsbeginn einheitlich geleitet, mit ihien vor- 
züglich organisierten und ebenso geführten Armeen die 
Absichten ihrer Feinde jetesmal zu durchkreuzen wrßten. 
So hatte die im Februar 1916 begonnene deutsche Offensive 
bei Verdun einem zu erwarten gewesenen englisch-fran- 
zösischen Angriffe wirksam vorgegriffen und anteierseits 
auch die Russen veranlaßt, den Forderungen ter ANerten, 
insbesondere aber den Hilferufen ter hart beträngten 
Franzosen Folge leistend, zu einer für sie sehr ungünstigen 
Jahreszeit loszuschlagen. Diese, vor Emtritt ter Schnee- 
schmelze, an der Düna unternommene und mit einem vollen 
Mißerfolge entente Märzoffensive mrßte naturgemäß um 
so störenter auf tie zu einem späteren Zeitpunkte beabsichtigte 
allgemeine Offensive wirken, als sie nicht wenixer als 
500 000 Mann (etwa 30Divisionen) zu einem reinen Den on- 
strat!onszwecke erforterte. Bei dem hiebet erlittenen Vetlust 
von annähernd 140000 Mann konnte diese Heereskraft für eine 
weitere Aktion so bald nicht mehr in Rechnung gezogen wert en. 
Aber auch andere E eignisse, tie in ter Folge eintraten, 
und auf die unsere Feinte gar nicht votbereilet waren, 
störten betenklich ihre Pläne. Das war unsere, Mitte Mai 
begonnene Offensive in Italien. Durch tiefe bekam tie gleich- 
zeitige Aktion an unseren Fronten einen argen Stoß. Wai en 
die Veranlasser ter russischen Märzoffensive lie Franzosen, 
so mußten tiesmal die Italiener Rußlands Hilfe anrufen. 
um durch sofortiges Eingreifen uns von dem weiteren Vor- 
dringen in die Venetianifche Tiefebene abzuhalten. 
Es ist daher mehr als wahrscheinlich, daß die russische Offen- 
sive vorzeitig angesetzt hat,tenn tatsächlich erfolgte ter Beginn 
ter Offensive an der Westfront erst einen Monat später. 
So trug ter große Vernichtungsplan ter Entente für 
ten Sommer 1916 schon von allem Anfang an ten Keim 
tes Mißnfolges in sich. 
Vorbereitungen für die große einheitliche Offensive. 
Wie schwierig sich tie Verhältnisse in Rußland nach 
Warschaus Fall auch gestaltet haben mögen, unverkennbar 
ist tie enorme Arbeitsleistung der Russen im nächsten Halb- 
jähre. Die stark tezimierte, aus ten Fugen geratene Armee 
stand, nach kaum 6 Monaten, stärker als je wieter ta. Die 
Lücken in ten Reihen ter Kämpfenten war dank tem großen 
Menschcnreservoir sehr bald ausgefüllt, für das weitere sorgten 
tie Verbünteten, vor allem Englants Geldsack. 
Bis Apnl 1916 waren aus den zu Kriegsbeginn be- 
stantenen 35 Armeekorps über 60 geworten; mithin hatte 
sich tie Armee beinahe vertoppelt. Sie bestand nunmehr 
aus: 45 regulären, 2 turkestanischen, 5 kaukasischen, 4 sibiri- 
schen, 1 Genatierkorps, 2 Garde- und einigen gemischten 
und Reitelkoips. Japan und Frankreich lieferten neuestes 
GesHützmaterial schweren Kalibers, neue Gewehre; Unmengen 
von Munition und anteres Kriegsmaterial kamen aus den 
Vereinigten Staaten. Wie reichlich tie Unterstützrng durch 
lie letzteren war, mögen einige, ter Schweizer Zeitung „Der 
Brnt", entnommene Daten illustrieren: 
Nach einem Artikel vom 19. Ap il 1916 betrug tie Aus- 
ft hr au K iegsmatetial aus Neuyork für tie Entente im Laufe 
von 7 Monaten, d. i. vom Juli 1915 bis Ente Januar 1916, 
an: Schrapnells um 542700000 Franken, Dynamit um 
41 382 000 Frauken, Pulver um 1 802 417 000 Franken, 
Bomben und Granaten um 2 133 071 ovo Frauken, im 
ganzen um 4 519 560 000 Franken. — Für die gleichen Mo- 
nate les Voij'h'es betrug ter totale Wert ter ais Nord- 
amerika ausgeführten K ieasartikel 231450000 Franken. 
Die Zunahme beträgt also fast 2000 Prozent.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.